Kommentar
09:11 Uhr, 24.01.2006

Renditeanstieg im Euroraum

Ölpreise steuern wieder auf 70-Dollar-Marke zu. Anleihemärkte davon aber weitgehend unbeeindruckt. EZB-Rhetorik sorgt für Renditeanstieg im Euroraum. Euro zuletzt mit Rückenwind. US-Konjunkturdaten weiter fest.

Ölpreisentwicklung im Fokus

Der Streit um das iranische Atomprogramm sowie die Anschläge auf nigerianische Förderanlagen ließen den Ölpreis in die Höhe schnellen. Die wachsende Risikoprämie sorgte an den Terminmärkten binnen einer Woche für eine Preiserhöhung um über vier US-Dollar pro Fass. Die 70-Dollar-Marke, die im Vorjahr den Höchstwert repräsentierte, ist damit wieder in Sichtweite gerückt und könnte schon in der laufenden Woche überboten werden.

Während am Aktienmarkt die Reaktionen teilweise recht heftig waren, blieben die Folgen an den Rentenmärkten überschaubar. In den Vereinigten Staaten rentierten zehnjährige Staatsanleihen im Wochenvergleich unverändert mit knapp 4,4 Prozent. An den europäischen Rentenmärkten waren dagegen leichte Kursverluste zu verzeichnen. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen zog um gut 10 Basispunkte auf 3,4 Prozent an, sodass der Zinsunterschied zu den USA nunmehr wieder leicht unter die 100-Basispunkte-Marke gerutscht ist.

Für den Renditeanstieg waren indes in erster Linie Äußerungen führender EZB-Vertreter verantwortlich, die das Thema Zinserhöhung in verschiedenen Varianten zur Sprache brachten und so für etwas Nervosität an den Märkten für festverzinsliche Wertpapiere sorgten, wenngleich es von der Inflationsseite keine neue Belastungen gab. Die Teuerungsrate im Euroraum betrug im Dezember 2,2 Prozent, womit die vorherigen Schätzungen bestätigt wurden. Der Aufwärtsdruck bei den Preisen ist weiterhin insbesondere auf die Energiekomponente zurückzuführen, während die Binnennachfrage verhalten bleibt.

Am Markt wird für die EZB-Sitzung im März überwiegend mit einem weiteren Zinsschritt nach oben gerechnet vor allem dann, wenn die zur Veröffentlichung anstehenden Konjunkturdaten weiter so erfreulich ausfallen wie in jüngster Zeit. In der vergangenen Woche wurde gemeldet, dass die Industrieproduktion in den Ländern der Eurozone im November um 1,3 Prozent zugenommen hat, was dafür spricht, dass das Wachstumstempo aus dem dritten Quartal 2005 (+0,5 Prozent gegenüber Vorquartal) sich auch im Schlussquartal 2005 fortgesetzt hat.

Euro zum Wochenschluss stärker

In der zweiten Wochenhälfte konnte der Euro die zuvor erlittenen Verluste wieder gutmachen. Am Montagmorgen kletterte die Gemeinschaftswährung dann sogar auf 1,2260 US-Dollar, was ein neues Jahreshoch markierte. Nicht zuletzt Gerüchte über mögliche Devisenmarkttransaktionen des Iran sorgten dabei zwischenzeitlich für die kräftigen Schwankungen im Euro-Dollar-Wechselkurs. Von fundamentaler Seite gab es jedenfalls keine Meldungen, die eine solche Bewegung der Gemeinschaftswährung nach oben hätten erklären können. Auch mit Blick auf die Zinspolitik blieb alles beim Alten. Die Skepsis gegenüber dem US-Dollar scheint trotzdem zuzunehmen.

US-Konjunktur stabil

Die in der Vorwoche bekannt gegebenen Wirtschaftsdaten deuten nicht auf eine signifikante Abschwächung der amerikanischen Konjunktur hin. Industrieproduktion, Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe und Verbrauchervertrauen entsprachen den Erwartungen. Auch der Bericht aus den FED-Bezirken (Beige Book) passte in das überwiegend freundliche Bild. Zudem blieb die Inflation unter Kontrolle. Zwar lag die Jahresrate im Dezember bei 3,4 Prozent, die wichtigere, um volatile Nahrungsmittel- und Energiepreise bereinigte Kerninflation befand sich jedoch nur bei moderaten 2,2 Prozent. Für eine veränderte Gangart in der Geldpolitik spricht dies aber nicht. Fast einhellig sind die Marktteilnehmer der Meinung, dass es bei der kommenden Sitzung der US-Notenbank Ende Februar zu einer weiteren Zinsanhebung auf dann 4,5 Prozent kommen wird. Uneinigkeit besteht hingegen über den darauf folgenden Kurs unter dem Greenspan-Nachfolger Ben Bernanke, der ab 1. Februar das Ruder in der amerikanischen Geldpolitik in den Händen halten wird. Aus unserer Sicht ist eher mit einer baldigen Beendigung der Zinserhöhungen zu rechnen denn mit einer Fortsetzung des bisherigen Straffungskurses.

Ausblick:

Im Euroraum richten sich die Blicke in dieser Woche vor allem auf die in allen wichtigen Mitgliedsländern zur Veröffentlichung anstehenden Stimmungsindikatoren (Ifo-, INSEE-Index usw.). Die jüngsten Aufschwungssignale sollten hier noch einmal Bestätigung finden. In den USA dürfte sich das Hauptaugenmerk auf das Wirtschaftswachstum im vierten Quartal richten. Allgemein wird mit einer leichten Abschwächung gegenüber dem Vorquartal gerechnet, als die Wachstumsrate bei aufs Jahr hochgerechneten 4,1 Prozent lag.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 122 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende Dezember 2004. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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