Kommentar
17:49 Uhr, 09.01.2017

Panik? Kapital flieht aus Europa!

Donald Trump bedankt sich auch einmal gerne über Twitter bei sich selbst, z.B. für das gestiegene Verbrauchervertrauen. Auch für die Rally am Aktienmarkt bedankt er sich bei sich selbst, dabei sollte er eher Europa danken.

Aus der Eurozone flieht das Kapital so schnell wie lange nicht, möglicherweise sogar so schnell wie noch nie. In den letzten 12 Monaten verließen 500 Mrd. Euro die Eurozone. Das ist etwas weniger als der bisherige Rekord von 536 Mrd. im September 2016, aber immer noch stattlich.

Grafik 1 zeigt diese Entwicklung, die noch relativ neu ist. Bis Ende 2014 floss tendenziell mehr Kapital in die Eurozone herein als heraus. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe. Einerseits verbesserte sich die Handelsbilanz der Eurozone, andererseits holen Investoren ihr Geld in unsicheren Zeiten lieber zurück nach Hause. Die Zeit von 2008 bis 2012 war extrem unsicher. Draghi musste „whatever it takes“ beteuern, um die Nerven zu beruhigen.

Wohin all das Geld genau fließt, lässt sich nur vermuten. Verlässliche Daten erheben eigentlich nur die USA, die monatlich ausweisen, wie viel Geld in den US-Markt (Aktien, Staats- und Unternehmensanleihen) fließt. Grafik 2 zeigt die Kapitalflussbilanz mit den USA. Auf 12-Monatssicht floss selten Kapital aus den USA ab. Dies war bisher lediglich Anfang 2009 und vor Draghis Beteuerung im Jahr 2012 der Fall.

Auf Monatssicht ging es erstmalig im April 2008 systematisch in den negativen Bereich und dann wieder im April 2011. Inzwischen ist Europa davon weit entfernt. Monatlich fließen an die 20 Mrd. Dollar in die USA. Auf Jahressicht sind es derzeit 150 Mrd.


All das Geld muss irgendwohin. 2015 und 2016 floss es vor allem in Unternehmens- und Staatsanleihen (Grafik 3). Hält man die Entwicklung des Dollar Index dagegen, ist klar, woher die Dollarstärke seit 2014 kommt. Trump will ja einen starken Dollar und er bekommt ihn. Gesponsert wird das alles aus der Eurozone heraus.

So ähnlich ist es auch bei Aktien (Grafik 4). Der Kapitalfluss und der Marktindex Wilshire 5000 laufen mit gewissen Verzögerungen parallel. Die aktuellsten Daten reichen bis Oktober 2016. Man kann allerdings bereits dort erkennen, dass nach monatelangen Kapitalabflüssen wieder Geld auf den Markt zurückkehrte. Im November und Dezember dürfte sich dieser Trend verstärkt haben. Auch die Entwicklung des Wechselkurses (Euro gab gegenüber Dollar nach) ließ darauf schließen.

Den starken Dollar, niedrige Zinsen und einen boomenden Aktienmarkt gäbe es in den USA ohne die ausgeprägte Kapitalflucht aus Europa so nicht. In diesem Sinne: Danke, Europa!

Das hat natürlich auch eine Schattenseite. Geld, welches Europa verlässt, wird hier weder in den Aktienmarkt noch in die Realwirtschaft gesteckt. Das zeigt das ganze Dilemma. Einerseits sollen es die niedrigen Zinsen attraktiver machen auf Schuldenbasis zu investieren; andererseits flieht Kapital aufgrund der mangelnden Rendite aus Europa. Auf Dauer ist das kein Erfolgsmodell.

Man darf auch eines nicht vergessen: das Geld, welches jetzt im Ausland investiert wird, kommt irgendwann zurück. Derzeit hat die Eurozone einen großen Überschuss in der Handelsbilanz. Das sorgt für eine stetige Nachfrage nach Euro. Dank der Kapitalflucht wertet der Euro allerdings nicht auf. Nun kann man sich vorstellen, was passiert, wenn das Kapital zurückkehrt und der Handelsüberschuss kurzfristig bestehen bleibt. Es könnten innerhalb eines Jahres bis zu 900 Mrd. Euro zurückfließen. Dann kann von einer Euro/Dollar Parität nicht mehr die Rede sein. Vielmehr wird sich die EZB schwertun, die dann folgende Euroaufwertung irgendwie in den Griff zu bekommen.

Die Kapitalflucht ist derzeit noch nicht übermäßig besorgniserregend. Mittel- bis langfristig drängt sich allerdings bereits jetzt der Verdacht auf, dass der Euro erhebliches Aufwertungspotenzial hat, wenn sich die wirtschaftliche Lage etwas aufhellt bzw. QE beendet wird. Wann das der Fall ist, kann man kaum abschätzen, doch tendenziell sollte sich der aktuelle Trend ab der zweiten Jahreshälfte 2017 umkehren.

Clemens Schmale

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21 Kommentare

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  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    wie Notenbanken alles verfälschen und Werte schaffen, welche es nicht gibt

    "nur woher soll der zusätzliche Wert kommen?"
    Zinsen müssen natürlich entstehen durch Steigerung der Produktivität und Fortschritt.

    Ich biete ein Produkte, oder Geschäftsmodel an, dafür brauche ich Geld, also suche ich Investoren, diesen biete ich eine Verzinsung an, sie können also durch mein tolles neue Model partizipieren. Das ist einfach gesagt natürlich Verzinsung.
    Ist mein Produkt zu Risikoreich werde ich kein Geld bekommen oder ich muss höhere Zinsen anbieten wegen dem höheren Risiko oder ich muss mein Model überarbeiten.

    Diese Art direkte Finanzierung "growlending" läuft stark in der Schweiz, OHNE Banken.
    Aber die Hypi mausert sich zur Fintech Bank
    http://www.finews.ch/news/banken/24475-crowdlendin...

    die Notenbanken, verfälschen dies permanent

    Tony lies mal hier

    Man kann den Zins nicht «abschaffen»
    Von LvMID – 12. November 2014
    www.misesde.org/?p=8872

    Negative Zinsen sind das Rezept für eine Katastrophe
    Von LvMID – 23. Mai 2016
    www.misesde.org/?p=12783

    oder auch hier
    www.oliverjanich.de/die-drei-hauptirrtumer-der-zinskritiker

    13:26 Uhr, 10.01. 2017
  • Ragazzo
    Ragazzo

    Diversifikation ist im Aktienhandel selbstverständlich. Niemand wird sein Geld - ob viel oder wenig - allein in Euros anlegen, dazu sind die politischen Risiken zu gross. Das ist aber inzwischen in aller Welt so. Deshalb sollte man nicht von Flucht reden, schließlich gibt es keine sicheren Häfen mehr. Die Geschäfte mit Tresoren florieren zur Zeit. Bargeld und Gold im Tresor, davon versprechen sich viele die nötige Sicherheit. Doch auch das wird im Ernstfall ein Reinfall.

    10:48 Uhr, 10.01. 2017
  • Ragazzo
    Ragazzo

    Irgendetwas stimmt mit uns nicht, wenn eine Twitter - Nachricht Märkte bewegen kann.

    Wer kann uns einmal darlegen, was ein US - Präsident im Alleingang darf und was nicht ?

    Obama musste jedesmal schwer kämpfen, wenn er die Schuldengrenze wieder einmal überschritt.

    10:34 Uhr, 10.01. 2017
  • Ragazzo
    Ragazzo

    @qh-breeder: Gottlob ist es sehr schwierig, eine Währung auszuwechseln!

    10:27 Uhr, 10.01. 2017
    1 Antwort anzeigen
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    Mach sie die Augen auf!

    Wenn die linken schon Trump loben, läuft etwas gewaltig schief

    Sahra Wagenknecht lobt Donald Trump im Bundestag und spricht von Merkels "Lügenmärchen"

    Veröffentlicht am 24.11.2016

    22:37 Uhr, 09.01. 2017
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    "Du hast es nicht verstanden. Das größte Problem ist, dass Gold manipuliert werden kann...
    Dass der Dollar mal gegenüber den anderen Fiatwährungen gewinnt, ist eine Momentaufnahme. Dieser Vergleiche Euro Dollar ist wie Pest mit Cholera zu vergleichen, heißt, der Dollar ist nur so stark, weil die anderen Fiat- Währungen noch schwächer sind. Das wird nicht so bleiben, denn die USA hat jede Menge Schulden und muss noch mehr machen. Obama musste in den letzten 8 JAhren 10 Bio Schulden machen, die nächsten acht Jahre werden die Schulden sicher mehr bis zu 20 Bio ausgeweitet werde"

    .

    doch hab ich, wie ich schrieb, bleibt dem Dollar noch Zeit, weil alle weltweit daran glauben.
    Mir ist klar das der Dollar massiv entwertet werden muss, das wird Trump

    nicht mit der FED hinbekommen, sie arbeitet gegen ihn. Er brauch aber

    einen schwachen Dollar um die Wirtschaft anzukurbeln. Das ist mir klar.
    Kurzfristig wird der Dollar trotzdemn steigen und die FED wird mit höheren Zinsen das in kauf nehmen.
    FED und Trump sind nicht auf einer Wellenlänge.
    Und da kommt Peter Thiel ins speil welcher das Zentralbankensystem nicht gut heißt. Sie seine Biographie

    wie wurde er dar gestellt?
    http://www.rp-online.de/politik/ausland/...ede-der-welt-aid-1.6496201

    Diese

    Menschen haben die Schnauze voll von den Zentralbanken und die

    politische Einlussnahme auf die weltweiten Märkte. Damit die

    Manipulation der Märkte

    21:57 Uhr, 09.01. 2017
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    Gib

    mir die Macht über die Währung eines Landes und es ist egal wer dessen Gesetze macht“: Harvey Friedman über das System der Rothschilds
    “Gib mir die Kontrolle über das Geld einer Nation und es interessiert
    mich nicht, wer dessen Gesetze macht.”
    – Mayer Amschel Rothschild (1744-1812), Gründer der
    Rothschild-Banken-Dynastie

    Tony, viel wahres an deinem Beitrag.... nur wieso soll das der BTC ändern. Für mächtigen Clans währe es doch ein Klacks sich die Masse an BTC zu sichern., der Rest für den Pöbel. Wäre wie jetzt wie im Fiat System, nur unter einem anderen Namen!!!! Kann mich ja täuschen und alles ändert sich zum Guten für Alle, nur fehlt mir der Glauben daran!
    .

    Besser GLAUBEN an das FIAT WERTE VERNICHTUNGSSYSTEM! Bleiben sie dabei es wird sie sicher nciht belohnen.

    21:47 Uhr, 09.01. 2017
  • 1 Antwort anzeigen
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    Warum kommt es zur Hyperinflation

    nun die Euro's werden auf den Markt geworfen PLUS Draghi

    Das Kapital flieht!!!!

    20:19 Uhr, 09.01. 2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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