Kommentar
08:51 Uhr, 30.01.2015

Ölaktien in Schockzustand nach Zahlen von Shell

Shell präsentierte gestern als erstes großes Ölunternehmen Zahlen. Die Reaktion: verheerend und wegweisend.

Erwähnte Instrumente

Der Ölpreis fiel in den vergangenen Wochen weiter während viele Aktien von Ölunternehmen zumindest seitwärts tendierten. Damit dürfte erst einmal wieder Schluss sein, denn die Zahlen von Shell lassen Böses erahnen. Der Gewinn fiel im vergangenen Quartal gut aus. Er lag mit 3,3 Mrd. über den 2,9 Mrd. im letzten Quartal 2013. Relativ gesehen sieht das gut aus, allerdings war der Gewinn 2013 auch besonders niedrig.

Was auf den ersten Blick und im Vergleich gut aussieht ist auf den zweiten Blick desaströs. Dabei fallen vor allem zwei Dinge auf. Shell erschlägt zwar Analysten mit einer 50-seitigen Präsentation, aber die Probleme findet man letztendlich doch. Grafik 1 und 2 sind dieser Präsentation entnommen. Die erste zeigt wie Shell die wegbrechenden Einnahmen im Fördergeschäft kompensiert hat. Links sieht man zunächst welcher Bereich wie viel zum Gewinn beigetragen hat. Das Upstreamgeschäft (Ölförderung) hat ordentlich Federn lassen müssen. Der Gewinn ist um 800 Mio. zurückgegangen. Wettgemacht wird das durch das Downstream Geschäft (Raffinerien, Chemie etc.). Rechts sieht man dann wieso das Downstream das Geschäft retten konnte. Shell hat einfach das Volumen drastisch erhöht.

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Auf Dauer ist die Anpassung des Volumens keine Lösung, weil die Margen immer weiter erodieren würden. Das funktioniert vielleicht in einem oder auch einem zweiten Quartal. Eine langfristige Strategie ist das aber nicht. Darüber hinaus zeigen die Segmente sehr unterschiedlichen Erfolg. Grafik 2 zeigt das Nordamerika und das internationale Geschäft. International ist Shell noch profitabel in der Ölförderung, auch wenn der Gewinn rückläufig ist. In Nordamerika ist das nicht der Fall. Hier ist das Upstream Geschäft bereits im Verlustbereich angelangt.

Das kann man nicht allein auf Fracking zurückführen. Shell ist in Kanada stark vertreten und fördert dort Öl aus Ölsanden. Diese Art der Ölförderung ist besonders kostenintensiv. Bedenkt man, dass der Ölpreis im vierten Quartal durchschnittlich noch bei 75 USD lag, dann läuten die Alarmglocken. Shell hat offensichtlich sehr hohe Kosten in Nordamerika. Der Bereich wird den Gewinn des restlichen Upstreamgeschäftes möglicherweise komplett auffressen.

Shell gibt in der Präsentation auch Auskunft darüber welchen Effekt der sinkende Ölpreis in Zukunft haben könnte. Sinkt der Preis um 10 USD, dann sinkt der Unternehmensgewinn im Gesamtjahr um 3,3 Mrd. Der Ölpreis steht nun fast 30 USD unter dem Preis für das vergangene Quartal. Rechnet man den Effekt vom Jahr auf das Quartal herunter, dann reduzieren 10 USD weniger beim Ölpreis den Quartalsgewinn um ca. 800 Mio. Bei 30 USD sind das dann 2,4 Mrd. Würde jetzt also der Ölpreis in Q1 2015 durchschnittlich 45 USD betragen, dann verdient Shell nur noch knapp eine Milliarde.

Das kann und wird Shell den Aktionären nicht zumuten. Sie haben daher angekündigt die Investitionen zu kürzen. Grafik 3 zeigt die Entwicklung von Gewinn, Investitions- Cash Flow und Einnahmen aus Verkäufen von Assets. Für 2015 wird Shell die Investitionen senken und so 4 bis 5 Mrd. einsparen können. Der Betrag ist vergleichsweise klein, weil Shell 2014 relativ hohe Einnahmen aus Assetverkäufen generiert hat. 2014 wurden 32 Mrd. investiert, der Cash Flow liegt aber insgesamt nur bei -20 Mrd. Das liegt an den hohen Einnahmen aus Verkäufen. Diese werden 2015 etwas zurückgehen.

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Rechnet man all diese Effekte zusammen, dann ist für Shell ein Gewinn von ca. 10 Mrd. in diesem Jahr zu rechnen. Shell wäre demnach aktuell mit einem KGV von über 20 bewertet. Das ist relativ viel für ein Ölunternehmen - eigentlich zu viel. Rein fundamental ist da noch viel Luft nach unten.

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4 Kommentare

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  • Floyd K
    Floyd K

    ​Klasse Herr Schmale: sowohl die Analyse als auch die Schlussfolgerungen haben hohes Niveau!

    hat nun "der Markt" die Not der Multis erkannt? Es sieht so aus, wo kommen sonst die +7% Kursplus bei WTI und Brent von gestern Abend her? Und vor allem so schnell!

    Ist das bereits die Trendwende? Warten wir mal ab und fragen uns dann, wer diese "Schnellschießer" eigentlich sind. Oder weiß das jemand?

    12:52 Uhr, 31.01. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • House of Doom
    House of Doom

    ​Sowas sieht man im Kohlesektor auch. Glencore weitet die Fördermengen aus, die Kleinen gehen alle kaputt.

    Ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt.

    Es kommt letzten Endes immer darauf an, wer den längerem Atem hat.

    Oder warum gehen Großkonzerne nach jeder Krise immer gestärkt daraus hervor :-)

    17:04 Uhr, 30.01. 2015
  • Wolfi81
    Wolfi81

    ​Sollten Shell, BP und Co. wirklich crashen, ergibt sich dadurch eine einmalige Investitionsgelegenheit. Die obigen Zahlen enthalten nämlich schon das aufziehende Angebotsdefizit mit wieder stark steigenden Preisen, denn

    1. wird weniger investiert.

    2. ist nichtmal ein Gigant wie Shell mehr profitabel beim unkonventionellen Öl und zwar schon nicht mal mehr im letzten Quartal, das noch deutlich höhere Ölpreise hatte! Da dürften die ganzen kleineren Ölbuden in diesem Bereich demnächst reihenweise die Segel streichen.

    14:36 Uhr, 30.01. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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