Analyse
22:30 Uhr, 10.05.2010

Panik im Hühnerhaufen, Panik im Hühnerhaufen

Die Europäische Zentralbank (EZB) beschreitet neue Wege. Man könnte das aber auch ganz anders formulieren und etwa sagen: Panik macht sich breit. Wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen springt die Zentralbank von einer Rettungsmaßnahme zur nächsten. Was gestern dementiert wurde, das wird heute ins Gegenteil verkehrt. Was erst vor ein paar Tagen als sicher galt, ist schon heute nicht mehr das Papier wert, auf dem es geschrieben stand. In ihrer Verzweiflung wird die EZB zu Schritten getrieben, deren Folgen niemand auch nur ansatzweise abschätzen kann.

Sehen wir uns das an:
Noch im Januar und April hatte EZB-Präsident Trichet Hilfen für Griechenland ausgeschlossen. Anfang Mai folgte die Kehrtwende um 180 Grad: Plötzlich wurden die Griechenland-Hilfen nicht nur befürwortet. Griechische Staatsanleihen werden seither unabhängig von ihrem Rating als Sicherheiten akzeptiert. Ein einmaliger Vorgang, der den Statuten der Zentralbank zuwiderläuft.
Doch das ist noch nicht alles. Seit heute, Montag, 10. Mai 2010, kaufen Bundesbank und Europäische Zentralbank Staatsanleihen direkt auf, um den Euro zu stützen. Die historisch einmalige Maßnahme flankiert einen Beschluss der Euroländer, die 750 Milliarden Euro bereitstellen wollen. Mit dem Geld soll der Euro vor den „Angriffen der Spekulanten geschützt werden“, wie es heißt.

Damit geschieht nun genau das Gleiche, wie im Sommer 2007, dem Zeitpunkt, als die Weltfinanzkrise mit den Verwerfungen auf dem US-Immobilienmarkt begonnen hatte: Nicht die Politiker beherrschen das Geschehen – es ist genau umgekehrt: Die Ereignisse zwingen die Politiker zu immer neuen Verzweiflungstaten. Wie der erste Teil des Dramas ausgegangen ist, das wissen wir: Die Banken konnten nur „gerettet“ werden, weil die Staaten die faulen Kredite der Finanzhäuser in ihre Bilanzen genommen haben. Die Euro-Schwäche ist nur eine der Folgen dieser Großtat.

Die Begründung, die für die historisch einzigartigen Schritte der Euro-Stützung ins Feld geführt wird, umweht ein Hauch von Ahnungslosigkeit: Der Euro soll vor den Angriffen der Spekulanten geschützt werden? Es scheint sich noch nicht bis in die obersten Bankerkreise herumgesprochen zu haben, dass die bösen Spekulanten gar nichts zu spekulieren hätten, hätten EZB und Bundesbank ihre Hausaufgaben gemacht. Das Paket ändert rein gar nichts an der Tatsache, dass die Zahlungsfähigkeit mehrerer Euro-Staaten bedroht ist. Letzten Endes müssen die Länder ihre Haushalte in Ordnung bringen. Das Paket verschafft ein wenig Luft zum Atmen, sonst nichts.

Man möchte den Akteuren deshalb einen Rat des früheren Bundeswirtschaftsministers Karl Schiller in Erinnerung rufen. Der SPD-Politiker gilt als einer der fähigsten Männer, die Deutschland in dieser Funktion jemals gedient haben. Schiller sagte sinngemäß: Wenn Spekulanten ein Ungleichgewicht erkennen, und dagegen spekulieren, dann darf man nicht die Spekulanten bekämpfen - denn diese weisen nur darauf hin, dass die Dinge nicht mehr richtig funktionieren. Man muss die Politik verändern, die zu diesen Ungleichgewichten geführt hat.

Karl Schiller, gilt bis heute als einer der fähigsten Wirtschaftsminister, die Deutschland je gedient haben. Zum Euro würde Schiller heute sagen: „Das Problem sind nicht die Spekulanten, das Problem ist die Politik“!

Leider tun unser Politiker jetzt das genaue Gegenteil: Anstatt das Problem an der Wurzel zu packen, wird der „Rettungsschirm“ noch einmal vergrößert. 750 Milliarden sollen es jetzt richten.

Fällt Ihnen das auch auf? Seit dem Sommer 2007 werden die Summen, die notwendig sind um angeblich irgendetwas zu retten, immer astronomischer. Jetzt also 750 Milliarden Euro.

Was das bewirken wird, das ist schon heute absehbar: Da unsere Politiker offenbar unfähig sind, den einmal eingeschlagenen Weg zu ändern, sondern das altbekannte Rezept ergreifen, und mit noch mehr Geld Probleme beseitigen wollen, die durch zuviel Geld erst entstanden sind, ist eine weitere Zuspitzung der Katastrophe unausweichlich.

Es wird deshalb auch diesmal so laufen wie schon 1907 und auch 1929, als ähnlich radikale Eingriffe in die Finanzmärkte scheiterten, seinerzeit initiiert von den Bankern um JP Morgan: Nach einem Strohfeuer setzten sich die Probleme mit umso größerer Dynamik fort. Deshalb sehen wir jetzt eine kurzfristige Erleichterung, die Börsianer jubeln und der Euro steigt – aber warten Sie einmal ab, wie das in zwei Woche aussieht. Oder in zwei Monaten…

Wie wir die Lage jetzt einschätzen und was wir unseren Lesern raten, das lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs, die vor wenigen Tagen erschienen ist.

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Zum Autor:
Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG, und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs. Börsenbrief und Aktienclub, das komplette Servicepaket für die Freunde antizyklischer Anlagestrategien! Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de und www.antizyklischer-aktienclub.de

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