Kommentar
16:45 Uhr, 01.02.2022

Overnight Impressionen: Energiepreise verhindern stärkeren Inflationsrückgang

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Etwas zurückhaltendere Einlassungen zum Leitzinsausblick einiger Fed-Vertreter verhalfen den amerikanischen Aktienmärkten gestern zu ihrem zweiten kräftigen Gewinntag hintereinander. In der Eurozone hingegen nahmen die Markterwartungen von Zinsanhebungen durch die EZB nach Veröffentlichung der Inflationszahlen aus Deutschland und Spanien deutlich zu. In diesem Umfeld konnte EUR-USD sichtbar zulegen. Ein dichter Datenkalender kennzeichnet den heutigen Handelstag, wenngleich es ausnahmsweise mal an den ganz großen Highlights mangelt. Mit den Inflationszahlen für die Eurozone (morgen), den Entscheidungen der EZB sowie der Bank of England am Donnerstag und dem amerikanischen Beschäftigungsbericht am Freitag bleibt der weitere Wochenverlauf aber höchst spannend.

Seit der Pressekonferenz der Federal Reserve Mitte vergangener Woche bekamen die Beobachter den Eindruck, die Notenbankvertreter würden sich in hawkishen Einschätzungen zum Leitzinsausblick gegenseitig überbieten wollen. Diese Wahrnehmung erreichte ihren vorläufigen Höhepunkt, als der Chef der Fed Atlanta, Raphael Bostic, in einem Interview mit der Financial Times am Sonntag sowohl die Möglichkeit von 50 Bp-Zinsschritten als auch die Variante von Zinsanhebungen bei jedem FOMC-Treffen erörterte. Bostic selbst versuchte gestern jedoch, diese Einlassungen ins rechte Licht zu rücken. Zinsanhebungen um 50 Bp stellten nicht seine Erwartung dar, in seiner Grundannahme gehe er weiterhin von lediglich drei Zinsschritten im Umfang von jeweils 25 Bp in diesem Jahr aus. Drei weitere Fed-Vertreter (Mary Daly von der Fed San Francisco, Esther George von der Fed Kansas City und Thomas Barkin von der Fed Richmond) äußerten sich ebenfalls etwas vorsichtiger, was den geldpolitischen Straffungszyklus in diesem Jahr betrifft. Im Markt (ausweislich der Geldmärkte) gelten aktuell Zinsanhebungen im Ausmaß von 125 Bp in diesem Jahr als eingepreist, wobei einem anfänglichen Schritt um 50 Bp im März eine Wahrscheinlichkeit von etwas mehr als 50 Prozent zugerechnet wird. Den Aktienmärkten in den USA reichten die vorsichtigeren Einlassungen der Fed-Vertreter, um ihre Erholungsrallye vom vergangenen Freitag fortzusetzen. Der Nasdaq 100 stieg den zweiten Tag in Folge um mehr als 3 %, und der S&P 500 um fast 2 %.

Anders das Bild in der Eurozone: Hier waren es die Inflationszahlen für Januar aus Deutschland und Spanien, welche die Anleger zu einer Neujustierung ihrer Erwartungen bezüglich der EZB-Politik veranlassten. In beiden Ländern gingen die Jahresteuerungsraten im Vergleich zum Dezember zurück, jeweils jedoch weniger stark als allgemein erwartet worden war. In Deutschland lag die Inflationsrate im Januar (nach vorläufiger Berechnung des Statistischen Bundesamts) bei 4,9 %. Im Dezember lag diese noch bei 5,3 %. Von vielen Beobachtern war allerdings ein deutlich stärkerer Rückgang in die Region um 4½% erwartet worden. Hauptgrund für die erwartete Abschwächung des Preisdrucks war der Basiseffekt, nachdem die Folgewirkungen des im zweiten Halbjahr 2020 vorübergehend reduzierten Mehrwertsteuersatzes aus der Berechnung der Jahresänderungsrate herausgefallen waren. Jedoch hatte sich bereits abgezeichnet, dass ein erneuter Anstieg der Energiepreise das Ausmaß dieses Basiseffekts schmälern würde. Unter dem Strich ist der Anteil der Energiepreise an der gesamten Inflationsrate im Januar noch stärker geworden. Auch die heute früh veröffentlichten Inflationszahlen für Frankreich übertrafen die Erwartungen der Volkswirte. Morgen werden die Preisdaten für die gesamte Eurozone veröffentlicht, und am Mittwoch wird die EZB verkünden, wie sie die jüngsten Preisentwicklungen und den weiteren Inflationsausblick einschätzt.

Der stärker als erwartete Verbraucherpreisanstieg in Deutschland löste am Bundmarkt eine kräftige Anpassung aus: Die 2J Bundrendite kletterte um 8 Bp und markierte damit den stärksten Tagesanstieg seit den Marktturbulenzen im März 2020. Einige Kurssysteme weisen für heute einen erneuten Renditeanstieg um weitere 5 Bp aus, dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Finanzagentur heute einen neuen 2-jährigen Schatz mit einer entsprechend längeren Laufzeit auf den Markt bringen wird. Allein der Laufzeiteffekt zeichnet für eine um etwa 6 Bp höhere „2-Jahres Bundrendite“ verantwortlich. Die 10J Bundrendite stieg gestern „nur“ um 5 Bp, schloss bei +0,01 % aber erstmals seit Mai 2019 wieder in positivem Bereich. Im Sog des Renditeschubs konnte sich EUR-USD deutlich erholen und kletterte von Kursen um 1,1140 auf zuletzt 1,1260.

Im weiteren Tagesverlauf bekommen wir etliche Datenveröffentlichungen, so die Bank Lending Survey der EZB, die finalen Manufacturing-PMIs für die Eurozone oder den JOLTS-Bericht aus den USA. Die wichtigste Frage im Markt wird aber wohl sein, ob es den Aktienmärkten gelingen wird, sich auf ihren erholten Niveaus zu stabilisieren…

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