Kommentar
08:00 Uhr, 04.09.2024

Pump Fun auf Ethereum: Warum Ethervista gerade abhebt

Hässliche 90er-Optik und skurriles Geschäftsmodell. Ethervista erobert die DeFi-Szene im Sturm und gilt schon jetzt als Ethereums Antwort auf Pump Fun. BTC-ECHO

Zugegeben, niemand im Krypto-Sektor verbindet die Benutzeroberfläche eines 90er-Jahre Betriebssystems mit technischer Innovation. Glaubt man jedoch den zahlreichen Meldungen auf X, ehemals Twitter, dann eint Ethervista genau diese beiden vermeintlichen Gegensätze.

Zwei Tage nach Launch ist das Projekt bereits in aller (DeFi-)Munde. Was hat es mit der DEX, die als Pump Fun Ethereums propagiert wird, auf sich? Und warum explodiert dessen VISTA-Token?

Back to the Roots

Das Memecoin-Casino Pump Fun sorgte nach Start im ersten Quartal dieses Jahres für eine regelrechte Memeseason auf Solana. Es war bisher einer der wenigen Hypes im Altcoin-Sektor, die in diesem Jahr nach Bullrun aussahen. Bei Ethereum hingegen ist das Sentiment im Keller, neue Narrative eher Mangelware. Entsprechend verheißungsvoll klingt “Pump Fun auf Ethereum” daher, wenn von Ethervista die Rede ist.

Tatsächlich handelt es sich bei dem Projekt aber weniger um ein Memecoin-Casino, sondern um eine DEX. Auch sonst klingt nichts an der Überschrift des Whitepapers nach Memecoins oder dergleichen. Der “Ethervista-Standard” überdenke demnach die “DEX Dynamiken für nachhaltiges Blockchain-Wachstum”. Der Verfasser des Whitepapers: Vitalik Nakamoto. Nun gut.

The Official Ethervista Whitepaper 🧵 pic.twitter.com/aZI4qru02c

— Ethervista (@ethervista) August 31, 2024

Ethervista geht es aber vielmehr um die Optimierung der DEX-Ökonomie. Sprich, eine Art Upgrade des von Uniswap propagierten Automated Market Makers (AMM). Dieser ist inzwischen mehrfach im DeFi-Space geklont und in leicht abgeänderter Fassung neu aufgesetzt worden, zeigt jedoch auch seine Schwächen. Eine dieser ist, dass Anbieter von Liquidität (Liquidity Provider – LP) einen geringen Anreiz haben, ihre Coins langfristig zu binden. Bisher entgegneten die DeFi-Protokolle diesem Mangel mit einer Flut an hauseigenen Token, die LPs verdienen konnten, aber sich spätestens im nächsten Bärenmarkt als wertlos erwiesen.

Pump and Dump Fun

Es sind die von Ethervista geschaffenen Anreize, die zum einen nachhaltig seien und zum anderen Plattformen wie Pump Fun die Stirn bieten sollen. Der Name Pump and Dump Fun wäre für das Solana-Casino wohl passender, scheitern doch mehr als 97 Prozent der dort gelaunchten Memes. Vermutlich, weil jeder dort einen Token launchen kann und diese laut Ethervista üblicherweise binnen zwei bis vier Tagen gerugged werden. Bedeutet, die vom Ersteller eingangs eingezahlte Liquidität wird innerhalb kürzester Zeit komplett entzogen – und der Token stürzt ins Bodenlose.

Auf Ethervista gibt es hingegen eine fünftägige “Lock-Up-Phase”, die Token-Erschaffer daran hindert, Liquidität abzuziehen. Und potenziellen Tradern hochspekulativer neuer Memecoins die nötige Sicherheit gibt, dass ihr Glücksspiel zumindest nicht komplett gezinkt ist. Im schnelllebigen Krypto-Sektor reichen einige Tage mehr offenbar dafür.

Das UI Ethervistas ist angelehnt an Microsofts Windows | Quelle: ethervista.app

Zum anderen will Ethervista das bestehende Gebührenmodell vieler DEXes aufmischen. Anstatt LPs in irgendwelchen Token zu bezahlen, erhalten diese den DeFi-Gold-Standard ETH für jeden getätigten Handel auf der Plattform. Zahlen müssen diese die Trader der jeweiligen Token.

Außerdem individualisieren Ersteller die Funktionen um ihren Token, sowie die Handelsgebühren selbst. Diese sind im Gegensatz zu gewöhnlichen DEXes nominell und nicht prozentual gegeben. D. h. anstatt einen gewissen Prozentsatz pro Swap zu zahlen, zahlen Nutzer stets einen festen Dollar-Betrag. Das straft kleinere Trades ab und sorgt für größeres Volumen, wovon die LPs wiederum langfristig profitieren.

Der VISTA-Token

Als offizieller Test dieses Systems fungiert der VISTA-Token. Über Nacht sprang dieser von null auf fast 30 Millionen US-Dollar Marktkapitalisierung, bevor er den ersten Rücksetzer verzeichnete. Am 4. September endet die fünftägige Lock-Up-Phase des Tokens. Dann rechnen viele mit einem ersten großen Abverkauf, weshalb sich die FOMO vieler offenbar noch in Grenzen hält. Das gesamte Token-Angebot ging zuvor an die LPs, während pro Handel eine Gebühr von 6 US-Dollar pro Trade anfällt. So nahmen LPs mit den Handelsgebühren allein in den ersten fünf Stunden 25.000 US-Dollar ein. Derweil gehen drei US-Dollar pro Trade an das VISTA-Team und ein Dollar an die Entwickler.

Der Token, begrenzt auf eine Million Stück, ist zudem deflationär konzipiert. Demnach will das Team ständig Token zurückkaufen und vernichten, um den Wert VISTAs kontinuierlich zu steigern. Genauere Details hinsichtlich des Burn-Mechanismus gibt es derzeit jedoch nicht wirklich, was definitiv fragwürdig ist. Laut eigenen Angaben handelt es sich um einen Fair-Launch, bei dem Token nicht direkt an das Team oder Insider flossen.

Ethervista starts its fair launch in 4 days

Quick facts:
No Team/Advisor tokens
No Snipers
All tokens that will ever be made (1,000,000) will go to the VISTA/WETH pair – LP locked

🚨Quick Note: Whitepaper eligibility closes in 10 hours we STRONGLY suggest you do not miss it ! pic.twitter.com/bj8hGYWhgR

— Ethervista (@ethervista) August 21, 2024

“Ethereums neues Ponzi”

Ethervista wirkt wie eines der vielen (inzwischen gescheiterten) DeFi-Experimente aus 2020. Im besten Fall geht die Vision auf, und Ethereum bekommt ein neues Casino. Im schlimmsten Fall handelt es sich bei Ethervista und dessen VISTA-Token einfach um das nächste Ponzi-Schema im Krypto-Space. Das Projekt ist daher mit absoluter Vorsicht und der Garantie, dass investierte Gelder einem hohen Risiko ausgesetzt sind, zu genießen. Gut möglich, dass es sich dabei um eine weitere kurzlebige Kuriosität des Krypto-Sektors handelt, wie zuletzt Pandora.

Die Lebensdauer des Projekts wird davon abhängen, ob die weiterhin geplanten Funktionen zum Tragen kommen oder nicht. Vorgesehen sind laut der Website unter anderem ein Lending-Bereich, Flashloans und Perpetual-Trading. Außerdem sollen ETH-BTC-USDC Pools implementiert werden. Das Potenzial für eine breitere DeFi-App ist also gegeben. Erfolgreich könnte die Plattform sein, wenn sich das Gebührensystem als vorteilhaft erweist und auch größere Projekte dazu bewegt, ihre Token auf der DEX zu launchen.

Bis dahin bleibt Ethervista ein obskures DeFi-Experiment, das genauso schnell aussterben könnte, wie es ins Leben kam. Nichts an dem Projekt vermittelt besonders viel Sicherheit. Spannend ist es aber ohne Frage. Das Whitepaper Ethervistas endet mit einer Schlussfolgerung: “It’s moontime baby”! Ob Memcoins und Co. damit fortan auf Ethereum zu Hause sind und die Layer-1 einen neuen Schub bekommt, wird sich zeigen.

Disclaimer: Dieser Artikel spiegelt die persönliche Einschätzung des Autors wider und dient lediglich zu Informationszwecken. Es handelt sich weder um eine Kauf- noch Verkaufsempfehlung von Kryptowährungen oder anderen Assets.

Source: BTC-ECHO

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