Protektionismus führt zu Inflation
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Die geopolitische Bandbreite scheint durch den Ukraine-Krieg erschöpft zu sein. Dennoch bleibt die größte Konfliktlinie der Welt die Rivalität zwischen den USA und China. Die wirtschaftlichen Interessen der beiden Parteien könnten sich - für eine gewisse Zeit - jedoch annähern. Auch wenn noch keine endgültige Entscheidung getroffen wurde, erwägt die Biden-Regierung, die unter der Trump-Regierung erhobenen Strafzölle auf chinesische Produkte aufzuheben, um so die Inflation zu bekämpfen.
Angesichts der erneuten Verschiebung des lang erwarteten Übergangs zu einem vom Binnenkonsum getragenen Wachstumsmodell käme es China gerade recht, auf einen ungestörten Zugang zum US-Markt zählen zu können. Das würde außerdem eine versöhnlichere Haltung gegenüber Washington fördern. Doch gleichzeitig erhöht Joe Biden den Druck in der Taiwan-Frage. Es ist also noch viel zu früh, um von einer "allgemeinen Entspannung" zwischen den beiden Supermächten zu sprechen. Dennoch ist die Diskussion über die Zölle eine willkommene Erinnerung an ein ökonomisches Gesetz: Protektionismus führt zu Inflation. Dies könnte den Enthusiasmus der Bevölkerung für die "Deglobalisierung" ein wenig dämpfen.
Die in der vergangenen Woche veröffentlichten US-Inflationsdaten für April deuten darauf hin, dass der Anstieg zwar immer noch über den Markterwartungen liegt, die Verbraucherpreise aber möglicherweise zu sinken beginnen. Bereinigt um den Posten "Gebrauchtwagen" lassen die Daten allerdings darauf schließen, dass der Inflationsdruck auf weitere Sektoren übergreift. Die Reaktion der US-Regierung - z. B. die Aufforderung an den Kongress, das Gesetz für saubere Energie oder Änderungen am Affordable Care Act zu unterstützen - könnte leicht in erbitterten politischen Auseinandersetzungen untergehen.
Die bevorstehenden Zwischenwahlen können außerdem zu einer noch stärkeren Polarisierung führen. Was die Regierung Biden nicht mehr tun kann, nämlich die Nachfrage anzukurbeln, könnte der Grund dafür sein, dass sich die Inflation letztlich verlangsamt - wenn auch auf Kosten des Wirtschaftswachstums, das unserer Meinung nach in der zweiten Jahreshälfte erheblich sein wird.
Dennoch könnte die Angebotskomponente der Inflation auf die US-Politik reagieren, insbesondere wenn sie mit strategischen Partnern koordiniert wird. Zum Beispiel in der Initiative zur Schaffung einer "Allianz der Ölkäufer", um mit der Organisation der erdölexportierenden Länder (OPEC) zu verhandeln. Dies lenkt jedoch die Aufmerksamkeit auf das Atomabkommen mit dem Iran (Teheran schlägt als Gegenleistung eine Verdoppelung seiner Ölproduktion vor) – das bleibt politisch äußerst heikel.
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