Ökostrom-Verband BEE: Mobilitätswende in Deutschland droht zu scheitern
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Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones) - Die deutsche Verkehrswende droht nach Ansicht des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) aufgrund des langsamen Zuwachses bei der E-Mobilität zu scheitern. Selbst bei deutlich steigenden Zulassungen im Bereich der E-Mobilität verbleibe eine Emissionslücke, die nur durch zusätzliche Maßnahmen geschlossen werden könne. Insgesamt sei eine deutlich schnellere Elektrifizierung notwendig. Zudem sei die Verwendung von Biokraftstoffe und E-Fuels unabdingbar. Laut BEE stockt die Elektrifizierung im Verkehr in Deutschland im Vergleich zu den europäischen Nachbarländern.
"Die deutsche Verkehrswende befindet sich auf Crashkurs mit den Klimazielen", warnte BEE-Präsidentin Simone Peter bei der Vorstellung einer Studie. "Wenn wir jetzt nicht alle verfügbaren Register für eine klimafreundliche Mobilität ziehen, rücken die Reduktionsziele im Verkehrsbereich in weite Ferne."
Der Verband untersuchte angesichts der Kaufzurückhaltung bei E-Fahrzeugen in einer Studie Szenarien, die Effekte unterschiedlich hoher Zulassungszahlen von Elektrofahrzeugen auf die Treibhausgasemissionen untersucht. Mehremissionen, die durch eine deutlich geringere Elektromobilitätsentwicklung ohne Kompensationsmaßnahmen entstehen, wurden bislang in Studien noch nicht berechnet.
Verkauf von E-Autos müsste sich versechsfachen
Demnach müsste sich der Neufahrzeugverkauf in den nächsten drei Jahren vervierfachen und bis 2030 versechsfachen, damit bis 2030 das Ziel der Bundesregierung von 15 Millionen elektrische Pkw auf den Straßen erreicht werden kann. Solch ein Zuwachs an E-Autos würde zudem die Stromnachfrage deutlich steigern.
Allerdings zeigt die BEE-Studie auch, dass selbst eine deutlich schnellere Elektrifizierung sowie Regionalisierung des Verkehrs die Emissionslücke von 15 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) bis 2030 nicht decken kann. Der zusätzliche Minderungsbedarf ist der Studie zufolge mit 38 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2030 am höchsten, wenn das E-Mobilitätsziel der Bundesregierung von 15 Millionen vollelektrischen Autos deutlich verfehlt wird.
"Trotz technologischer Erfolge in der Elektrifizierung von Lkw oder anderen Nutzfahrzeugen gibt es allein im land- und forstwirtschaftlichen sowie im Sonderverkehr - der beispielsweise Feuerwehr-, Polizei- oder Baustellenfahrzeuge umfasst - etwa zwei Millionen Fahrzeuge, die in absehbarer Zeit nicht oder nur schwer elektrifizierbar sind", sagte Peter.
Für diese Fahrzeuge seien klimafreundliche Biokraftstoffe und später gegebenfalls auch E-Fuels eine unverzichtbare Alternative zu fossilem Diesel und Benzin. Damit könnten rund 4,5 Prozent des fossilen Kraftstoffverbrauchs ersetzt und lokale Wertschöpfungspotenziale bei der Herstellung gehoben werden. Das stütze den Produktions- und Wirtschaftsstandort.
E-Mobilität billiger als E-Fuels
Nach Angabe der Studie ist die E-Mobilität aber im Vergleich zu E-Fuels deutlich günstiger für die Umsetzung der Klimaschutzziele. E-Fuels würden laut BEE wahrscheinlich selbst bei optimalen Annahmen noch lange Zeit gefördert werden müssen. Peter erwartet, dass E-Fuels noch lange eine "teure Angelegenheit" bleiben werden.
Die BEE-Studie zeigt zudem, dass biogene Reststoffe der Landwirtschaft einen großen Teil des zusätzlich notwendigen Biokraftstoffbedarfs decken könnten. Diese zusätzlichen Biokraftstoffe könnten demnach rund 4 Millionen Tonnen CO2 der Emissionslücke schließen.
Der Verband betonte, dass neben der Förderung von Biokraftstoffen und E-Fuels zusätzliche Maßnahmen notwendig seien, um die Emissionslücke zu schließen. Dazu gehören laut BEE neben neuen Mobilitätskonzepten auch eine ambitionierte CO2-Bepreisung sowie die Ausweitung und CO2-Differenzierung bei der Lkw-Maut.
Zudem müsste die Treibhausgasquote im Verkehr angehoben werden, um Mehrfachanrechnungen zu kompensieren. Zur Förderung der Biokraftstoffe sollten höhere Beimischungsanteile zugelassen und weitere Maßnahmen wie die Anrechnung von Biokraftstoffen auf die CO2-Flottenemissionswerte ermöglicht werden, so das Fazit der Studie.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
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