Analyse
10:00 Uhr, 25.08.2014

PROSIEBENSAT.1 - Kommt sie in den DAX?

Anfang September werden wieder Entscheidungen über Indexveränderungen in Deutschland gefällt. Doch welche Voraussetzungen muss ein Wert überhaupt erfüllen, um beispielsweise in den DAX aufgenommen zu werden? Und wie stehen die Chancen für den Topkandidaten ProSiebenSat.1?

Erwähnte Instrumente

  • ProSiebenSat.1 Media SE - WKN: PSM777 - ISIN: DE000PSM7770 - Kurs: 30,93 € (XETRA)

In gut einer Woche könnte Historisches im Deutschen Leitindex DAX passieren. Denn mit ProSiebenSat.1 hat erstmalig ein deutscher Medienkonzern Chancen, in die erste Börsenreihe aufzusteigen. Am Mittwoch, den 3. September, wird der Arbeitskreis Aktienindizes zusammenkommen und über Veränderungen in den Indizes beraten, allen voran natürlich auch für den DAX. Damit ein Wert im DAX gelistet werden darf, müssen verschiedene Grundvoraussetzungen erfüllt sein. Ein kurzer Exkurs:

Jede Menge Kriterien

Ein Kandidat für den DAX muss im Börsensegment Prime Standard notiert sein, auf XETRA gehandelt werden und zudem einen Streubesitz von über 10% aufweisen. Zudem muss der Sitz des Unternehmens in Deutschland liegen oder der Schwerpunkt des Handelsumsatzes in Frankfurt, sollte sich der Firmensitz in einem EU-Land befinden. Die letzten beiden Punkte erfüllt beispielsweise die Aktie von EADS nicht, womit ihr bis heute auch der Sprung in den DAX verwehrt geblieben ist.

Sind die obigen Bedingungen erfüllt, richtet sich der Blick auf zwei weitere Merkmale, anhand derer die Deutsche Börse auch ihre Indexranglisten bestimmt:

- Umsatz auf XETRA und im Frankfurter Parketthandel

- Streubesitz-Marktkapitalisierung

Während der erste Punkt klar sein dürfte, ist bei der Streubesitz-Marktkapitalisierung, die auch für die jeweilige Gewichtung im Index ausschlaggebend ist, nicht der gesamte Börsenwert entscheidend, sondern nur der Wert der frei handelbaren Aktien. Im Englischen spricht man von „Free Float“. ProSiebenSat.1 beispielsweise wurde erst zum DAX-Kandidaten, nachdem der Großinvestor Lavena Holding sich komplett von seinem Aktienpaket getrennt hatte. Zuvor war der Free Float viel zu gering, als dass der Konzern in den DAX aufsteigen hätte können.

Indexranglisten im Blick

Auf der kommenden Sitzung des Arbeitskreises Aktienindizes wird die sogenannte „Indexrangliste“ für den Monat August genau betrachtet werden. Diese Ranglisten sind für jedermann auf der Website der Deutschen Börse unter dem Punkt "Ranglisten" einsehbar.

Folgende Regeln werden im September eine Rolle spielen:

Regular-Exit (40/40)

Zählt ein Unternehmen bei den Kriterien Börsenumsatz und/oder Streubesitz-Marktkapitalisierung nicht zu den 40 größten, wird es aus dem DAX entfernt, sofern ein Nicht-Index-Wert bei beiden Kriterien zumindest Rang 35 erreicht.

Regular-Entry (30/30)

Zählt ein Unternehmen bei beiden Kriterien zu den 30 größten, wird es gegen einen DAX-Wert ausgetauscht, falls dieser bei mindestens einem Kriterium nicht mehr Platz 35 erfüllt.

Da diese reguläre Überprüfung nur einmal im Jahr stattfindet, gibt es noch zwei weitere Regeln, die auch an den sogenannten außerordentlichen Anpassungsterminen im März, Juni und Dezember angewendet werden:

Fast-Exit (45/45)

Zählt ein Unternehmen bei einem der beiden Kriterien Börsenumsatz und Streubesitz-Marktkapitalisierung nicht mehr zu den 45 größten, wird es aus dem DAX entfernt, sofern ein Nicht-Index-Wert bei der Marktkapitalisierung mindestens Rang 35 und beim Börsenumsatz mindestens Rang 45 erreicht.

Fast Entry (25/25)

Zählt ein Unternehmen bei beiden Kriterien mindestens zu den 25 größten, wird es für einen Wert in den DAX genommen, der mindestens in einem der beiden Kriterien einen Rang schlechter als 35 aufweist.

Mit diesen beiden zusätzlichen Regeln bewahrt sich die Deutsche Börse eine gewisse Flexibilität, der Zeitraum zwischen den beiden regulären Anpassungsterminen wäre zu lange. Auch bei den Indexgewichtungen ist Flexibilität notwendig. Als extremes Beispiel kann die VW-Stammaktie angeführt werden, die im Jahr 2008 durch einen massiven Short-Squeeze zwischenzeitlich auf fast 1.000 Euro in die Höhe geschossen und dadurch auf eine Gewichtung von über 27% im DAX gekommen war. Die Deutsche Börse reagierte aber schnell und drosselte die Gewichtung nur wenige Tage später wieder auf 10%.

Es wird knapp für ProSiebenSat.1

Wendet man die angeführten Regeln nun auf die letzte verfügbare Indexrangliste aus dem Monat Juli an, zeigt sich, dass es im September spannend werden dürfte. ProSiebenSat.1 erfüllt mit Platz 28 die Anforderung nach der 30/30-Regel bezogen auf die Streubesitz-Marktkapitalisierung souverän. Allerdings belegt die Aktie nach Börsenumsatz nur Rang 32. Ausstiegskandidaten gäbe es zwei: Lanxess notiert nach Marktkapitalisierung exakt auf Rang 35, K+S auf Rang 38.

Die 40/40-Regel wird hingegen kaum eine Rolle spielen, da sämtliche DAX-Werte relativ souverän in den Top 40 nach Marktkapitalisierung und Börsenumsatz notieren.

Es müsste sich seit Veröffentlichung der Juli-Rangliste noch einiges bewegen, damit die ProSiebenSat.1-Aktie in den DAX aufsteigen kann. Der Börsenumsatz des MDAX-Wertes müsste im August deutlich anziehen, parallel dazu die Aktien von Lanxess und K+S nachgeben. Da sich beide DAX-Werte bislang stabil gehalten beziehungsweise in der Zwischenzeit sogar zugelegt haben, stehen die Chancen von dieser Seite aus betrachtet für eine Aufnahme von ProSiebenSat.1 ebenfalls schlecht. Zumal die stärksten "Marktkapitalisierungsverfolger" Hannover Rück und Hugo Boss im August eine schwächere Vorstellung als K+S geboten haben, eine "Überholung" in dieser Disziplin also kaum geglückt sein dürfte.

Fazit: Wenngleich es unter dem Aspekt der Branchenvielfalt zu begrüßen wäre, wenn ein Medienkonzern Einzug in den DAX feiern könnte, sind die Chancen in der kommenden Woche für einen Indexaufstieg von ProSiebenSat.1 als gering einzustufen. Die Aktionäre werden sich wohl zumindest bis zum nächsten, in diesem Fall außerordentlichen Anpassungstermin im März gedulden müssen.

Gerade Dividendenjäger sollten sich die Aktie aber zumindest auf die Watchlist nehmen. Denn mit einer Dividendenrendite von geschätzten 5,3% für das kommende Jahr ist ProSiebenSat.1 einer der Dividendenkönige im MDAX und wäre im DAX sogar mit weitem Abstand der Dividendenprimus.

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