Kommentar
15:48 Uhr, 07.03.2006

Renditeanstieg nach EZB-Leitzinsanhebung

Die EZB hat die Leitzinsen auf 2,5 Prozent erhöht, woraufhin die Rentenmärkte unter Druck gerieten. Der Euro konnte sich im Gefolge gegenüber dem US-Dollar befestigen. Erstmals begibt Deutschland in dieser Woche inflationsgeschützte Anleihen. Aus den USA gab es gemischte Konjunkturzahlen.

Renditeanstieg nach EZB-Leitzinsanhebung

Wie allgemein erwartet hat der Rat der Europäischen Zentralbank am letzten Donnerstag den Leitzins um 25 Basispunkte auf 2,5 Prozent erhöht. Verbesserte Konjunkturaussichten für den Euroraum die Währungshüter rechnen in diesem Jahr mit einer Zunahme der Wirtschaftsleistung um 2,1 Prozent erlauben nach Ansicht der Notenbanker diesen Schritt. Eine geldpolitische Stimulierung ist vor diesem Hintergrund nicht mehr notwendig. Stattdessen sieht der EZB-Rat nach wie vor Aufwärtsrisiken für die Preisniveaustabilität. In ihrer Inflationsprognose geht die EZB von einer Jahresinflationsrate von 2,2 Prozent für 2006 aus, was erneut über dem Zielwert von knapp unter zwei Prozent läge. Zinsanhebungen sollen vor diesem Hintergrund dafür sorgen, dass es in der Wirtschaft nicht zu einer Verfestigung der Inflationserwartungen kommt. Es wurden zwar bislang explizit keine weiteren Zinsschritte angekündigt. Unter Marktteilnehmern herrscht jedoch kein Zweifel, dass der zinspolitische Straffungskurs über die bislang erfolgten zwei Schritte hinaus fortgesetzt wird. Schon im 2. Quartal ist mit der nächsten Erhöhung zu rechnen. Am Jahresende könnte der Hauptrefinanzierungssatz nach unserer Ansicht dann bei 3,0 Prozent liegen.

Die unerwartet deutliche Betonung von Inflationsrisiken durch EZB-Präsident Jean-Claude Trichet Marktteilnehmer sprachen von einer sehr hawkischen Rede ließ auch am Rentenmarkt die Renditen spürbar steigen. Zehnjährige Bundesanleihen rentierten im Wochenvergleich gut 10 Basispunkte höher, was bei Rentenmarktinvestoren zu Kursverlusten führte. 3,6 Prozent markierten dabei im Benchmarksegment das höchste Renditeniveau seit fast einem Jahr. Die Gefahr, dass die Renditen ihre Aufwärtsbewegung zügig fortsetzen, stufen wir allerdings als gering ein. Vor allem die Nachfrage institutioneller Anleger sorgt bislang für eine Deckelung der Renditen.

Deutschland begibt in dieser Woche seine erste inflationsgeschützte Anleihe (Inflation-linked Bond, Linker), bei der Kuponzahlungen und Tilgung mit der Höhe der allgemeinen Preissteigerungen wachsen, sodass ihr festgelegter Realwert garantiert wird. Das Emissionsvolumen der zehnjährigen Bundei beträgt 5,5 Milliarden Euro. Der Inflationsausgleich erfolgt dabei auf der Grundlage des Harmonisierten Verbraucherpreisindex ohne Tabak (HVPI ex Tabak) der Eurozone. Aufgrund nach wie vor latent vorhandener Inflationsrisiken stellt diese Anleiheform in der gegenwärtigen Marktphase für Rentenportfolios eine interessante Beimischung dar.

Euro überspringt 1,20 USD-Marke

Im Gefolge der EZB-Zinsentscheidung konnte der Euro gegenüber dem US-Dollar an Boden gutmachen. Binnen Wochenfrist legt er um fast zwei Cent gegenüber der US-Währung zu. Die jüngste Entwicklung unterstrich damit erneut die Relevanz des Themas Zinsdifferenz. Bewegungen am Devisenmarkt scheinen derzeit ein Abbild der Zinserwartungen zu sein. Es gibt auch keine Anzeichen, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern wird.

Die amerikanische Wirtschaft bot den Beobachtern in der vergangenen Woche kein einheitliches Bild. Dem überraschend starken Rückgang beim Chicago-Einkaufsmanagerindex und vor allem beim Verbrauchervertrauen stand die Aufwärtsrevision des Bruttoinlandsprodukts für das 4. Quartal 2005 (von 1,1 auf 1,6 Prozent) und ein starker ISM-Index sowohl für die Industrie als auch den Dienstleistungssektor gegenüber. Alles in allem geben die Zahlen jedoch keinen Anlass, am Konjunkturausblick für die Vereinigten Staaten etwas zu modifizieren. Bis auf weiteres sehen wir die US-Wirtschaft auf einem robusten Wachstumspfad bei begrenzten Inflationsrisiken. Wie der Renditeanstieg der Vorwoche zeigt, werden die Konjunkturdaten am Rentenmarkt ähnlich interpretiert. Weitere leichte Renditeanstiege könnten folgen. Ein Durchbrechen der 5-Prozent-Marke ist jedoch nicht zu erwarten.

Ausblick:

Konjunkturdaten aus den Vereinigten Staaten dürften in dieser Woche das Geschehen an den internationalen Rentenmärkten bestimmen. Im Mittelpunkt stehen insbesondere am Freitag Arbeitsmarktzahlen für Februar. Sie könnten einen wichtigen Hinweis auf die weitere Zinspolitik der amerikanischen Notenbank geben. Darüber hinaus gibt es den neuen Handelsbilanzsaldo sowie Daten zur Produktivitätsentwicklung und den Auftragseingängen. Für den gesamten Euroraum stehen keine Zahlen zur Bekanntgabe an. Daher dürften die Industrieproduktion und die Auftragseingänge in Deutschland größere Aufmerksamkeit erwecken.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 122 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende Dezember 2004. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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