Novo Nordisk-Aktie kracht ein – ist das die große Chance?
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Erwähnte Instrumente
- VerkaufenKaufen
Novo Nordisk hat Anleger mit einer doppelten Hiobsbotschaft geschockt: Deutlich gekürzte Jahresprognosen und ein abrupt angekündigter Führungswechsel ließen die Aktie am Dienstag um bis zu 25 % einbrechen – der stärkste Tagesverlust in der Unternehmensgeschichte. Kurzzeitig wurde rund 64 Milliarden EUR an Börsenwert ausgelöscht, und der dänische Pharmariese verlor seinen Status als wertvollstes europäisches Unternehmen an SAP. Die eigentlichen Quartalszahlen werden erst am 6. August veröffentlicht.
Vom Allzeithoch bei 138 EUR im Juli 2024 ist der Kurs mittlerweile auf rund 45 EUR abgestürzt, ein Minus von fast 65 %. Die große Frage: Ist die Aktie von Novo Nordisk nun wieder ein Kauf, oder geht der freie Fall weiter?
Was ist passiert?
Der Konzern senkte seine Jahresziele drastisch. Statt eines Umsatzwachstums von bis zu 21 % erwartet Novo Nordisk nur noch ein Plus von 8 % bis 14 %. Auch beim operativen Gewinn wurde die Prognose gekappt – von bis zu 24 % Wachstum auf lediglich 10 % bis 16 %. Besonders im wichtigen US-Markt bereitet der Absatz der Blockbuster-Medikamente Wegovy (Adipositas) und Ozempic (Diabetes/Adipositas) Probleme.
Zusätzlich verstärkte ein überraschender Führungswechsel die Verunsicherung. Der langjährige CEO Lars Fruergaard Jørgensen tritt ab, sein Nachfolger wird ab dem 7. August Maziar Mike Doustdar, bisher Chef des internationalen Geschäfts. Dass dieser Wechsel unmittelbar nach der Gewinnwarnung angekündigt wurde, verstärkte bei Anlegern den Eindruck einer Krise im Konzern.
Unsicherheit durch Trumps Zollpolitik
Vor allem in den USA verschärft sich die Lage. Der Rivalen Eli Lilly gewinnt mit seinen Medikamenten Mounjaro und Zepbound Marktanteile, während Telemedizin-Anbieter wie Hims & Hers günstige, teils auf regulatorischen Schlupflöchern basierende Nachahmungen anbieten. Zwar dürfte dieser Effekt mittelfristig abnehmen, doch aktuell lasten die Billigpräparate stark auf den Verkaufszahlen von Novo Nordisk.
Hinzu kommt politischer Gegenwind: Die neuen Importzölle der US-Regierung unter Donald Trump könnten für europäische Pharmahersteller wie Novo Nordisk zusätzliche Belastungen schaffen. Besonders im hochprofitablen US-Markt droht dadurch weiterer Margendruck.
Chancen durch die Pipeline
Trotz aller Probleme bleibt Novo Nordisk inhaltlich stark aufgestellt. Der Konzern arbeitet an einer oralen Version von Wegovy, die 2025 von der US-Arzneimittelbehörde FDA entschieden werden soll. Eine Pille könnte die Hemmschwelle vieler Patienten senken und die Verbreitung der Therapie deutlich steigern.
Darüber hinaus gilt die Pipeline des Konzerns als eine der robustesten in der Branche. Zu den Hoffnungsträgern zählen das Mittel Amycretin, das vielversprechende Ergebnisse bei Gewichtsreduktion gezeigt hat, sowie UBT251, ein Dreifach-Agonist mit Potenzial im Bereich Stoffwechselkrankheiten. Damit bleibt Novo Nordisk im Rennen um die nächste Generation von Diabetes- und Adipositastherapien.
Bewertung
Nach der Gewinnwarnung haben Investoren die Aktie massiv abgestraft. Auf Basis konservativer Annahmen liegt der faire Wert laut diverser Modellrechnungen bei rund 103 EUR je Aktie. Das aktuelle Kursniveau von etwa 45 EUR bedeutet damit erhebliches langfristiges Aufwärtspotenzial – vorausgesetzt, das Management stabilisiert den US-Markt und die Pipeline erfüllt die hohen Erwartungen. So bewerten Analysten die Novo-Nordisk-Aktie:
Chancen und Risiken
Chancen:
- Starke Pipeline mit innovativen Wirkstoffen (Amycretin, orale Wegovy)
- Führungsposition im globalen Markt für Adipositas- und Diabetes-Therapien
- Mögliche Kostenvorteile durch orale Darreichungsformen
Risiken:
- Intensiver Wettbewerb durch Eli Lilly und Telemedizin-Plattformen
- Politische Unsicherheit durch US-Zölle und protektionistische Tendenzen
- Abhängigkeit vom US-Markt, wo Margendruck zunimmt
Blick auf den Chart
Die Aktie von Novo Nordisk steht nach dem historischen Einbruch unter hoher Unsicherheit. Entscheidend wird nun eine Stabilisierung des Kurses. Für risikobereite Anleger bietet das aktuelle Niveau Chancen, zumal im Bereich von 40 bis 42 EUR wichtige Unterstützungen aus früheren Tiefpunkten verlaufen. Ein Stop-Loss knapp darunter erscheint sinnvoll – wichtig wäre das Überwinden der 50- und 55-EUR-Marken. Konservativere Investoren sollten hingegen zunächst eine Bodenbildung abwarten. Kommt die Aktie mit neuem Momentum zurück, sind schnelle Erholungen möglich. Bleibt der Kurs hingegen in einer längeren Seitwärtsbewegung gefangen, ist Vorsicht angebracht; dann könnte es deutlich tiefer gehen.
Fazit
Die Lage bei Novo Nordisk wirkt dramatisch, doch der Absturz könnte auch Chancen eröffnen. Der Börsenwert ist seit dem Allzeithoch um mehr als 90 Milliarden EUR geschmolzen. Dennoch bleibt der Konzern profitabel und verfügt über eine Pipeline, die das Potenzial hat, die nächsten Blockbuster hervorzubringen. Kurzfristig dürfte die Unsicherheit hoch bleiben, insbesondere mit Blick auf die am 6. August anstehenden Quartalszahlen. Langfristig könnten mutige Anleger jedoch vom aktuellen Pessimismus profitieren.
Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte
Der Autor ist im besprochenen Wertpapier bzw. Basiswert zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert. Transparenzhinweis: Die im Artikel vorgestellten Derivate werden durch die Redaktion ausgesucht. Wir arbeiten aber mit ausgewählten Emittenten zusammen, die mit der Goldesel Trading & Investing GmbH in einer Geschäftsbeziehung stehen. Bitte beachten Sie: Der Handel mit Derivaten ist mit einem erheblichen Risiko verbunden und kann unter Umständen zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen.