Kommentar
14:56 Uhr, 09.05.2005

Produktion - Bauwirtschaft überschattet Industrie

1. Die Produktion im produzierenden Gewerbe ging im März stärker als erwartet zurück, sie sank um 0,8 % mom. Von Bloomberg befragte Volkswirte hatten im Mittel (Median) eine Abnahme um 0,4 % mom erwartet, wir waren aufgrund der starken Auftragseingänge sogar von einem Rückgang um nur 0,1 % ausgegangen. Das Vorjahresniveau wird damit kalender- und saisonbereinigt um 1,6 % überschritten.

2. Was wir unterschätzt hatten, waren die Auswirkungen der Witterung. Die vom ifo-Institut befragten Unternehmen meldeten eine hohe aber nicht außergewöhnliche Anzahl witterungsbedingter Behinderungen der Bautätigkeit. Was die Zeitreihe durcheinanderwirbelte war der ungewöhnliche Witterungswechsel: Normalerweise bringt der März gegenüber dem Februar eine Entlastung, dieses Mal war es aber eine Belastung – ein Phänomen, dass seit dem Jahre 1960 bislang nur drei Mal aufgetreten ist. So nahm die Bauproduktion nach einem Einbruch im Februar um 13,6 % mom erneut zweistellig um 10,8 % mom ab. Damit liegt die Bauleistung nur noch rund halb so hoch wie im Spitzenjahr 1995! Die Energieerzeugung sank um 4,2 % mom, sodass es in der Industrie zu dem tendenziell erwarteten positiven Ergebnis kam: Die Industrieproduktion stieg geringfügig um 0,3 % mom an.

3. Sehr heterogen war die Entwicklung in den industriellen Hauptgruppen. Die Produktion von Vorleistungsgütern ging zum zweiten Mal in Folge spürbar zurück (-1,7 % mom nach –2,9 % mom). Hier macht sich bemerkbar, dass viele Unternehmen ihre Vormateriallager in der Sorge um weiter ansteigende Rohstoffpreise frühzeitig gefüllt haben. Auch die Konsumgüterproduktion gab nach, was auf den Rückgang der Erzeugung von Verbrauchsgütern zurückzuführen war (-0,9 % mom), wohingegen die Gebrauchsgüterproduktion zunahm (1,0 % mom). Schließlich stieg die Produktion der Investitionsgüter spürbar um 2,9 % mom an; dem war aber ein Rückgang im Februar um 2,3 % mom vorangegangen.

4. Die heutigen Daten füllen das erste Quartal auf und geben mit Blick auf das Bruttoinlandsprodukt ein sehr heterogenes Bild wieder. So sank die Bauproduktion im ersten Quartal 7,9 % qoq. Seit 1992 gab es nur zwei Quartale, die noch schlechter abschnitten, nämlich die ersten Quartale in den Jahren 1996 und 1997. Die Bauinvestitionen dürften daher spürbar eingebrochen sein. Für das zweite Quartal ist allerdings mit einem witterungsbedingten positiven Rückpralleffekt zu rechnen. Die Industrieproduktion zog im ersten Quartal merklich um 1,8% qoq an und sollte zusammen mit dem Binnenhandel wesentlich zum Anstieg des Bruttoinlandsprodukts beigetragen haben. Für das zweite Quartal sind die Aussichten dagegen eher dürftig. Trotz der – auch Dank von Großaufträgen – guten Auftragseingänge im März beurteilen die Unternehmen ihre Auftragsbestände deutlich schlechter. Diese Abkühlung ist insbesondere auf eine schwächere Auslandsnachfrage, aber auch auf Beeinträchtigungen durch Rohstoff- und Energiepreise zurückzuführen. Zudem startet die Industrie mit angezogener Handbremse in das neue Quartal, sprich mit einem statistischen Unterhang von 0,5 %. Das heißt aber nichts anderes, als dass in der Industrie erst einmal in dieser Höhe nachgearbeitet werden muss, um wenigstens eine Stagnation zu erreichen. Dies ist angesichts der Auftragsbestände kein leichtes Unterfangen.

5. Alles in allem ist das Erreichen des von uns prognostizierten Anstiegs des Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal um 0,6 % qoq (Bekanntgabe am 12. Mai 2005) mit den schlechten Baudaten etwas schwieriger geworden.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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