Kommentar
08:43 Uhr, 26.01.2006

Rohöl: "No news is good news"

1. Die am Mittwoch veröffentlichten Daten zur Entwicklung der Öllagerbestände in den USA lieferten ein gemischtes Bild. Bei den Rohöllagerbeständen wurden die Erwartungen weit verfehlt. Zwar war ein Plus von 1,4 Mio. Barrels prognostiziert worden, tatsächlich wurde allerdings ein Rückgang um 2,3 Mio. Barrels realisiert. Ausschlaggebend hierfür dürfte ein Rückgang der Rohölimporte im Vergleich zur Vorwoche gewesen sein. Mit durchschnittlich 9,3 Mio. Barrels pro Tag lagen die Importe etwa 600.000 Barrels unter dem Niveau der Vorwoche. Deutlich besser als erwartet entwickelten sich die Benzinlagerbestände, welche um 3,1 Mio. Barrels zulegen konnten (Bloomberg-Median: +1,5 Mio. Barrels). Die Diesel- und Heizöllagerbestände wiesen ebenfalls ein Plus von 1,8 Mio. Barrels aus (Bloomberg-Median: +788.000 Barrels).

Die Kapazitätsauslastung der Raffinerien entwickelte sich ein weiteres Mal rückläufig, wenngleich das Minus mit 0,28 Prozentpunkten deutlich moderater ausfiel aus noch in der Vorwoche. Damit liegt die Kapazitätsauslastung bei den Raffinerien aber weiterhin deutlich unter den Niveaus der Vorjahres. Hinzu kommt, dass in den nächsten Wochen und Monaten mit zusätzlichen Ausfällen aufgrund von umfangreichen Instandhaltungsarbeiten zu rechnen ist. Insofern sollte der recht kräftige Aufbau der Benzinlagerbestände in den vergangenen drei Wochen nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Benzinlagerbestände immer noch auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau befinden, vor allem auch in Relation zur Nachfrage. Wenngleich die Situation am Ölmarkt weiterhin stärker von geopolitischen Risiken dominiert wird, so sind die Entwicklung der Kapazitätsauslastung und der Benzinlagerbestände auf jeden Fall zwei Faktoren, die man im Auge behalten sollte.

2. Nach den kräftigen Preisanstiegen der Vorwoche hat sich die Lage am Ölmarkt jüngst wieder etwas entspannt, getreu nach dem Motto „no news is good news“. Auch wenn im Atomstreit mit dem Iran keine Fortschritte gemacht wurden, so ist zumindest der Nachrichtenfluss in den vergangenen Tagen leicht abgeebbt und es kam dadurch zu keiner weiteren Eskalation. Geklärt ist die Lage aber noch lange nicht. Spannend dürfte vor allem die kommende Woche sein. Dann stehen mit dem OPEC-Treffen am Montag und der außerordentlichen Sitzung der Internationalen Atomenergiebehörde am Donnerstag zwei sehr wichtige Termine auf dem Programm. Die OPEC dürfte angesichts des jüngsten Ölpreisanstiegs ihre aktuelle Förderpolitik beibehalten und nicht dem Druck des Irans und Venezuelas nachgeben. Beide Staaten fordern eine Senkung der Förderquoten. Zudem hat das Movement for the emancipation of the Niger Delta (MEND) für Februar weitere Angriffe auf die nigerianische Ölindustrie angekündigt.

3. An der New York Mercantile Exchange hielten sich in der Vorwoche die spekulativen Long- und Short- Positionen mehr oder weniger die Waage. Dennoch bestehen von dieser Seite weiter Aufwärtsrisiken für die Preisentwicklung, da die Nervosität an den Märkten hoch bleibt. Ausschlaggebend wird auch in diesem Zusammenhang die weitere Entwicklung der Lage im Iran und Nigeria und zuweilen auch Russland sein. Zwar wird eine vorübergehende Beruhigung der Lage immer wieder zu temporären Preisrückgängen führen. Angesichts des explosiven Gemisches aus geopolitischen Risiken und kaum Spielraum bzw. freie Kapazitäten auf der Angebotsseite schätzen wir allerdings die Aufwärtsrisiken deutlich höher ein als die Abwärtsrisiken.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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