Obama oder Romney: Die Qual der Wahl
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Morgen findet die mit Spannung erwartete US-Präsidentschaftswahl statt. Noch vor wenigen Wochen sah es so aus, als sei die Wiederwahl von US-Präsident Barack Obama so gut wie sicher. Inzwischen liegt der republikanische Herausforderer Mitt Romney mit Obama in vielen Umfragen aber gleichauf. Obama geht trotzdem mit einer Nasenlänge Vorsprung ins Rennen, weil er in den entscheidenden „Swing States“ auf etwas mehr Stimmen hoffen kann. Für viele europäische Beobachter ist es nur schwer vorstellbar, dass Romney überhaupt Chancen hat, die Wahl zu gewinnen. Die ausgeprägt konservativen Positionen vieler Republikaner sind in Europa nicht mehrheitsfähig. Bei nüchterner Betrachtung kann aber auch in Europa nicht ignoriert werden, dass Obama die meisten seiner Wahlversprechen nicht einhalten konnte. Gerade die sozial schwächer gestellten US-Bürger hatten sich von Obama viel versprochen und wurden wegen der schwachen Wirtschaftsentwicklung enttäuscht. Der US-Arbeitsmarkt hat sich viel langsamer erholt als erwartet, was bei vielen Amerikanern aus der Mittelschicht zur Resignation geführt hat.
Auch wenn sich das Wachstum der US-Wirtschaft zuletzt wieder etwas beschleunigt hat, stehen die Amerikaner doch vor riesigen ungelösten Problemen. Seit der Amtseinführung Obamas wuchs die Verschuldung des amerikanischen Staates um vier Billionen US-Dollar auf rund 14,7 Billionen Dollar. Während sich der US-Privatsektor seit der Finanzkrise entschuldet hat, wächst die staatliche Schuldenlast immer ungehemmter. Das im vergangenen Jahr nach einem Showdown zwischen Republikanern und Demokraten auf 16,394 Billionen Dollarangehobene Schuldenlimit dürfte bereits Ende 2012 oder Anfang 2013 wieder erreicht werden. Mit der „Fiskalklippe“ drohen zu Beginn des kommenden Jahres automatische Ausgabenkürzungen und drastische Steuererhöhungen, wenn sich Republikaner und Demokraten im Schuldenstreit nicht einigen. Dies könnte auch das fragile Wachstum der Weltwirtschaft wieder abwürgen, weshalb der internationale Druck auf die Amerikaner wächst. Beim Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) am Sonntag wurden die USA aufgefordert, das Problem anzugehen. Aber auch die langfristige Schuldenpolitik der Amerikaner stößt auf immer mehr offene Kritik. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mahnte die USA und Japan in der vergangenen Woche, die Staatshaushalte zu konsolidieren und die Schuldenlast zu verringern.
Die US-Wirtschaft hat in den vergangenen beiden Jahrzehnten vor allem vom Konsum der Amerikaner und einem aufgeblähten Finanzsektor gelebt. Die Produktion von Gütern wurde immer stärker in Billiglohnländer verlagert. In den USA und auch in vielen europäischen Ländern machte sich eine schuldenfinanzierte Illusion des Wohlstands breit. In Europa wurden die Sozialsysteme über das gesunde Maß hinaus ausgedehnt, während die Amerikaner auf Pump konsumierten. Diese Entwicklungen werden sich früher oder später umkehren. Für die USA kann die Devise nur lauten: Mehr produzieren, weniger konsumieren. Der Aufstieg der Schwellenländer könnte dabei helfen. Geben die Verbraucher in Ländern wie China mehr für den Konsum aus, ist das auch positiv für die Wirtschaft in den alten Industriestaaten. Egal wie die Präsidentschaftswahl morgen ausgeht: Die USA stehen vor gewaltigen Herausforderungen.
Oliver Baron
Redakteur BoerseGo.de
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