Raiffeisenverband erwartet für 2024 schlechteste Getreideernte seit Jahren
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Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones) - Deutschland steht nach Einschätzung des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV) vor der schlechtesten Getreideernte seit dem Dürrejahr 2018. In diesem Jahr werden den Schätzungen zufolge 39,1 Millionen Tonnen Getreide eingefahren, was rund 8 Prozent unter der Vorjahresernte liegt. Als Gründe nannte der Verband die erneut gesunkene Anbaufläche sowie niedrigere Hektarerträge wegen des unbeständigen Wetters mit teilweise starken Niederschlägen sowie fehlender Wärme und mangelndem Sonnenschein. Die schlechte Getreideernte könnte laut Verband Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit in Deutschland haben.
"Unser Verbrauch in Deutschland liegt bei rund 40 Millionen Tonnen Getreide. Daher können Versorgungsengpässe nicht ausgeschlossen werden, insbesondere weil die Qualitäten ebenfalls oftmals enttäuschen", sagte DRV-Getreidemarktexperte Guido Seedler.
Ein weiterer Grund für die niedrige Ernte sieht der Verband in den zunehmenden Einschränkungen bei der Düngung und dem Pflanzenschutz. Die Erwartungen an die Rapsernte korrigierte der DRV ebenfalls leicht nach unten. Aktuell erwartet der Verband eine Erntemenge von 3,6 Millionen Tonnen.
Versorgungssicherheit ist zentrale Herausforderung
Der Verband weist darauf hin, dass die Getreideanbaufläche in Deutschland seit Jahren rückläufig ist. Vor zehn Jahren seien auf 6,5 Millionen Hektar Getreide erzeugt worden, aktuell betrage die Anbaufläche nur noch gut 5,8 Millionen Hektar. Besonders drastisch ist laut Seedler die Anbaufläche von Weizen, der wichtigsten Getreideart in Deutschland, gesunken. Sie nahm in den vergangenen zehn Jahren um knapp ein Viertel von 3,2 Millionen auf aktuell 2,5 Millionen Hektar ab.
Laut DRV ist der Rückgang der Anbaufläche insbesondere auf Bau- und Klimaschutzmaßnahmen sowie den Ausbau erneuerbarer Energien zurückzuführen. "Diese Entwicklung muss gestoppt werden. Es braucht ein Umdenken in der Politik", mahnt der DRV-Experte. Der Flächenverbrauch müsse reduziert und die Produktivität auf den Flächen durch den Einsatz modernster Züchtungsmethoden sowie digitaler Technik bei der Anwendung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln gesteigert werden.
"Der politische Fokus darf nicht länger nur auf der Extensivierung liegen. Die Versorgungssicherheit durch heimische Erzeugung muss wieder mehr an Bedeutung gewinnen", sagte Seedler. Dies gelte umso mehr, da bis zum Jahr 2050 die Weltbevölkerung weiter ansteigen und die Nachfrage nach agrarischen Rohstoffen nach Expertenschätzungen um bis zu 50 Prozent zunehmen werde.
Seedler warnte zudem davor, sich auf den internationalen Handel zu verlassen. "Denn auch in anderen europäischen Ländern wie Frankreich oder Spanien fällt die Ernte enttäuschend aus", sagte er. Auch dort habe das unbeständige Wetter mit extremen Niederschlägen Spuren hinterlassen. Und in der Schwarzmeerregion werde aufgrund von Trockenheit ebenfalls von geringeren Ernten als im Vorjahr ausgegangen. "In diesem Jahr dürften sowohl die europäische als auch weltweite Getreideversorgungsbilanz erneut sehr knapp ausfallen. Lediglich die prognostizierte gute Körnermaisernte könnte für Entspannung sorgen", so Seedler.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/hab
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