Kommentar
11:14 Uhr, 05.07.2024

ÖLPREIS - Diesmal ist alles anders

Eine Zeitwende auszurufen, ist gefährlich. Es ist weitaus wahrscheinlicher, dass dieses Mal nicht alles anders ist als sonst. Ausnahmen bestätigen die Regel. Bei Öl ist eine solche Ausnahme zu erkennen.

Geschichte mag sich zwar nicht exakt wiederholen, es gibt aber immer wiederkehrende Muster. Bei Öl sind vor allem zwei Länder auf der Nachfrageseite entscheidend. Die USA verbrauchen nach wie vor am meisten Öl unter allen Ländern. China liegt auf dem zweiten Platz. Zusammen verbrauchen beide Länder ungefähr 36 Mio. Barrel Öl pro Tag. Die Weltproduktion liegt bei 102 Mio. Barrel.

Nachfrageveränderungen in diesen beiden Ländern sind für den Ölpreis entscheidend. Am wichtigsten ist China, auch wenn es weniger als die USA verbraucht. Das liegt daran, dass Chinas Verbrauch nach wie vor steigt. In den USA liegt der Verbrauch unter geringen Schwankungen seit mehr als 20 Jahren auf stabilem Niveau.


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Chinas Nachfrage bzw. das Wachstumstempo der Nachfrage wird wesentlich davon bestimmt, ob die Regierung die Konjunktur anschiebt oder bremst. Seit vielen Jahren ist Chinas Wirtschaft in einer Art Stop-and-Go-Modus. Bezeichnend dafür ist das Wachstum der Geldmenge M1. Beschleunigt sich das Wachstum der Geldmenge, ist dies ein Zeichen für den Anschub der Konjunktur.

Mehr Konjunkturdynamik bedeutet auch höhere Ölnachfrage. Das Geldmengenwachstum und die Ölpreisperformance sind daher eng korreliert und bewegen sich in sehr ähnlichen Zyklen (Grafik 1). Seit einem Jahr fällt das Geldmengenwachstum. Die Geldmenge schrumpft sogar seit zwei Monaten. Der Ölpreis kann gegenüber dem Vorjahr hingegen zulegen. Kurzfristige Abweichungen sind noch nicht unbedingt eine Zeitwende. Eine Divergenz, die ein Jahr anhält, ist allerdings neu. Es ist gut möglich, dass sich das Schicksal des Ölpreises vom Stop-and-Go-Modus Pekings löst.

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Ähnliches ist auch bei anderen Rohstoffen zu beobachten, z.B. Kupfer. Für Anleger sind das gute Neuigkeiten, da sie nicht mehr darauf angewiesen sind, was Peking entscheidet. China bleibt wichtig. Die Schlussfolgerung sollte nicht sein, dass China bei Rohstoffpreisen überhaupt keine Rolle mehr spielt. China ist und bleibt vorerst der größte Verbraucher der meisten Rohstoffe, ob Kupfer, Eisenerz oder Kohle und Nickel.

Für den Ölpreis wirkt derzeit ein anderer Umstand unterstützend. Seit Jahresende 2023 füllen die USA ihre strategischen Ölreserven wieder auf. Zuletzt erreichte die wöchentlich gekaufte Menge mehr als eine Mio. Barrel (Grafik 2). Das ist durchaus nennenswert.

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Rohstoffe können in Zukunft unabhängiger von China werden. Was sich hingegen nicht ändert, ist der Zusammenhang aus Geldmenge M1 und chinesischem Aktienmarkt. Kurzfristig dürften es chinesische Aktien weiterhin schwer haben (Grafik 3).

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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