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11:00 Uhr, 29.11.2023

OECD senkt Wachstumsprognosen für Euroraum weiter

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones) - Die Wachstumsaussichten für Europa haben sich nach Einschätzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) weiter eingetrübt, während sich die für die USA erneut verbessert haben. Wie aus dem aktuellen Wirtschaftsausblick der Organisation hervorgeht, rechnet die OECD damit, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Euroraums 2023 um 0,6 (Juni-Prognose: 0,9) Prozent steigen wird und 2024 um 0,9 (1,5) Prozent. Für 2025 werden erneut 1,5 Prozent prognostiziert. Schon im Juni hatte die OECD ihre Prognosen für Europa gesenkt. Für die USA erwartet sie jetzt BIP-Anstiege von 2,4 (1,4), 1,5 (1,4) und 1,7 Prozent.

Nach Aussage der OECD wird der private Konsum zwar vom Arbeitsmarkt und steigenden Reallöhnen gestützt, doch belasten zugleich höhere Finanzierungskosten und die Unsicherheit die privaten Investitionen. Die Nettoexporte des Euroraums werden laut OECD in den nächsten beiden Jahren stagnieren und die Fiskalpolitik wird restriktiv sein. "Die monetären Rahmenbedingungen müssen straff bleiben, um eine Disinflation zu gewährleisten", merkt die OECD an.

Mit ihren Prognosen für Deutschland ist die OECD noch relativ optimistisch. Sie erwartet für 2023 einen BIP-Rückgang von nur 0,1 (0,0) Prozent und für 2024 und 2025 Wachstumsraten von 0,6 (1,3) und 1,2 Prozent. Auch für Deutschland erwartet die Organisation, dass steigende Reallöhne den privaten Konsum stützen werden. Belastungsfaktoren werden demnach der Bausektor und die Exporte sein.

"Allerdings werden die Investitionen außerhalb des Wohnungsbaus allmählich anziehen, da sie durch die hohen Ersparnisse der Unternehmen und den Investitionsbedarf im Zusammenhang mit der Verlagerung von Lieferketten, der Digitalisierung und dem Ausbau der erneuerbaren Energien gestützt werden", heißt es in dem Bericht, der allerdings nicht das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Haushalt 2021 berücksichtigt.

Frankreichs BIP wird laut OECD um 0,9 (0,8), 0,8 (0,7) und 1,2 Prozent steigen. Es fällt auf, dass in Frankreich 2023 und 2024 sowohl Nettoexporte als auch Privat- und Staatskonsum stärker sind als in Deutschland, und dass Frankreich bis 2024 Staatsdefizite von über 4 Prozent fahren wird. Deutschland wird sein Defizit dagegen von 2 auf 1 Prozent reduzieren. Für Italien werden Wachstumsraten von 0,7 (1,2), 0,7 (1,0) und 1,2 Prozent prognostiziert, wobei die OECD hier einen relativ deutlichen Anstieg des Privatkonsums, aber einen rückläufigen Staatskonsum und Defizitquoten von 4 bis 5 Prozent unterstellt.

Die oben aufgeführten BIP-Prognosen für die USA bedeuten eine deutliche Heraufstufung für 2023 und eine leichte für 2024. Sowohl Privat- als auch Staatskonsum werden 2023 bis 2025 nach OECD-Schätzungen steigen und das Staatsdefizit mit 7 bis 8 Prozent außerordentlich hoch bleiben. Die OECD sieht ein Problem bei der langfristigen Schuldentragfähigkeit und rät den USA zu einem Rahmen, innerhalb dessen sie die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen wieder herstellen könnte. Die US-Notenbank wird ihre Zinsen laut OECD-Prognose ab Mitte 2024 senken.

Für Japan werden BIP-Wachstumsraten von 1,7 (1,3), 1,0 (1,1) und 1,2 Prozent erwartet.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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