Rohöl: Schwächere Nachfrage sorgt für Entspannung
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1. Die Entwicklung der Öllagerbestände in den USA war in der vergangenen Woche gezeichnet durch die Nachwirkungen von Hurrikan Rita. Lediglich die Rohöllagerbestände sorgten mit einem Rückgang von 246.000 Barrels für keine negative Überraschung (Bloomberg-Median: -1,7 Mio. Barrels). Hierfür gab es zwei Gründe: Erstens wurden in der Vorwoche 2,3 Mio. Barrels aus den strategischen Reserven freigegeben. Zweitens wurde die Rohölnachfrage aufgrund des massiven Raffinerieausfalls im Gefolge von Hurrikan Rita deutlich gedämpft. Alle anderen Indikatoren entwickelten sich deutlich schwächer als erwartet. So sanken die Benzinlagerbestände um beachtliche 4,4 Mio. Barrels, prognostiziert wurde ein Minus von 3,0 Mio. Barrels. Noch viel stärker fiel der Rückgang der Heizöl- und Diesellagerbestände aus. Hier war ein Minus von 5,5 Mio. Barrels zu verzeichnen (Bloomberg-Median: -2,0 Mio. Barrels). An diesen Rückgängen konnte auch der kräftige Anstieg der Importe von Ölprodukten nichts ändern. Am weitesten lagen die befragten Analysten allerdings bei der Prognose der Kapazitätsauslastung daneben. Erwartet wurde lediglich ein Rückgang um 3,73 Prozentpunkte, tatsächlich brach die Kapazitätsauslastung aber um 16,94 Prozentpunkte ein und lag damit insgesamt bei einem Niveau von 69,8 %, dem niedrigsten Wert in 16 Jahren.
2. Der Markt reagierte weniger auf den deutlichen Rückgang der Produktlagerbestände und den Einbruch der Kapazitätsauslastung, sondern er spielt momentan vielmehr die scheinbar deutlich schwächere Nachfrage. Zwar sprechen die veröffentlichten Daten für dieses Argument, denn danach sind bei den Ölprodukten derzeit deutliche Nachfragerückgänge im Vergleich zum Vorjahresniveau zu verzeichnen. Ob diese Daten allerdings der Realität entsprechen, ist mehr als fraglich, denn die errechneten Nachfragedaten entsprechen lediglich der impliziten Nachfrage, die sich aus der Veränderung der Lagerbestände ergibt. Wir haben bereits mehrmals darauf hingewiesen, dass die derzeit veröffentlichten Daten starken Verzerrungen aufgrund der zwei aufeinanderfolgenden Hurrikans Katrina und Rita unterliegen. Diese Verzerrungen sind im Bereich der Produktlagerbestände besonders stark ausgeprägt. Erstens sind immer noch 17 % der US-amerikanischen Raffineriekapazitäten außer Betrieb, d.h. die dort gelagerten Produktlagerbestände können nicht ausgeliefert werden, selbst wenn die Nachfrage vorhanden ist. Viel wichtiger ist allerdings die Tatsache, dass es sich bei den wöchentlich veröffentlichten Produktlagerbeständen lediglich um die sogenannten Primärlagerbestände handelt, also jene Vorräte, die sich bei den Raffinerien, Öl- Terminals, in Pipelines oder auf Öl-Tankern befinden. Wenn nun der Zugriff auf diese Vorräte eingeschränkt ist, wie es aktuell der Fall ist, bleiben zwangsläufig die Lagerbestände relativ stabil, und die daraus berechnete Produktnachfrage ist nach unten verzerrt.
Natürlich besteht die Möglichkeit, dass die Benzinnachfrage aufgrund der hohen Benzinpreise nachgelassen hat. Diese Annahme auf die derzeit veröffentlichten Nachfragedaten des Department of Energy zu stützen, ist allerdings absurd, denn diese Daten verfügen aktuell über keinerlei Aussagekraft bezüglich der tatsächlichen Nachfrage. Vielmehr ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass aktuell die Sekundärlager (Tankstelle, Auslieferungslager ...) in verstärktem Maße abgebaut werden. Abgesehen davon dürften selbst bei einer deutlich schwächeren Nachfrage die Angebotseffekte aufgrund der anhaltenden Raffinerieausfälle bei weitem überwiegen. Insofern rechnen wir trotz der derzeitigen Fokussierung der Märkte auf die vermeintlich schwächere Produktnachfrage weiterhin mit erheblichen Aufwärtsrisiken für die Produktpreise.
3. Die Wiederaufnahme der Rohölproduktion im Golf von Mexiko verläuft indessen sehr schleppend. Immer noch sind knapp 87 % der Produktion außer Betrieb. Auch die ersten verfügbaren Schadensberichte stimmen nicht sonderlich optimistisch. Bereits jetzt beläuft sich der kumulierte Produktionsausfall seit Katrina auf knapp 48 Mio. Barrels. Im Vergleich dazu betrug der aggregierte Ausfall nach Hurrikan Ivan gerade einmal 44 Mio. Barrels. Jüngsten Schätzungen zufolge wurden 116 Bohreinrichtungen zerstört (Ivan: 8). Weitere 90 Förderanlagen wurden schwer beschädigt (Ivan: 29). Der einzige kleine Lichtblick ist die Tatsache, dass im Vergleich zu Ivan deutlich weniger Pipelines beschädigt wurden (Katrina und Rita: 44; Ivan: 102), was am Ende des Tage aber auch nicht sonderlich viel bringt, wenn das Öl fehlt, um die Pipelines zu füllen. Alles in allem hat dies zwar kaum Auswirkungen auf die kurzfristige Preisentwicklung, da die Kapazitätsausfälle bei den Raffinerien aktuell immer noch fast dreimal so hoch sind wie die Ausfälle bei der Rohölproduktion und die Nachfrage nach Rohöl damit deutlich schwächer ausfällt. Für das nächste Jahr ergeben sich durch die desaströsen Hurrikanfolgen aber erhebliche Preisrisiken, da sich dadurch der ohnehin schon wenig komfortable Angebotsausblick weiter eintrübt.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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