Kommentar
00:00 Uhr, 11.02.2009

Österreichs Bankprobleme im Osten – oder die Milliardenverluste gefährden auch unseren Staat

Erinnern Sie sich noch an die Anfangszeiten der Rettungspakete? Deutschland beschloss 500 Mrd. und Österreich 100 Mrd. zur Rettung der Banken. Die meisten haben sich nichts dabei gedacht und waren einfach nur von den riesigen Zahlen beeindruckt. Ich war damals ziemlich überrascht. Deutschland hat zehnmal mehr Einwohner als Österreich, aber benötigt nur ein fünfmal so großes Paket zur Rettung (offiziell natürlich Stabilisierung) der Banken? Irgendetwas muss in Österreich somit falsch laufen, sonst brauchen wir nicht so ein großes Rettungspaket. Mein Gefühl sagte mir, dass dieses mit Osteuropa zu tun haben könnte. Offensichtlich habe ich mich (leider) nicht getäuscht.

Heute möchte ich die größten Risiken der österreichischen Banken in Osteuropa darstellen. In anderen Regionen sind andere Probleme dominierend, aber es lässt sich immer wieder auf die Punkte zuviel Kredit und somit zuviel Risiko zurückführen.

1) Firmenwerte – zu schnelles und teures Wachstum

Man sollte denken, dass Banken den Wert von anderen Banken gut beurteilen können. Weit gefehlt. Österreichs Banken haben zu teilweise Phantasiepreisen Banken in Osteuropa gekauft und bekamen großen Applaus von den Analysten und Investoren. Ich habe mich bei einigen dieser Käufe nur gewundert. Dies führte zu hohen „Firmenwerten“ (Goodwill), da mehr gezahlt wurde als die gekauften Firmen gemäß den Bilanzen wert waren. Jetzt haben sich die Phantasiewerte in Luft aufgelöst und beträchtliche Firmenwertabschreibungen werden folgen.

Die größte Firmenwertabschreibung einer Bank musste die Royal Bank of Scotland vor kurzem bewältigen. So gab man im Jänner bekannt, dass man für die Übernahme der ABN AMRO aus 10/07 eine Abschreibung auf den Firmenwert von 15-20 Mrd. Pfund vornehmen wird müssen. (15 Monate nach der Übernahme – welch ein Wahnsinn!!)

Wie sehen die Firmenwerte der drei großen österreichischen Ostbanken aus? Ich habe mir dazu die Bilanzen von Bank Austria (BA), Erste und Raiffeisen International (RI) angesehen und die Firmenwerte ins Verhältnis zum Eigenkapital gestellt.

31.12.07 30.09.08
BA 25,3 % 34,4 %
Erste*) 52,3 % 44,4 %
RI 11,4 % 10,7 %

*) der Prozentsatz für die Erste basiert auf dem Wert für die Immateriellen Vermögenswerte anstelle des Firmenwerts, da dieser nicht veröffentlich wurde; dies wird in der Berechnung aber nur einen Unterschied hinter dem Komma bewirken

Man sieht hier gewaltige Unterschiede. Während RI von den Firmenwertabschreibungen relativ geringe Probleme bekommen wird, sieht das bei BA und Ersten schon etwas anders aus. Die Erste wird bei der rumänischen Tochter und die BA wird in der Ukraine, Kasachstan, Russland und anderen Ländern einiges abschreiben müssen. Wir reden hier jedenfalls von ganz gewaltigen Beträgen und es wird hier die eine oder andere Milliarde schon zusammenkommen. Per 30.9. betrugen die Firmenwerte bei der BA 5,5 Mrd., bei der Ersten 5,7 Mrd. und bei der RI 0,8 Mrd. 2) Kreditrisiken steigen auf Grund des Wirtschaftsabschwunges

Die FAZ zitiert im Artikel „Konvergenzphase im Osten verflogen“ vom 6.2.09 eine Studie von Goldman Sachs. In dieser ermitteln die Analysten die möglichen Spitzen für notleidende Kredite in den einzelnen osteuropäischen Ländern. Hier die Zahlen:

Tschechien, Polen, Slowakei und Slowenien: 10 %
Ungarn, Russland, und Litauen: 20 %
Estland, Lettland, Bulgarien, Rumänien, Kroatien, Ukraine und Kasachstan: 30 %

Bitte denken Sie über diese Zahlen nochmals nach! Man rechnet mit Ausfällen zwischen 10 – 30 %. Bei einer Eigenkapitaldecke von unter 10 % ist fast jede Bank in dieser Region somit konkursgefährdet – nicht nur die österreichischen Banktöchter.

3) Kapitalimport

Die Staaten Osteuropas galten als aufstrebend. Es gibt keinen „alten Geldadel“ oder eine entsprechende Mittelschicht mit beträchtlichem Kapitalvermögen und Sparguthaben, um den Aufschwung zu finanzieren.

Das benötigte Geld kam aus dem Westen, über die westlichen Banken und andere Investoren, die Aktien, Anleihen und Firmenanteile kauften. Jetzt hat sich die Furcht (teilweise auch Not) im Westen zurückgemeldet und das Kapital wird wieder zurückgeholt. Neben fallenden Preisen für Aktien, Anleihen, Immobilien usw. kommen auch die Währungen unter Druck. Mehr dazu im nächsten Punkt. Das bedeutet Refinanzierungsprobleme für die Banken und Verluste im Aktienhandel usw.

Wem dieses Szenario bekannt vorkommt, der irrt nicht. Alles schon einmal dagewesen. In der Asienkrise der 90er Jahre ist es sehr ähnlich abgelaufen. Zuerst haben die westlichen Staaten Geld in die aufstrebenden Asiatischen Tiger hineingepumpt und dann in kürzester Zeit das Geld wieder abgezogen, was zu einer heftigen Rezession in Asien geführt hat.

4) Währungsrisiko - Fremdwährungskredit

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Ich glaube obige Statistik sagt einiges aus. Was genau ist denn da passiert? In Osteuropa herrschen wesentlich höhere Kreditzinsen als wir es bei Euro, Dollar oder Franken vorfinden. Deshalb haben sich viele Schuldner in ausländischer Währung verschuldet und jetzt bis zu 50 % höhere Schulden als bei Kreditaufnahme.

Das ist das gleiche (wahrscheinlich noch ärger) wie es die Banken bei uns in Österreich machen.
Jetzt haben dort nicht nur die Schuldner ein Problem, sondern auch die Banken, die Tilgungsaussetzungen, Stundungen usw. vornehmen müssen. Eines ist gewiss: Sollte sich die Währungsseite nicht bald wieder beruhigen, kommen hier riesige Verluste auf die Banken zu. (ich habe in früheren Artikeln bereits auf die Risiken von Fremdwährungskrediten hingewiesen und das Beenden der Währungsspekulation auf Kredit empfohlen)

Anbei zwei Währungscharts des Ungarischen Forints zum Euro.

EUR/HUF 6 Monatschart:

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EUR/HUF 10 Jahreschart:

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Beim ersten Chart schaut das noch nicht so ungewöhnlich aus. Aber am 10-Jahreschart sieht man, welch unglaubliche Bewegung der HUF in den letzten Monaten hingelegt hat und jetzt darf sich auch der IWF mit diesen Problemen herumschlagen. Für die Banken kommen hier Währungsverluste zu den Problemen der Fremdwährungskredite natürlich noch dazu.

Die Währungscharts der anderen Ostwährungen sehen ähnlich aus und bergen auch einiges an Risiko.

5) Länder und Banken werden „downgegradet“

In der EU hat es bereits Spanien, Portugal und Griechenland erwischt und die Ratingagentur Fitch senkte das Rating für Russland von BBB+ auf BBB.

Nicht nur die Staaten bekommen ein schlechteres Rating, auch Österreichs Banken kämpfen mit diesem Problem.

Am 29.1. erschien ein interessanter Artikel im österr. Wirtschaftsblatt. Dort wurden die Auswirkungen von Rückstufungen der Bonität der RZB beleuchtet. Es wird ein Downgrading für die RZB erwartet, wofür eine Milliarde Euro zusätzlich für die Deckung von Krediten benötigt würde (zusätzlich zu den Staatsmitteln und der Kapitalerhöhung vom Dezember 08).

Für die anderen Banken gilt natürlich ähnliches, jedoch liegen mir hier keine Daten vor.

Warnungen

Kommt das alles ganz überraschend auf Österreich zu? Natürlich nicht. Es gab genug Leute, die das Risiko des großen Engagements in Osteuropa für unsere Banken sahen.

In den letzten Jahren wurden die österreichischen Banken immer wieder, vor allem vom IWF, vor den Risiken in Osteuropa gewarnt. Es hieß damals, dass Österreich ein zu großes Klumpenrisiko eingeht. Was sagten die Banken bzw. die Zentralbank dazu? Alles kein Problem, Nein es gibt kein Klumpenrisiko, usw. Die Einschätzungen der österr. Experten waren somit total falsch.

Das dürfte auch der Grund sein, warum es in Österreich so wenig Kritik gegenüber den Banken gibt. Aber nachdem alle immer gesagt haben, wie toll diese Investments sind, müssen alle jetzt sehr leise auftreten und wir alle dürfen die Banken mit unseren Steuerzahlungen retten.

Auswirkungen für Österreich

Bevor ich mit den Auswirkungen beginne, noch ein paar Fakten, um die Dimensionen des Problems zu zeigen.

Gem. den letzten Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) beträgt das Obligo der österr. Banken in Osteuropa € 300 Mrd. (inkl. BA). Somit sind 100 % des österr. BIP in den Osten geflossen. Im Vergleich dazu haben deutsche und französische Banken je 7 % ihres BIPs und belgische Institute 32 % des BIPs in Osteuropa investiert. Kein anderer westlicher Staat hat sich derart in den Emerging Markets übernommen. Somit sind die Risiken unsere Banken für den Staat:

Too big to bail

Die bereits erwähnte Goldman Sachs Studie rechnet mit Verlusten der österreichischen Banken im Volumen von 26 Milliarden Euro oder 9,3 % des BIP. (es wird aber dieses Szenario als sehr unwahrscheinlich bezeichnet – na hoffen wir es!) Nachdem ich nicht annehme, dass Firmenwertabschreibungen, Währungsrisiken hier wirklich voll eingerechnet wurden, wird diese Zahl wahrscheinlich gar nicht so unrealistisch sein!

Österreich wird jetzt in der internationalen Wirtschaftspresse mit Ländern wie Griechenland, Großbritannien, Irland und Spanien genannt. Alles Länder mit gewichtigen wirtschaftlichen Problemen. Die „Versicherungsprämie“ für das Österreich Risiko steigt. Die CDS (Credit Default Swap) sind auf Höchstkursen und die Zinsdifferenz zwischen Österreich und Deutschland sind so schlecht wie nie. Somit wird das Schuldenaufnehmen für unseren Herrn Finanzminister immer teurer und schwieriger.

Auch die Tageszeitung „Presse“ spekuliert bereits, ob Österreich das prestigeträchtige Triple-A-Rating verlieren könnte. Die letzte fünfjährige Staatsanleihe brachte einen Risikoaufschlag gegenüber einer vergleichbaren deutschen Bundesanleihen von 77,5 Basispunkten. Ein absoluter Negativrekord, der von Experten mit „Schock“ oder „Österreich zittert“ kommentiert wurde.

In der Presse war vor kurzem ein Artikel mit dem Namen „Wann geht Österreich pleite?“ zu lesen. Darin wird auf das Hilfspaket für die Banken Bezug genommen und die Befürchtung geäußert, dass Steuererhöhungen alleine vielleicht nicht ausreichen werden.

Der Autor des Artikels ist Christian Ortner, eine alter Hase des österreichischen Journalismus. Er beendet sein Werk mit folgendem Absatz:

Wer aber glaubt, dass die wesentlichen Leichen aus den Kellern der Banken ohnehin schon an die Oberfläche geschwemmt worden sind, könnte schon demnächst eine eher ungute Überraschung erleben.
Hr. Ornter gilt als bestens informierter Journalist. Wahrscheinlich ist ihm schon einiges zu Ohren gekommen und wir dürfen gespannt sein, was uns da noch erwartet.

Auch spekuliert man bereits bei der Deutschen Bank, ob Töchter im Osten abgestossen werden müssen.


Conclusio:

Österreichs Banken haben im Moment an allen Fronten Probleme zu bewältigen und kämpfen gerade ums Überleben. (wie in vielen anderen Regionen der Welt auch) Die Verluste aus den diversen angeführten Punkten werden sicherlich den zweistelligen Milliardenbereich erreichen.

Durch die Wirtschaftskrise sind nun auch immer mehr die Staaten betroffen. Deshalb titelt man in Österreich auch schon Zeitungsartikel mit „Wann geht Österreich pleite?“. Somit wieder ein Beweis, dass Staatsanleihen keinen wirklichen Schutz in diesen stürmischen Zeiten bieten. Der wesentlich bessere Schutz kommt von Gold und Silber!

Nachsatz: Was mir derzeit ein mulmiges Gefühl bereitet:
In der Einleitung habe ich über mein mulmiges Gefühl geschrieben, wie die Rettungspakete für die Banken in Deutschland und Österreich beschlossen wurden. Jetzt habe ich wieder ein ziemlich schlechtes Gefühl, und zwar beim Verhältnis zwischen China und USA. Zuerst werfen die Amerikaner den Chinesen vor, dass diese die Währung künstlich tief halten und dann antworten die Chinesen mit der vielleicht schlimmsten Drohung, die sie gegenüber den Amerikanern antworten können. Sie stellen in Frage, ob sie weiterhin US-Staatsanleihen kaufen werden. Bitte seien Sie bei diesem Thema sehr aufmerksam, denn das könnte sich zu einem riesigen Wirtschaftskrieg entwickeln. Hoffentlich bleiben beide Akteure vernünftig. Aber wahrscheinlich geht es hier um die zukünftige Führerschaft in der Wirtschaftswelt, denn die Chinesen haben sehr gute Chancen, die neue Nummer eins zu werden.

Sie können mich unter der E-Mail-Adresse a.mostfee@gmx.at erreichen.

Haftungsausschluss:

Dieser Artikel wurde zur Information der Leser zum besseren Verständnis der Materie verfasst. Die dargelegten Argumente spiegeln die Meinung des Autors wider und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ich möchte mit diesem Artikel keine professionelle Dienstleistung erbringen. Für eine professionelle Beratung sollten Sie sich an einen professionellen Berater wenden.

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