Risikobereitschaft im Zusammenspiel mit Geopolitik, Wachstum und grünen Themen
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Zu Beginn der 2020er Jahre waren die Märkte weiterhin von geopolitischen Themen geprägt, wobei anfangs kurzlebige Spannungen im Iran im Vordergrund standen, gefolgt von den Nachrichten über ein Phase-1-Handelsabkommen zwischen den USA und China. Jetzt werden die Wachstumserwartungen zum Haupttreiber des Marktes. Aus diesem Grund ist die jüngste Volatilität aufgrund der Nachrichten über die Verbreitung des Coronavirus in China höher als bei Spannungen zwischen den USA und dem Iran, da die Epidemie China (und dem globalen Wachstum) schaden könnte, wenn sie nicht bald eingedämmt wird (derzeit nicht unser Basisszenario). Abgesehen von diesem Thema deuten die jüngsten Daten auf eine „so weit, so gut“ Bewertung hin, da Deutschland eine Rezession vermieden hat und die Talsohle im Euroraum erreicht ist. Steigende Inflationstendenzen materialisieren sich zum Teil, die Risiken scheinen aber begrenzt zu sein, und die allgemeinen Inflationsaussichten bleiben günstig. Es ist wahrscheinlich, dass die Zentralbanken im Falle eines Kurswechsels weiterhin innehalten, was dazu beitragen dürfte, gemäßigte Finanzbedingungen in den Regionen aufrechtzuerhalten. Auf der Suche nach weiterem Wachstum richtet sich die Aufmerksamkeit daher weltweit auf fiskalische Maßnahmen: Japans Konjunkturpaket; Verabschiedung der 2020 Haushaltsbudgets für Indonesien, die Philippinen und Indien; und Hoffnung auf Unterstützung in Deutschland, Großbritannien und im weiteren Europa (1 Billion € European Green Deal).
Grünes Investieren und Klimawandel sind im Jahr 2020 zunehmend wichtige Themen. Unabhängig davon, ob es sich um den kürzlich veröffentlichten Bericht des World Economic Forum (WEF) 2020 oder das letzte WEF in Davos handelt – Klimawandel- und Umweltrisiken dominieren die Diskussionen. Europa und China arbeiten zusammen, um Emissionen durch die Einführung des Emissionshandelssystems (ETS) zu reduzieren, das der weltweit größte Kohlenstoffmarkt sein wird. Der Klimawandel könnte auch ein wichtiges Thema in der US-Wahldebatte sein, da globale Katastrophen wie die australischen Buschfeuer politischen Handlungsdruck erzeugen. Alles in allem könnten grüne Ziele der Auslöser für die Fiskalpolitik sein, aber sie könnten auch die neue Grenze für Handelskriege werden, da der European Green Deal die Möglichkeit einer EU-Kohlenstoff-Grenzsteuer in Betracht zieht.
Aus einer Top-Down-Perspektive wird das Zusammenspiel von Geopolitik, Wachstum und grünen Themen wahrscheinlich das Hauptthema sein, das die „risk-on“/“risk-off“-Stimmung antreibt. Aus Bottom-up-Sicht sollte die Dynamik der Unternehmensanleihenmärkte der Haupttreiber des Finanzzyklus sein. Das Narrativ der niedrigen Zinsen unterstützt trotz überdurchschnittlicher, wenn auch nicht extremer Bewertungen weiterhin die Anlageklasse. Wir sind daher der Meinung, dass Anleger Unternehmensanleihen übergewichten sollten. Es könnten jedoch immer noch einige idiosynkratische Tendenzen auftauchen, insbesondere wenn erneut Bedenken hinsichtlich einer Abschwächung der Wirtschaft aufkommen. Wir sind davon überzeugt, dass Flexibilität und Selektivität beim Management dieser Asset Klasse für die Erzielung von Erträgen in diesem Jahr von entscheidender Bedeutung sind.
Vor diesem Hintergrund ergeben sich einige wesentliche Überzeugungen:
- Es ist keine Zeit, um zu defensiv zu sein. Einige kurzfristige Themen im Zusammenhang mit dem Coronavirus in China oder Handelsverhandlungen zwischen Europa und den USA eröffnen möglicherweise Kaufgelegenheiten für „Risky Assets“. Wenn sich die Situation in China stabilisiert, könnte sich die Wachstumsdynamik in einem Niedrigzinsumfeld verbessern. Über diese kurze Frist hinaus, wenn sich US-Aktien als widerstandsfähiger erweisen könnten, ist Europa der Markt, auf dem zyklische Value-Themen gespielt werden können. Wir würden das Engagement in Schwellenländeraktien erhöhen, sobald die Gewinnerwartungen nach dem Abklingen der Virenproblematik an Bedeutung gewinnen.
- Bei Anleihen bleibt der Fokus weniger auf der Duration als vielmehr auf der Titelauswahl. Europa, Schwellenländer-Anleihen und verbriefte US-Vermögenswerte sind der Weg, um die „risk-on“-Phase fortzusetzen.
- Auswahl im Fokus. Angesichts engerer Spreads, teurerer Aktienmärkte weltweit und einer umfassenden Exposition gegenüber dem „Wachstumsfaktor“ ist die Auswahl von entscheidender Bedeutung, damit Anleger nicht auf Titel mit geringerem Wert sitzenbleiben, die die Rendite beeinträchtigen könnten, wenn die Volatilität steigt. Die Auswahl sollte sich sowohl auf die Fundamentaldaten als auch auf ESG (Environmental, Social, Governance) stützen, wobei alle Risikofaktoren zu berücksichtigen sind, die die künftigen Unternehmensbewertungen beeinflussen könnten, von denen der Klimawandel nach wie vor am häufigsten diskutiert wird.
- Schließlich wird ESG der Bereich sein, in dem es neue Regulierungen geben wird. Dies sollte auch im Finanzsektor der Fall sein. Da die Anforderungen der Aktionäre an alle ESG-Bereiche zunehmen, erwarten wir einen Anstieg der Auswirkungen von ESG auf die Marktperformance.
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