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10:00 Uhr, 09.11.2007

Neues Baltikum-Zertifikat birgt auch Risiken

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Wer als hiesiger Anleger an den boomenden baltischen Börsen investieren wollte, der hatte es lange Zeit ziemlich schwer. Einzelaktien wurden an deutschen Börsen kaum gehandelt und Zertifikate oder Fonds gab es ebenfalls nur in begrenzter Auswahl. In den vergangenen ein bis zwei Jahren ist die Auswahl aber etwas größer geworden und die Angebotspalette ist seit dem 26. Oktober um ein weiteres Produkt erweitert worden. Denn seitdem ist es möglich, an der Börse Stuttgart mit Hilfe eines Index-Zertifikats der Deutschen Bank auf den S-BOX Baltic-Performance-Index zu wetten.

Der S-BOX Baltic enthält die derzeit zehn größten Unternehmen aus den drei Ländern des Baltikums. Dabei stammen 50 Prozent der Unternehmen aus Estland, 30 Prozent aus Litauen und 20 Prozent aus Lettland. Bei Bedarf kann der Index künftig auf bis zu 20 Indexmitglieder erweitert werden. Wie stark einzelne Unternehmen dabei in den Index einfließen, hängt von ihrer jeweiligen Marktkapitalisierung ab. Die Gewichtung einzelner Indexmitglieder ist auf maximal 15 Prozent und minimal fünf Prozent begrenzt.

Gefährliche volkswirtschaftliche Ungleichgewichte

Grundsätzlich sind solche Produkte wie das S-BOX Baltic Performance-Index Zertifikat der Deutsche Bank (ISIN: DE000DB2BTK6, 9,89 Euro) sicher zu begrüßen, erweitern sie doch das Handlungsspektrum der Investoren. Ohne Risiken ist das neue Zertifikat aber nicht. Christoph Mura, Vorstand der Börse Stuttgart, sagt zwar mit Blick auf den neuen Index fast schon euphorisch: „Das Wachstumspotenzial der baltischen Republiken Estland, Lettland und Litauen ist noch lange nicht ausgeschöpft. Gelingt die Einführung des Euro in den kommenden Jahren, könnte weiteres Wachstum die Folge sein.

Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Richtig ist, dass die Volkswirtschaften im Baltikum nach wie vor boomen. So wuchs das Bruttoinlandsprodukt in Litauen im dritten Quartal 2007 um 10,8 Prozent und in Lettland betrug die Zuwachsrate im zweiten Quartal sogar elf Prozent. Dank des hohen Expansionstempos hat sich erfreulicherweise auch die zuvor hohe Arbeitslosigkeit stark zurückgebildet. In Estland belief sich die Arbeitslosenquote im September sogar nur noch auf zwei Prozent.

Aber das starke Wachstum und die gesunkenen Arbeitslosenzahlen bergen auch Gefahren. Deutlich wird das an enormen Leistungsbilanzdefiziten (in Litauen betrug das Defizit im zweiten Quartal 16,1 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt und in Lettland sogar 24,8 Prozent) und sehr hohen Inflationsraten (die Verbraucherpreise in Litauen kletterten im September um 7,1 Prozent, in Estland um 7,2 Prozent und in Lettland sogar um 11,4 Prozent) sowie an den stark steigenden Löhnen, welche die Wettbewerbsfähigkeit der baltischen Länder gefährden. Schon mehrfach wurde zuletzt von verschiedenen Seiten eindringlich vor den Überhitzungsgefahren im Baltikum gewarnt. Und die Ratingagentur Standard & Poor´s hat deswegen unlängst auch den Ausblick für die Kreditwürdigkeit für alle drei baltischen Staaten auf negativ gesenkt. Wie ernst die Probleme sind, zeigt sich auch daran, dass es in Lettland nicht zuletzt wegen der stark steigenden Preise neuerdings erstmals wahrnehmbare Proteste der Bevölkerung gegen die Regierung gibt.

Risiken trotz Wachstum und gesunkenen Bewertungen nicht vergessen

Die aufgezeigten Probleme veranlassen John Bennett, Hedge-Fondsmanager bei GAM, dazu, auf fallende Kurse an den baltischen Börsen zu wetten. „Die Volkswirtschaften im Baltikum sind dabei, zu überhitzen. Sie werden demnächst unter ihrer eigenen Last zusammenbrechen“, lautet seine Warnung. Zudem rechnet er mit Währungsabwertungen.

Wenigstens sind die Aktienbewertungen an den baltischen Börsen inzwischen nicht mehr so hoch wie noch vor wenigen Jahren. Die stark gestiegenen Unternehmensgewinne haben dazu beigetragen, dass nun durchaus auch wieder Aktien mit Kurs-Gewinn-Verhältnissen von um die zehn zu finden sind. Doch diesem Vorteil stehen die aufgezeigten volkswirtschaftlichen Risiken entgegen. Mit Hilfe des EU-Ankers kann es vielleicht gelingen, die Klippen doch noch zu umschiffen. Aber wer sich für das S-BOX Baltic Performance-Index Zertifikat interessiert, der sollte die damit verbundenen Risiken kennen. Beim unten abgebildeten Chart handelt es sich mit dem OMX Baltic Benchmark zwar um einen anderen Index, aber dieser Chart zeigt, dass die baltischen Börsen bereits unter den erwähnten volkswirtschaftlichen Lasten leiden.

Quelle: Ostbörsen-Report

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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