Kommentar
09:33 Uhr, 22.04.2020

Öffnung der Wirtschaft: Grund zu feiern für die Aktienmärkte?

Anleger feierten die Aussicht auf die Öffnung der Wirtschaft. Wie viel gibt es aber wirklich zu feiern?

Kurse spiegeln die Meinung der Anleger wider. Man kann also von so etwas wie Schwarmintelligenz sprechen. Manchmal sind wir zusammen aber nicht schlauer, sondern dümmer. Die Kurse vermitteln derzeit den Eindruck, dass alles wieder in Ordnung ist. Nichts könnte von der Realität weiter entfernt sein. Derzeit befinden wir uns im Best-Case Szenario. Die Ausgangsbeschränkungen sollten innerhalb von zwei bis drei Wochen für einen Peak sorgen. Viele Länder begannen in der zweiten und dritten Märzwoche mit der Einschränkung der Bewegungsfreiheit. Zum Monatswechsel sollte also der Peak erreicht sein. Das trat in den meisten europäischen Ländern ein. Danach war mit einer Aufrechterhaltung der Maßnahmen zu rechnen, um die Kurve der Neuinfektionen weiter abzuflachen. Diese zwei Wochen sind nun abgelaufen und tatsächlich öffnen viele Länder wieder ihre Wirtschaft. Soweit, so gut. Die Folgen der Beschränkungen werden allerdings erst in den kommenden Wochen richtig sichtbar...

Öffnung der Wirtschaft klingt zunächst gut. Kein Land geht aber sofort in den Normalbetrieb über. Die Öffnung erfolgt langsam. Das belastet nach wie vor kleinere und mittlere Betriebe. So werden in manchen Ländern erst große Geschäfte geöffnet, die kleinen erst später. Es sind vor allem die kleinen Unternehmen, die zu kämpfen haben und einen Großteil der Beschäftigung ausmachen.

In Deutschland sind über 40 % der Beschäftigten in Unternehmen mit weniger als 50 Angestellten beschäftigt. In den USA sind es etwas weniger als 30 % und in den ohnehin gebeutelten Ländern wie Griechenland sind es mehr als drei Viertel (Grafik 1).


KMU haben oftmals geringere Rücklagen und sind auf den regelmäßigen Cashflow angewiesen. In den USA haben kleinere Firmen Rücklagen, die weniger als einen Monat reichen (Grafik 2). 35 % können noch maximal zwei Monate durchhalten. Die Zahlen sind in jedem Land etwas anders, in der Tendenz aber gleich. Knapp die Hälfte der kleinen Unternehmen ist nach zwei Monaten bankrott.

Nun dauern die Maßnahmen in abgeschwächter Form an. Restaurants, Bars usw. öffnen nicht so schnell wieder. In Deutschland gibt es ca. 70.000 Restaurants, fast 4.000 Bars und Diskotheken, über 10.000 Cafés, über 10.000 Caterer usw. Großveranstaltungen bleiben auf unbestimmte Zeit untersagt. Auch der Tourismus wird lange nicht anspringen. Bei über 44.000 Beherbergungsbetrieben sind das viele Angestellte.

Die Öffnung der Wirtschaft ist natürlich für viele Unternehmen eine gute Neuigkeit. Je früher die Normalisierung beginnt, desto weniger Insolvenzen wird es geben. Man darf sich also durchaus freuen. Das bedeutet jedoch nicht, dass damit wieder alles in Ordnung ist. Davon sind wir weit entfernt.

Allein in Deutschland sind 2,3 Mio. Menschen im Gastgewerbe beschäftigt und in diesen 5 % der Wirtschaft geht der Schmerz jetzt erst richtig los. Anleger vergessen das in diesen Tagen vor lauter Freude. Das ist ein Fehler.

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4 Kommentare

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  • Data75
    Data75

    USA von gestern auf heute mit der größten Zahl an gemeldeten Neuinfektionen. Mit einer baldigen Öffnung sieht es schwierig aus.

    15:50 Uhr, 22.04. 2020
  • mkronen
    mkronen

    Oder es gibt keinen Impfstoff, genausowenig es für HIV einen Impfstoff gibt. Einige Virologen halten die Idee eines Impfstoffes für "lächerlich" !

    11:59 Uhr, 22.04. 2020
    1 Antwort anzeigen
  • Data75
    Data75

    Also in meinem Umfeld geht die schon jetzt beschlossene Kurzarbeit in deren Firmen bis tief in den Herbst hinein mit entsprechenden Lohnverlusten. Die Politik versichert zunehmend glaubhaft, dass der aktuelle Stand der Normalzustand für die Zeit bis zum Impfstoff (inkl. Produktion und Impfung) sein wird. Mit großer Konsumlaune würde ich bis dahin nicht rechnen. Von Urlaubsreisen und Feste brauchen wir gar nicht sprechen. Die Leute halten ihr dünneres Geld jetzt erstmal zusammen.

    Wenn man Leute wie Lauterbach hört kann der Impfstoff auch erst 2022 in Massen kommen.

    10:03 Uhr, 22.04. 2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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