Kommentar
10:42 Uhr, 14.12.2020

Nicht nur wegen der Pandemie wird 2020 lange in Erinnerung bleiben

Die meisten Menschen wollen 2020 abhaken. Mindestens eine Gruppe wird sich jedoch wünschen, dass 2020 niemals enden möge.

Vor dem Börsengang von Airbnb hatte ich mich positiv über die Perspektiven des Unternehmens geäußert . Zu diesem Zeitpunkt war von einem Börsenwert von 30-40 Mrd. die Rede. Im Vergleich mit anderen Unternehmen der Branche sah das wie in Grafik 1 aus. Vor allem das Preis/Umsatz Verhältnis ist hier relevant. Airbnb schreibt noch keine nachhaltigen Gewinne. Das KGV kann man also nicht heranziehen. Bei jungen und Wachstumsstarken Unternehmen wird daher gerne der Umsatz zur Bewertung herangezogen. Am ehesten ist Airbnb noch mit Booking Holdings zu vergleichen. Die Bewertung sah durchaus vernünftig aus und ließ auf Kursgewinne hoffen.


Dann kam der eigentliche Börsengang und es ging gleich am ersten Tag um mehr als 100 % nach oben. Das nennt man einen geglückten Börsengang. Zeitweise war Airbnb sogar mehr wert als Booking Holdings. Booking hat im Vergleich den fünffachen Umsatz und schrieb vor Beginn der Pandemie 5 Mrd. Gewinn.

Die aktuelle Bewertung von Airbnb ist schlagartig nicht mehr attraktiv, sondern nur noch absurd (Grafik 2). Zu dieser Bewertung sind die langfristigen Perspektiven praktisch irrelevant. Wer das Glück hatte und beim Börsengang Aktien ergattern konnte, sollte an Gewinnmitnahmen denken. Die Bewertung ist mehr als doppelt so hoch wie bei Booking (gemessen am Preis/Umsatz Verhältnis). Da ist kaum noch Luft nach oben.


Der Börsengang von Airbnb ist symptomatisch für 2020. Obwohl der Kapitalmarkt schwierige Wochen durchmachte und Börsengänge kein Thema waren, haben Unternehmen schon jetzt mehr Geld durch Börsengänge eingesammelt als im Rekordjahr 1999 (Grafik 3). Auch die Kursgewinne am ersten Tag sind im Durchschnitt sehr stattlich.

Das Geld sitzt bei Anlegern sehr locker. Wer etwas mit Homeoffice, Software oder Sharing Economy zu tun hat, kann beim Börsengang fast jeden Preis verlangen. Vernünftig sind die Bewertungen alle nicht. Blickt man in 10 Jahren zurück, dürfte 2020 nicht nur wegen der Pandemie in Erinnerung bleiben, sondern auch wegen der Börsengangeuphorie.

Diese hat natürlich auch positive Seiten. Anleger finanzieren junge und innovative Unternehmen. Die Bewertungen mögen astronomisch sein, doch das ändert nichts daran, dass das Kapital Innovation finanziert. Unternehmen wie Snowflake schreiben derzeit noch weniger als 1 Mrd. Umsatz, sind aber mit 110 Mrd. bewertet. Das ist zwar Wahnsinn, doch mit den Milliardenerlösen kann die Expansion vorangetrieben werden. Das kann langfristig geradezu zu einer technologischen Revolution führen.

2020 kann als Jahr in die Geschichtsbücher eingehen, in dem Anleger die nächste technologische Revolution finanziert haben. Anleger dürften davon wenig haben, weil die Bewertungen bereits so hoch sind. Die Gesamtwirtschaft dürfte davon langfristig enorm profitieren.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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