Kommentar
07:13 Uhr, 21.11.2020

Boom im Onlinehandel: Ist das starke Wachstum bald vorbei?

Der Onlinehandel profitierte von der Coronakrise. Es hat einen bestehenden Trend weg vom stationären Einzelhandel beschleunigt. Der Trend ist allerdings weniger robust als viele denken.

Der Marktanteil des Onlinehandels ist 2020 sprunghaft angestiegen. Vor der Krise lag der Marktanteil in den USA bei 11,3 %. Als Geschäfte schließen mussten und Konsumenten nichts anderes übrigblieb als online einzukaufen, schnellte der Marktanteil auf fast 17 % in die Höhe. Dieses Phänomen war überall auf der Welt zu beobachten. In China lag der Marktanteil bereits vor der Krise bei 20,7 %. Während der Krise stieg dieser auf 26 %. Wieso der Onlinehandel in der Krise boomte, ist klar. Einkaufen muss man auch während einer Krise, doch wenn die Geschäfte geschlossen sind, geht es eben nur im Internet. Anleger hat das euphorisiert. Die Aktienkurse so manchen Onlinehändlers vervielfachte sich. Das trug der besondere Lage Rechnung. Ein Ende dieser besonderen Lage ist 2021 absehbar. Nun ist für Anleger interessant, ob sich der Trend auch so fortsetzt. Die Aktienkurse reflektieren anhaltend hohes Wachstum.


Das Argument dafür ist klar: dem Onlinehandel gehört die Zukunft. Die Krise hat diesen Trend lediglich beschleunigt. Die Daten untermauern diese These nicht eindeutig. In China wächst der Onlinehandel aktuell mit 9,7 % auf Jahressicht. Vor der Coronakrise lag das Gesamtwachstum im Einzelhandel bei 8 %.

Das Wachstum im Onlinehandel ist also nicht mehr wesentlich höher als das Wachstum der Gesamtausgaben. Früher oder später musste das geschehen. Der Onlinehandel kann nicht auf immer und ewig schneller wachsen als die Gesamtausgaben. Andernfalls würde der Marktanteil irgendwann 100 % übersteigen. Das geht nicht.

In China scheint das Wachstum im Onlinehandel bei einem Marktanteil von 26 % zum Gesamtwachstum zu konvergieren (Grafik 2). Dieser Interpretation ist vielleicht dem einen oder anderen zu pessimistisch. Die Gesamtumsätze wachsen noch deutlich langsamer. Daher bleibt eine positive Differenz zugunsten des Onlinehandels. Die Outperformance setzt sich fort.


Auch in den USA ist das der Fall. Das Wachstum kam nach Öffnung der Geschäfte wieder etwas zurück. Inzwischen scheint es sich auf hohem Niveau zu stabilisieren (Grafik 3). In den USA und auch Europa ist der Marktanteil allerdings noch insgesamt geringer. Hier besteht noch Potenzial.

Für Anleger ist langfristig von Bedeutung, wo sich der Marktanteil einpendelt und nicht mehr wächst. Dies kann bei einem Viertel sein oder auch bei 50 %. Da China der Welt in dieser Hinsicht voraus ist, lohnt sich eine genaue Beobachtung der Lage. Kann der Onlinehandel selbst in China nicht mehr überdurchschnittlich wachsen, ist eine Sättigung eingetreten.

Diese Sättigung ist momentan noch nicht eindeutig erkennbar. Anleger haben in den letzten Monaten ein Szenario eingepreist, bei dem die Sättigung noch nicht einmal am Horizont zu erkennen ist. Stattdessen sehen sie eine permanente Beschleunigung. Auch für dieses Szenario ist die Beweislage alles andere als eindeutig. Das Urteil steht noch aus. Die sehr hohen Erwartungen könnten sich allerdings als etwas zu hoch herausstellen.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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