Portfoliotheorie interaktiv: Tipps und Tricks für deine Investments!
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An den Finanzmärkten dreht sich alles um zwei Größen: Rendite und Risiko. Jeder Anleger kennt die Frage:
Wie lege ich mein Geld so an, dass ich möglichst viel Gewinn mache und nachts ruhig schlafen kann?
Die Idee klingt simpel, hat aber enorme Wirkung: Nicht die einzelne Aktie entscheidet über deinen Erfolg, sondern das Zusammenspiel der Werte im gesamten Portfolio. Ob eine Mischung stabil läuft oder wackelt, hängt von Diversifikation, Korrelationen und den richtigen Gewichtungen ab.
Wir zeigen dir, wie du mit Portfoliotheorie und einer kleinen interaktiven Software von uns dein Depot analysieren kannst – von Rendite und Volatilität bis hin zu Korrelationen. Das Besondere: Du kannst alles selbst ausprobieren. Mit unserem Tool optimierst du dein eigenes Portfolio und lernst Schritt für Schritt, wie man Ergebnisse interpretiert und Schwächen wie Klumpenrisiken erkennt. Legen wir los!
Grundlagen der Portfoliotheorie und -analyse
Erwartete Rendite (μ)
Die erwartete Rendite beschreibt, welchen Ertrag ein Wertpapier oder ein Portfolio im Durchschnitt liefern soll. Sie wird häufig aus den historischen Daten der vergangenen Jahre abgeleitet. Genau hier liegt die größte Unsicherheit, denn die Vergangenheit ist kein Garant für die Zukunft.
Gründe für die Unsicherheit der erwarteten Rendite:
- Märkte verändern sich, frühere Muster wiederholen sich nicht verlässlich.
- Einzelne Extremjahre können den Durchschnitt stark verzerren.
Risiko / Volatilität (σ)
Das Risiko wird in der Portfoliotheorie meist über die Volatilität beschrieben. Sie misst, wie stark die Renditen um ihren Mittelwert schwanken. Je größer diese Schwankungen, desto unsicherer die Geldanlage.
- Hohe Volatilität bedeutet hohe Unsicherheit und damit höheres Risiko.
- Niedrige Volatilität bedeutet stabilere Wertentwicklung, oft aber auch geringere Renditechancen.
Korrelation (ρ)
Die Korrelation zeigt, wie ähnlich sich zwei Wertpapiere bewegen.
- Bei einer Korrelation von +1 laufen sie quasi identisch – Diversifikation bringt hier keinen Nutzen.
- Bei einer Korrelation von 0 entwickeln sich die Werte unabhängig voneinander.
- Bei einer negativen Korrelation bewegen sich die Werte gegenläufig, was eine Stabilisierung im Portfolio bewirken kann.
Sharpe Ratio
Die Sharpe Ratio setzt die erwartete Rendite ins Verhältnis zum eingegangenen Risiko. Sie zeigt, wie viel Überschussrendite ein Anleger pro Einheit Risiko erzielt.
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Eine hohe Sharpe Ratio bedeutet, dass das Portfolio für das eingegangene Risiko überdurchschnittlich viel Rendite liefert. Eine niedrige oder negative Sharpe Ratio zeigt dagegen, dass das Risiko nicht ausreichend durch Rendite kompensiert wird. Denn warum sollte man unnötig Risiko (also Schwankung bzw. Volatilität) eingehen ohne dafür mit Rendite belohnt zu werden?
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Von der Theorie zur Praxis: Interaktives Software-Tool zur Portfoliotheorie…
Kurzanleitung:
https://goldeselblog.de/wp-content/uploads/2025/09/PortfolioAnalyse.zip
Zunächst musst du die .zip Datei nach dem Download entpacken. In dem Ordner findest du dann PortfolioOptimierer.py, requirements.txt und die für dich wichtige PortfolioOptimizer.exe. Wenn du Ahnung von Programmierung hast, kannst du auch die .py Datei zum Beispiel in VSCode öffnen. Um die auszuführen, brauchst du allerdings die Pakete in requirements.
Die .exe hingegen ist eine Stand-Alone, das heißt sie läuft ohne Anforderungen oder vorab nötigen Installationen, einfach doppelklicken, etwas Geduld haben und warten, das kann bis 2 min dauern. Deine Firewall oder dein Virenschutz könnte kurz protestieren. Keine Sorge – das ist nur Vorsicht, kein Problem. Du kannst die Ausführung einfach erlauben. Anschließend öffnet sich das Software-Fenster, welches folgendermaßen aussehen sollte:
In der obersten Zeile kannst du nun mit Komma-Trennung die Ticker deines Portfolios eingeben. Die Software nutzt dabei die Daten von Yahoo Finance (yfinance), daher ist es wichtig, die Schreibweise korrekt zu wählen, zum Beispiel:
- Deutsche Aktien: mit dem Suffix .DE (z. B. Allianz = ALV.DE)
- Französische Aktien: mit .PA (z. B. LVMH = MC.PA)
- Schweizer Aktien: mit .SW (z. B. Nestlé = NESN.SW)
- US-Aktien: meist einfach der Ticker ohne Zusatz (z. B. Apple = AAPL)
Ein kleiner Tipp: Statt die Ticker mühsam selbst herauszusuchen, kannst du dir die korrekte Schreibweise der Ticker automatisch mit einer KI generieren lassen. Einfach die gewünschten Aktiennamen eingeben und eine für yfinance optimierte Liste mit Kommatrennung generieren lassen, die du dann einfach einfügen kannst.
Sobald du die Liste eingegeben hast, klicke auf „Optimieren“. Die Software lädt die Kursdaten und weitere Informationen von yfinance automatisch herunter, berechnet Renditen, Volatilitäten, Korrelationen und erstellt eine optimierte Portfoliogewichtung. Anschließend bekommst du eine detaillierte Analyse mit den wichtigsten Kennzahlen sowie einen automatisch erzeugten Excel-Report im gleichen Ordner wie die .exe mit Grafiken und Analysen. Schauen wir uns das an einem Beispiel Portfolio genauer an.
…anhand eines Beispiel-Portfolios
Um die Theorie greifbarer zu machen, werfen wir nun einen Blick auf ein konkretes Beispielportfolio. Es besteht aus zwölf bekannten Aktien aus verschiedenen Branchen – von Tech-Giganten wie Apple und Microsoft über defensive Werte wie Johnson & Johnson bis hin zu internationalen Titeln wie Alibaba. Anhand der Analyse siehst du, wie die Software optimale Gewichte berechnet, Korrelationen sichtbar macht und auch komplexe Zusammenhänge wie die Effizienzlinien veranschaulichen kann.
Optimale Portfolio-Gewichte (w_opt)
Im Excel-Report siehst du für jedes Asset nicht nur das finale Gewicht, sondern auch die Zwischenschritte dorthin. Die Spalten geben Aufschluss darüber, wie verschiedene Optimierungsmodelle unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Das Kreisdiagramm musst du allerdings manuell in Excel erstellen.
Zunächst die Beta-Spalte: Das Beta misst, wie stark sich eine Aktie im Verhältnis zum Gesamtmarkt bewegt. Werte über 1 bedeuten, dass sich die Aktie stärker als der Markt bewegt (höheres Marktrisiko), Werte unter 1 deuten auf defensivere Titel hin.
Auf Basis der Betas und der Kursdaten werden dann drei verschiedene Optimierungsmodelle berechnet:
- w0_beta: Gewichte umgekehrt proportional zum Beta. Aktien mit höherem systemischen Risiko erhalten automatisch eine geringere Gewichtung.
- w_MV: Das klassische Minimum-Varianz-Portfolio nach Markowitz, das die Volatilität minimiert.
- w_mu: Das Tangentialportfolio, bei dem das Verhältnis aus Rendite und Risiko (Sharpe Ratio) maximiert wird.
Anschließend folgt die Spalte w_opt_raw: Hier werden erstmals praktische Restriktionen berücksichtigt – z. B. dass kein Titel negativ gewichtet werden darf (negative Gewichte sind Short-Positionen) und dass kein Wert ein bestimmtes Maximalgewicht überschreiten darf, berechnet mit 2/N, wobei N die Anzahl der Positionen ist, in unserem Beispiel-Portfolio also 2/12 = 16,67 %.
Die letzte Spalte w_opt kombiniert schließlich die drei Modelle zu einem ausgewogenen Mittelweg und passt die Ergebnisse zusätzlich so an, dass Korrelationen und Klumpenrisiken reduziert werden. Damit erhältst du ein robustes, diversifiziertes Portfolio mit den gegebenen Werten.
Korrelationen zwischen Assets
Einer der spannendsten Teile des Reports ist die Korrelationsmatrix. Sie zeigt auf einen Blick, wie ähnlich die einzelnen Aktien im Portfolio laufen. Rot eingefärbte Felder stehen für hohe Korrelationen, grüne für niedrige.
Genau hier wird sofort sichtbar: Die großen US Tech-Aktien wie Apple, Microsoft, Amazon, Google, Meta und Nvidia bewegen sich sehr ähnlich – ein klassisches Klumpenrisiko. Wer mehrere dieser Titel gleichzeitig im Depot hält, ist nicht wirklich diversifiziert, da sie an der Börse oft gleichzeitig steigen und fallen.
Auf der anderen Seite erkennt man grün eingefärbte Felder, also schwach oder gar nicht korrelierende Titel. Hier liegt der Diversifikationseffekt: Werte wie Procter & Gamble oder Johnson & Johnson entwickeln sich trotz der US-Notierung weitgehend unabhängig von den Tech-Giganten und stabilisieren so das Gesamtportfolio.
Portfolio-Kennzahlen im Überblick
Damit die Ergebnisse praxisnah bleiben, berücksichtigt die Optimierung bestimmte Randbedingungen (Constraints). In diesem Fall sind nur Long-Positionen erlaubt, also ausschließlich positive Gewichte. Zusätzlich darf kein einzelner Titel mehr als 16,67 % (Formel 2/N) des Gesamtportfolios ausmachen, und die Summe aller Gewichte muss natürlich 1 (100 %) ergeben.
Die Kennzahlen zur Rendite und zum Risiko sind wie oben bereits beschrieben mit Vorsicht zu genießen, da sie auf vergangenen Kursdaten basieren. Dennoch geben sie einen groben Überblick über das Portfolio.
Effizienzlinien und Capital Market Line
Auf den ersten Blick wirkt das Diagramm komplex, doch es zeigt den Kern der Portfoliotheorie. Die Unconstrained Frontier (grüne Linie) beschreibt alle theoretisch möglichen Portfoliokombinationen der Assets, wenn keine Randbedingungen gelten. In diesem Fall dürfen Gewichte auch negativ sein (Short-Positionen) oder über 100 % hinausgehen (Hebel). Mathematisch lässt sich damit das beste Sharpe-Verhältnis erreichen – praktisch ist es für die meisten Anleger aber unrealistisch.
Sobald man die Randbedingungen berücksichtigt (nur Long-Positionen, Gewichtungs-Cap von 16,67 %, Summe = 100 %, Korrelationsdämpfer) reduziert sich die Menge der möglichen Portfolios auf die Constrained Frontier (schwarze Linie). Diese wird nicht exakt berechnet, sondern über eine Art Monte-Carlo-Simulation mit zufälligen Portfolio-Zusammenstellungen angenähert. Sie zeigt also, was mit den gewählten Regeln tatsächlich erreichbar ist.
Die türkisfarbene Linie ist die Capital Market Line (CML). Sie verläuft durch den risikofreien Zins und das Tangentialportfolio (grüner Punkt) und zeigt, welches Rendite-Risiko-Verhältnis theoretisch möglich wäre, wenn man in der Praxis unbegrenzt shorten oder hebeln dürfte.
Der Punkt „Own“ (lilafarben) markiert schließlich das eigene optimierte Portfolio gemäß den berechneten Gewichten w_opt. Er liegt innerhalb der schwarzen Frontier – also im realistisch erreichbaren Bereich – und zeigt, wie das Tool eine Balance zwischen Risiko, Rendite und den gesetzten Constraints findet.
Interaktive Analyse deines Portfolios
In dem Excel Tab „my_weights“ kannst du beliebige Gewichte der gewählten Assets einfügen, also zum Beispiel die Gewichte deines aktuellen Depots Für das Portfolio mit deinen Gewichten wird dann Risiko σ und erwartete Rendite μ berechnet und interaktiv ein Punkt (User (manual)) in der Grafik der Efficient Frontiers eingetragen, so kannst du dein Portfolio mit den möglichen Kombinationen vergleichen.
Du kannst auch aus dem Tab weights zum Beispiel die Spalte w_MV in my_weights reinkopieren. Der angezeigte Punkt liegt dann ganz links auf der Unconstrained Frontier, gerade zwischen Efficient (durchgezogene Linie) und Inefficient (gestrichelte Linie) Frontier. Das berechnete Portfolio w_MV minimiert also das Risiko (also die Varianz). Es gibt keine Kombination der gewählten Assets die ein niedrigeres Risiko hat.
Die Spalte w_mu dagegen maximiert die Sharpe Ratio, also das beste Verhältnis zwischen Rendite und Risiko. Der berechnete Punkt liegt exakt am Berührpunkt zwischen CML (Capital Market Line) und der unconstrained Efficient Frontier.
Risiko-Beiträge zum Gesamtrisiko der Assets
Ein besonders hilfreiches Feature im Excel-Report ist die Analyse der Risiko-Beiträge. Damit das Diagramm überhaupt Werte anzeigt, muss zunächst oben links im Tab unter Selected ein Gewichtungs-Set ausgewählt werden – zum Beispiel die finalen optimalen Gewichte (w_opt).
Anschließend zeigt die Grafik, welchen prozentualen Beitrag jedes einzelne Asset zum Gesamtrisiko des Portfolios leistet. So wird sofort sichtbar, dass manche Titel trotz ähnlicher Gewichtung deutlich mehr Risiko in das Portfolio hineintragen als andere – meist Techwerte mit hoher Volatilität wie Nvidia oder Tesla. Defensive Werte wie Johnson & Johnson oder Procter & Gamble fallen dagegen durch geringere Risikobeiträge auf und stabilisieren das Gesamtbild.
Diese Darstellung macht klar: Diversifikation bedeutet nicht nur, Renditequellen zu streuen, sondern auch das Risiko gleichmäßig zu verteilen.
Fazit: Wie sinnvoll ist die Portfoliotheorie für dich?
Die Portfoliotheorie liefert dir wertvolle Einblicke in das Zusammenspiel von Rendite, Risiko und Diversifikation. Für Privatanleger ist sie jedoch weniger eine starre Bauanleitung als vielmehr ein Werkzeug zur Orientierung. Sie zeigt, wo Klumpenrisiken lauern, welche Kombinationen das Portfolio stabiler machen – und wie man mit einfachen Regeln eine bessere Balance erreichen kann.
Am Ende bleibt der Portfolioaufbau aber hochindividuell:
- Wie viel Risiko hältst du aus?
- Was sind deine Anlageziele?
- Welchen Werten vertraust du langfristig?
Denn klar ist auch: Die Theorie kann deine Gewichtung optimieren – aber sie sucht dir keine guten Aktien heraus. Und ein optimiertes Portfolio aus Schrottwerten bleibt am Ende eben trotzdem ein Haufen Schrott.
Deshalb: Nutze die Portfoliotheorie als Kompass, nicht als Autopilot. Sie hilft dir, Strukturen und Risiken besser zu verstehen – die eigentliche Kunst liegt aber weiterhin darin, starke Werte zu finden und zu halten.
