Kommentar
08:32 Uhr, 23.01.2015

QE der EZB ist ein weiterer positiver Faktor

Die EZB hat das am schlechtesten gehütete Geheimnis des Januars gelüftet. Sie hat angekündigt, ihr Kaufprogramm für Vermögenswerte auf Staats- und Unternehmensanleihen auszuweiten. In Anbetracht all der Informationen, die in den vergangenen Wochen durchgesickert sind, war es für Manual Draghi schwer, zu viel zu liefern. Aber wenn man einmal das Gesamtbild betrachtet, so wäre ein Kaufprogramm für Staatsanleihen in dieser Größenordnung noch vor wenigen Monaten undenkbar gewesen. Daher sollte es auf Optimismus stoßen.

Dass die Wirkung auf die Wirtschaft der Eurozone gering ausfallen wird, wird allgemein erwartet. Aber angesichts der niedrigeren Energiepreise und einer lockereren Kreditvergabe kann die EZB-Maßnahme als weiterer positiver Faktor verbucht werden. Darüber hinaus sollte auch die Verpflichtung, alles zu tun, was nötig ist („whatever it takes“), um dem Deflationsrisiko zu begegnen, die Zuversicht stärken. Draghis Sternstunde als EZB-Präsident war die geschickte Verhandlung des OMT-Programms auf der Höhe der Euro-Krise. Die QE-Maßnahmen könnten in der Geschichte des Euro vielleicht eine nicht ganz so große Rolle spielen. Aber wir sollten zweimal nachdenken, bevor wir sie einfach abschreiben.

Mit Blick auf den Anleihenmarkt dürfte die Verpflichtung sich positiv auf Papiere der Peripheriestaaten auswirken – auch wenn wir die kurzfristigen Risiken, die sich von Griechenland ausbreiten könnten, nicht außer Acht lassen können. Die Auswirkungen auf Anleihen der Kernländer sind unklarer. Denn jeder Hinweis darauf, dass die Wirtschaft der Eurozone nicht zu ewiger Deflation verdammt ist, dürfte die Zinsen am langen Ende sehr unattraktiv machen – auch wenn es Käufer gibt, die nicht so sehr auf den Preis schauen.

Die Erfahrungen mit früheren QE-Programmen zeigen, dass der Rückenwind für Wachstum und Inflation die Kräfte von Angebot und Nachfrage übertrumpfen sollte. Voraussetzungen dafür sind eine glaubhafte Politik und höhere Renditen. Es dürfte der EZB schwerer fallen als der Fed oder Bank of England, Investoren dahingehend zu überzeugen. Aber insgesamt betrachtet, sehen wir keinen Grund, warum dies nicht auch in Europa gelingen sollte.

Autor: Martin Harvey, Anleihen-Portfoliomanager bei Threadneedle Investments

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen