Kommentar
09:05 Uhr, 30.08.2005

Ölpreis fließt in die Konjunkturdaten ein

Die vergangene Woche verlief für die Rentenmärkte ruhig und freundlich. Die wenigen konjunkturellen Nachrichten waren sowohl in den USA als auch in Europa überwiegend schwächer als erwartet und unterstützten damit das Anleihesegment. Kräftige Verluste vor allem an den europäischen Aktienmärkten begünstigten die sicheren Staatsanleihen zusätzlich. Ein stärkerer Rückgang der Renditen wurde jedoch von den Daten zur Preis- und Geldmengenentwicklung sowie einer Rede von FED-Chairman Alan Greenspan verhindert, in der er die reichliche Liquidität thematisierte und vor einem Rückgang der Vermögenspreise warnte.

USA: Ölpreis fließt in die Konjunkturdaten ein

Der anhaltend hohe Ölpreis beginnt sich nun langsam in den Wirtschaftsdaten niederzuschlagen. Waren die Resultate der vorangegangenen Wochen noch ausbalanciert, so fielen die jüngsten Veröffentlichungen doch mehrheitlich schwächer aus, als es der Markt erwartet hatte. Die Aufträge für langlebige Güter gingen im Juli deutlich zurück, und auch das Verbrauchervertrauen sank. Diese für den Rentenmarkt freundlichen Daten hatten jedoch nur eine begrenzte Wirkung. Zum einen waren angesichts des beständig steigenden Ölpreises konjunkturelle Rückschläge nur eine Frage der Zeit und deshalb schon eingepreist. Zum anderen ist die US-Zinsstrukturkurve extrem flach und würde bei einem weiteren Renditerückgang am langen Ende invers werden. Inverse Kurven deuten aber darauf hin, dass die Notenbank die Leitzinsen in Kürze senken werde. Danach sieht es jedoch in den USA überhaupt nicht aus. Die FED selbst hat immer wieder erklärt, die Zinsen weiter zu erhöhen. Das spiegelt sich in den Markterwartungen, die bei drei noch ausstehenden FOMC-Treffen zum Jahresultimo 4,00 bis 4,25 Prozent am kurzen Ende sehen. Bestätigt wurden diese Prognosen von den jüngsten Äußerungen Greenspans, der mit Blick auf die relativ hohen Vermögenspreise (Immobilien, Aktien, Anleihen) vor einem raschen Verschwinden der reichlichen Liquidität warnte. Wir raten daher zu großer Vorsicht am amerikanischen Rentenmarkt. Sein Pendant in der Eurozone erscheint uns attraktiver.

Eurozone: Freundliche Anleihewoche

Überwiegend schwache Konjunktursignale bereiteten in der Eurozone den Boden für eine freundliche Anleihewoche. Der belgische BNB-Frühindikator und der deutsche Ifo-Geschäftsklimaindex, zwei der bedeutendsten Wahrnehmungsindizes des Währungsraumes, zeigten im August nach unten. Hinzu kam die Bestätigung der ersten Schätzung zum BIP, wonach die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal 2005 stagnierte. Angesichts dieser einheitlich enttäuschenden Rahmendaten wurde der Anstieg des ZEW-Index mit entsprechend viel Skepsis bewertet. Auf der monetären Seite hat sich das Bild nicht wesentlich verändert. Nach einer Schnellschätzung betrug die Inflation im August in Deutschland 1,8 Prozent gegenüber Vorjahr, was einen leichten Rückgang im Vergleich zu den plus 1,9 Prozent im Juli bedeutet. Die Geldmenge ist derweil in der Eurozone im Juli aufgrund einer zunehmenden Kreditvergabe beschleunigt um 7,9 Prozent gewachsen. In den beiden Vormonaten waren es 7,6 bzw. 7,3 Prozent. Die vom Kreditwachstum getragene Zunahme der Geldmenge lässt den Schluss zu, dass die konjunkturelle Erholung in der Eurozone tatsächlich voranschreitet. Dies wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung, zumal der Referenzwert der EZB für die Geldmenge mit 4,5 Prozent seit langem deutlich überschritten ist. Nach unserer Meinung wird die Zinsschraube aber frühestens im ersten Halbjahr 2006 angezogen. Ein zeitigerer Schritt birgt das Risiko, die noch zaghafte Expansion der hiesigen Wirtschaft zu gefährden. In Anbetracht dessen sind unter Rendite-Risiko-Aspekten Fonds mit kurzer bis mittlerer Laufzeitenorientierung attraktiv.

Ausblick: EZB beendet ihre Sommerpause

Der Terminkalender für die aktuelle Woche ist wieder merklich voller. Die Sommerpause ist vorbei - auch bei der Europäischen Zentralbank. Die EZB-Ratssitzung am Donnerstag ist die erste seit zwei Monaten mit persönlicher Anwesenheit und damit aus der Europerspektive wohl das spannendste Ereignis seit langem. Vor dem Hintergrund des zaghaften konjunkturellen Aufwärtstrends und der tendenziell gestiegenen Inflationsgefahren (z.B. Ölpreis), wird Jean-Claude Trichet voraussichtlich von der bisherigen neutralen Rhetorik abweichen und kontrahierendere Töne anschlagen. Der Freitag gehört dann ganz dem US-Arbeitsmarktbericht für August, der wohl ein kräftiges Stellenwachstum anzeigen wird.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 122 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende Dezember 2004. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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