OPEC behält restriktive Förderpolitik bei
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1. Die OPEC hat auf ihrem Treffen am Mittwoch beschlossen, die Förderquoten wie geplant per 1. April um 1 Million Barrels pro Tag (mbd) auf nunmehr 23,5 mbd zu senken. Die OPEC hält damit trotz des hohen Ölpreises zumindest auf dem Papier an ihrer restriktiven Förderpolitik fest. Der Markt reagierte auf diese Entscheidung kaum. Zwar war in den letzten Tagen eine leichte Entspannung bei der Preisentwicklung zu verzeichnen, diese war jedoch größtenteils auf die günstige Entwicklung der Lagerbestände in der vergangenen Woche zurückzuführen. West Texas Intermediate (WTI) bzw. Brent Blend notieren aktuell bei 34,27 USD/bbl bzw. 31,98 USD/bbl.
2. Die OPEC argumentiert weiterhin, dass der Markt ausreichend mit Öl versorgt und der Preisanstieg der vergangenen Monate überwiegend spekulativ getrieben ist. In gewisser Weise hat sie damit sogar recht. Wirft man einen Blick auf die Positionierung der Spekulanten an der New Yorker Terminbörse NYMEX, so befinden sich die dort gehaltenen Long-Positionen tatsächlich auf historischen Höchstständen. Unseren Modellschätzungen zufolge wird der Preis dadurch um 4 bis 5 USD/bbl nach oben verzerrt. Gleichzeitig muss sich die OPEC aber auch den Vorwurf gefallen lassen, dass sie durch ihre völlig überraschenden und undurchschaubaren Entscheidungen im September 2003 und im Februar 2004 die Spekulanten geradezu dazu ermutigt hat, auf steigende Preise zu wetten. Mit ihrer gestrigen Entscheidung hat sie erneut dazu beigetragen, dass die Spekulanten, bei denen es sich überwiegend um Hedge- Fonds handelt, vorerst keine Veranlassung sehen, ihre Positionen in großem Maße zu liquidieren, was schließlich einen starken Ölpreisrückgang zur Folge hätte.
3. Daneben befürchten die OPEC-Fördernationen aber auch, dass sich im zweiten Quartal ein Angebotsüberhang aufbauen könnte, der schließlich zu einem zu starken Preisrückgang führen könnte. Auch hier sind die Sorgen der OPEC nicht ganz unbegründet, denn tatsächlich ist die Nachfrage im zweiten Quartal saisonbedingt am schwächsten. Produktionskürzungen sind daher unumgänglich. Doch selbst wenn man die Nachfrage-Prognosen für OPEC-Öl der Internationalen Energieagentur heranzieht, welche die tatsächliche Nachfrage systematisch unterschätzen, so sind diese immer noch höher als die aktuelle Förderquote. Würde sich die OPEC daher tatsächlich an die neuen Förderquoten halten, würde dies den Ölmarkt in arge Bedrängnis bringen. Ein noch stärkerer Preisanstieg wäre unweigerlich die Folge. Um dies zu verhindern, wird die OPEC daher auch in den nächsten Monaten überproduzieren, was natürlich auf Kosten ihrer Glaubwürdigkeit geht. Dies wird allerdings so lange kein Problem sein, wie es ihr gelingt, das Angebot gerade so knapp zu halten, dass es für Spekulanten zu riskant wäre, auf fallende Preise zu wetten.
4. Ausschlaggebend für die weitere Preisentwicklung werden daher auch in den kommenden Monaten die Lagerbestände sein. Dort zeichnet sich seit einigen Wochen zumindest bei den Rohöllagerbeständen eine leichte Entspannung ab. Durch Rekordimporte konnten sich die Bestände von historischen Tiefständen langsam in Richtung annähernd normaler Niveaus bewegen. Weniger erfreulich stellt sich die Entwicklung hingegen bei den Benzinlagerbeständen dar. Diese müssten in den nächsten Wochen und Monaten für die anstehende "Driving Season" im Sommer aufgebaut werden, um die Benzinversorgung zu gewährleisten. Derzeit ist von einem derartigen Aufbau allerdings noch wenig zu sehen. Dies mag einerseits daran liegen, dass im März traditionell viele Raffinerien aufgrund von Wartungsarbeiten nur bedingt einsatzfähig sind. Andererseits sorgen neue Umweltbestimmungen, welche zu Beginn des Jahres in wichtigen US-Bundesstaaten in Kraft traten, für zusätzliche Schwierigkeiten beim Lageraufbau. Unklar ist derzeit auch noch, wie stark sich eine Explosion in einer der größten Raffinerien in Texas auf die weitere Benzinproduktion auswirken wird. Fakt ist jedenfalls, dass dieser Ausfall zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt kommt.
5. Für unsere Ölpreisprognose bedeutet dies, dass wir in den nächsten Wochen bis Monaten lediglich eine leichte Entspannung bei der Ölpreisentwicklung sehen werden. Dafür sollte einerseits der saisonal bedingte Nachfragerückgang sorgen. Andererseits gehen wir davon aus, dass sich auch bei den Rohöllagerbeständen eine leichte Entspannung abzeichnen sollte. Im ersten Halbjahr erwarten wir daher einen Ölpreis von durchschnittlich 34 USD/bbl bzw. 31 USD/bbl für WTI bzw. Brent Blend. Eine weitere Entspannung erwarten wir in der zweiten Jahreshälfte, wenn sich die Preise auf durchschnittlich 30,5 USD/bbl bzw. 28,5 USD/bbl für WTI bzw. Brent Blend zurückbilden sollten.
6. Ein Faktor, den man bei der mittelfristigen Beurteilung der Lage am Ölmarkt nicht außer Acht lassen sollte, ist die Frage der strategischen Rohölreserven. Derartige Reserven wurden nach der ersten Ölkrise in den Siebzigerjahren ist fast allen Industrieländern aufgebaut, um im Falle von weitreichenden Lieferausfällen die weitere Ölversorgung gewährleisten zu können. Gerade diese strategischen Rohölreserven stehen nun im Mittelpunkt des Interesses. Die Geschichte ist nicht neu, es gab lediglich einen Wechsel bei den beteiligten Akteuren: Beim letzten Präsidentschaftswahlkampf sahen sich die Demokraten mit einem starken Ölpreisanstieg konfrontiert. Auch damals ausgelöst durch die restriktive Förderpolitik der OPEC, drohte der hohe Ölpreis die Wirtschaft in die Rezession zu stürzen. Daraufhin gab Präsident Clinton einen Teil der strategischen Rohölreserven frei, um den Druck auf den Ölpreis zu vermindern. Präsident Bush hat sich bisher standhaft geweigert, einen Teil der Reserven freizugeben. Im Gegenteil: Er hält weiter an seinem Beschluss fest, die Reserven bis zur maximalen Lagerkapazität von ca. 700 Millionen Barrels aufzustocken. Diese Strategie könnte ihm nun zum Verhängnis werden. Denn bereits vor einigen Wochen haben Kongressabgeordnete der Demokraten einen Antrag eingebracht, der die weitere Auffüllung vorerst stoppen soll. Sie argumentieren damit, dass dem ohnehin engen Ölmarkt dadurch zusätzliches Angebot entzogen und der Ölpreis dadurch noch stärker nach oben getrieben wird.
Hinzu kommen Vorwürfe, dass sich Präsident Bush durch sein undiplomatisches Vorgehen im Nahen Osten innerhalb der OPEC sehr viele Feinde gemacht hat. Ergänzt wird dies durch Anschuldigungen, dass seine Energiepolitik bisher nur der Ölindustrie (aus der Bush und andere Mitglieder seines Kabinetts ursprünglich kommen) zu Gute kam, der Konsument dafür jedoch einen hohen Preis bezahlen muss. Fakt ist, dass sich selbst Saudi Arabien, welches lange Zeit als Preistaube galt und die Förderpolitik in der Vergangenheit oft zugunsten eines tendenziell niedrigeren Ölpreises und damit auch zugunsten der USA beeinflusste, in letzter Zeit wenig kooperativ zeigt und sich hinter verschlossener Tür sogar zu einem Preisfalken entwickelt hat. Je enger der Wahlkampf wird, und je länger der Ölpreis auf hohem Niveau verharrt, desto wahrscheinlicher wird es, dass sich Präsident Bush doch noch für eine bedingte Öffnung der strategischen Reserven entscheidet. Dies könnte zumindest kurzfristig für eine Entspannung bei der Preisentwicklung sorgen. Wie man bereits vor vier Jahren sah, war dieser Effekt allerdings nicht von allzu langer Dauer.
7. Fazit: Die Lage am Ölmarkt bleibt weiter spannend und Preise über der magischen 30-Dollar Marke werden auf absehbare Zeit die Norm bleiben. Trotz der leichten Entspannung bei den Lagerbeständen an Rohöl werden wir die Entwicklung bei den Benzinlagerbeständen sehr kritisch im Auge behalten. Hier sehen wir das Risiko, dass es vor allem in den USA in den Sommermonaten zu starken Preisanstiegen kommen könnte. Es könnte dabei sogar zu einer Entkoppelung des engen Zusammenhangs zwischen der Rohöl- und Benzinpreisentwicklung kommen. Eine Benzinpreisspirale nach oben ist für die USA in den Sommermonaten nicht auszuschließen.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 131 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands.
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