Parlamentswahlen in Italien
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Columbia Threadneedle Investments geht davon aus, dass die Parlamentswahlen in Italien kurzfristig die Risiken für italienische Staatsanleihen erhöhen. James Lindley, Rentenportfoliomanager bei Columbia Threadneedle, befürchtet, dass eine Kombination aus der Beendigung der Nettokäufe von Vermögenswerten durch die EZB, einer möglichen quantitativen Straffung und weiteren Zinserhöhungen sowie einer unerprobten Mitte-Rechts-Koalition italienische Staatsanleihen schwächen werde.
Kurzfristige Spread-Ausweitung erwartet
„Mit der Straffung der Geldpolitik und dem Druck auf das verfügbare Einkommen wird eine Rezession immer wahrscheinlicher, was die Haushaltsdefizite unter Druck setzen dürfte. Angesichts des hohen Inflationsniveaus ist es unwahrscheinlich, dass die EZB ihre Anleihekäufe bald wieder aufnehmen kann, so dass die Käufer italienischer Anleihen aus preissensiblen Quellen kommen müssen, die möglicherweise höhere Renditen verlangen, um für das zusätzliche Risiko entschädigt zu werden“, erläutert Lindley. Er rechnet damit, dass das kürzlich von der EZB eingeführte Transmissionsschutzinstrument (TPI) längerfristig dazu beitragen dürfte, die Spreads der einzelnen Länder einzudämmen. „Aber es ist unwahrscheinlich, dass es aktiviert wird, bevor der Markt weiter unter Druck gerät“, so der Investmentexperte. Die Eurozone dürfte in Richtung einer Vergemeinschaftung tendieren, was für italienische Schuldtitel förderlich wäre. Dies könnte sich jedoch mit der Veränderung des politischen Hintergrunds ändern. Bei Unternehmensanleihen ist der Fondsmanager ebenfalls zurückhaltend: „Italienische Unternehmensanleihen haben sich ähnlich entwickelt wie die Kreditmärkte der Eurozone im Allgemeinen. Daher sehen wir derzeit kaum Chancen in Italien, insbesondere aufgrund der starken Abhängigkeit der italienischen Wirtschaft von russischem Gas.“
Veränderte Dynamik
Dem Experten zufolge hat das Mitte-Rechts-Bündnis versucht, die Bedenken zu zerstreuen, dass Italien sich von Europa zurückziehen werde. Eine signifikante Mehrheit bei der Parlamentswahl könnte jedoch die extremeren Stimmen innerhalb des Mitte-Rechts-Bündnisses stärken, was zu einem Streit zwischen der Europäischen Kommission und der italienischen Regierung führen würde. Seit der Krise in der Eurozone 2010/11 habe Italien in den Augen einiger Investoren an Attraktivität eingebüßt. In der Folge seien die strukturellen Bestände in Italien eher gering gewesen. Nach der deutlichen Underperformance Italiens in der Anfangsphase der COVID-19-Pandemie sei man davon ausgegangen, dass es angesichts der umfangreichen EZB-Schuldenkäufe und des ebenso wichtigen EU-Rettungsfonds, der ein wichtiger Schritt in Richtung Vergemeinschaftung von Schulden darstelle, noch viel Spielraum nach oben gebe. „Diese Dynamik hat sich nun geändert“, meint Lindley. Die EZB kauft keine italienischen Schuldtitel mehr auf Nettobasis und könnte Lindley zufolge in naher Zukunft mit einer quantitativen Straffung beginnen. „Außerdem ist die politische Situation unsicherer geworden. Während die Entschlossenheit Europas stärker denn je zu sein scheint, befürchten wir, dass eine Rezession in Verbindung mit einer Erdgasrationierung diese Entschlossenheit schwächen und zu einer weiteren Unterperformance Italiens führen könnte, da das Land stark von russischem Gas abhängig ist.“
Draghis Erbe
Italien ist nach wie vor von entscheidender Bedeutung für das Projekt Eurozone, führt der Fondsmanager aus. Premierminister Draghi habe diese Position gefestigt, indem er bei den europäischen Politikern und Marktteilnehmern Vertrauen in die Richtung der italienischen Wirtschaft und in das Engagement für Europa geschaffen hat. Dieses Vertrauen habe Draghi den Spielraum gegeben, die Finanzpolitik auf Bereiche zu konzentrieren, die die Wirtschaft während der beispiellosen Energiepreise stützen und gleichzeitig durch Reformen einige längerfristige Vorteile bringen. Lindley: „Vertrauen ist einer der wichtigsten Rohstoffe für die Märkte. Die bevorstehenden Wahlen könnten dieses Vertrauen sowohl bei den politischen Entscheidungsträgern als auch bei den Marktteilnehmern strapazieren.“
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