Kommentar
18:00 Uhr, 27.11.2014

OPEC-Treffen in Wien: Brent unter massivem Druck

Erwähnte Instrumente

  • Brent Crude Öl
    ISIN: XC0009677409Kopiert
    Kursstand: 71,48 $/Barrel (Deutsche Bank Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Kursstand: 68,17 $/Barrel (Deutsche Bank Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

• Heute haben sich die Vertreter der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) in Wien zur Beratung getroffen. Die Zusammenkunft war an den Kapitalmärkten selten so sehr im Vorfeld von Diskussionen geprägt wie die heutige 166. Sitzung. Dies ist vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen an den Rohölmärkten keineswegs überraschend. Wie vor wenigen Augenblicken bekannt gegeben wurde, hat sich die OPEC gegen eine Kürzung der Fördermenge entschieden und das Produktionsziel bei 30 Mio. Barrel pro Tag belassen. Nachdem der Brentpreis bereits im Vorfeld der Sitzung mächtig unter Druck kam, sackte die Nordseemarke im Nachgang der Meldung sogar weiter, auf den schwächsten Wert seit mehr als vier Jahren, ab.

• Die Ursachen für den Preisverfall sind vielschichtig: Im Kern muss festgehalten werden, dass der rasante Absturz der Notierungen keinesfalls allein durch Fundamentalfaktoren zu erklären ist. So ist am aktuellen Rand zwar ein üppiges Überangebot zu konstatieren. Allerdings gibt es auch Anzeichen von Übertreibungen. Die trotz anhaltender geopolitischer Verspannungen abgeschmolzenen Risikoprämien in den Preisen für Brent und das US-Pendant WTI haben den Verfall begünstigt – dies aber möglicherweise etwas zu rasant. Zudem hat sich nach unserer Einschätzung am Rohölmarkt zusätzlich eine etwas zu pessimistische Sichtweise auf die globale Wirtschaftsaktivität durchgesetzt. Im Zuge von freundlicheren Konjunkturzahlen – beispielsweise aus den USA und China – sollte sich dieses Bild der Lage etwas relativieren.

• Die heutige Entscheidung dürfte keine einhellige gewesen sein. Einige OPEC-Mitgliedsländer stehen derzeit erheblich unter Druck. Der sinkende Rohölpreis macht der Einnahmeseite von Rohölexporteuren schwer zu schaffen. Entsprechend wurden Forderungen nach Förderkürzungen immer lauter. Dies galt z. B. für Venezuela, das unter abschmelzenden US-Dollarreserven leidet. Außenminister Ramírez hat im Vorfeld des OPEC-Treffens bereits die sprichwörtliche Werbetrommel gerührt und sich auf die Suche nach Unterstützern für eine Förderkürzung begeben. Er bezifferte das derzeitige Überangebot am Rohölmarkt auf 2 Mio. Barrel pro Tag. Wie sich vor wenigen Minuten herausstellte waren seine Ambitionen vergebens.

• Auch aus Moskauer Sicht ging der Ölpreis zuletzt in die falsche Richtung. Der Rubel geriet im Zuge der Marktentwicklungen ebenfalls unter Druck. Entsprechend hätte Russland eine Drosselung der Ausbringungsmenge in die Karten gespielt. Wie russische Medien berichteten, spielte man in Moskau mit dem Gedanken einer reziproken Drosselung der eigenen Produktion. Genau hier leitet sich im Kern auch das Dilemma der OPEC ab, deren Marktmacht nicht zuletzt durch den Ölboom in Nordamerika erodiert ist. Die Zeiten, in denen das Kartell den globalen Rohölnotierungen durch Absprachen bei den Fördermengen die Richtung vorgeben konnte, sind anscheinend vorbei.

• Fazit: Die Rohölmärkte stehen weiter unter massivem Druck. Die OPEC hält an der Förderquote fest und befeuert damit den Preisverfall. Die heutige Ankündigung kann als Indiz dafür gewertet werden, dass der Länderverbund erheblich an Marktmacht eingebüßt hat. Die nächste OPEC-Sitzung findet im Juni statt. Zwischenzeitlich wird sich der Blick in Richtung Nordamerika richten. Hier könnte der Preisverfall spürbaren Gegenwind für die Frackingindustrie bedeuten. In der Tendenz spricht dennoch einiges für dezent anziehende Notierungen – aber erst wenn die Märkte ihren Boden gefunden haben. Zur Jahresmitte 2015 sollte der Brentpreis wieder in Sichtweite der Schwelle von USD 90 je Barrel stehen.

Quelle: Nord/LB

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