Negativzinsen adé
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In nur wenigen Monaten haben die Märkte für festverzinsliche Wertpapiere einen echten Paradigmenwechsel vollzogen: Mit Ausnahme des Geldmarktes sind Negativzinsen in Europa verschwunden. Lag die Rendite 10-jähriger spanischer Anleihen im Dezember 2021 noch bei 0,3 Prozent, stieg sie im Juni 2022 auf über 3 Prozent. Doch wenn die Zinsen steigen, sinkt der Wert der umlaufenden Wertpapiere, so dass Anleger in Staatsanleihen mit langer Laufzeit seit Jahresbeginn im Durchschnitt mehr als 8,7 % ihres Wertes verloren haben. Um die besten Chancen an den Rentenmärkten zu nutzen, müssen Anleger flexibel auf die veränderten Bedingungen reagieren. Dieser Ansicht ist Éléonore Bunel, Leiterin des Rentenmanagements bei Lazard Frères Gestion in Paris und Portfoliomanagerin/Analystin des Lazard Credit Opportunities Fund. Im Folgenden zeigt sie fünf Strategien auf, die Anleger angesichts hoher Inflation und steigender Zinsen aktuell verfolgen können.
Nr. 1: Anleihen mit negativer Sensitivität gegenüber Marktzinsen
„Durch den Aufbau eines Anleihenportfolios mit ,negativer Sensitivität‘ ist es möglich, direkt von steigenden Zinsen zu profitieren“, sagt Éléonore Bunel. Durch die umgekehrte Korrelation führe jeder Zinsanstieg zu einem Wertzuwachs, während sich ein Zinsrückgang nachteilig auswirke. „Angesichts stark gestiegener Inflationsraten und einer strafferen Geldpolitik durch die Zentralbanken erscheint uns eine solche Strategie sinnvoll“, sagt die Expertin.
Nr. 2: Inflationsgeschützte Anleihen
Das derzeitige Umfeld sei zudem ideal für Investitionen in inflationsgeschützte Wertpapiere, so genannte „Inflation-Linker“. „Gerade deutsche inflationsgeschützte Staatsanleihen bieten ein interessantes Profil, da das Land von der Inflationsbewegung besonders betroffen ist und gleichzeitig einen der wichtigsten Emittenten dieser Art von Wertpapieren auf dem europäischen Markt darstellt“, so Bunel.
Nr. 3: Kurzlaufende Hochzinsanleihen
Hochzinsanleihen sind aus Sicht der Expertin ebenfalls interessant: „High Yield-Anleihen sind sicherlich risikoreicher als Investment Grade-Anleihen, bieten aber auch attraktivere Renditen“, weiß Bunel. Die Risiken blieben zudem moderat. Die Ausfallquote bei hochverzinslichen Unternehmen sei weiterhin sehr niedrig und lag Ende Juni 2022 laut Moody's in Europa bei nur 1,7 Prozent über 12 Monate. Angesichts der hohen Inflation sei es jedoch wichtig, Wertpapiere mit kurzer Laufzeit zu bevorzugen, die nicht sehr anfällig für das Risiko steigender Zinsen seien. Bunel merkt an: „Auch einige Investment Grade-Papiere erhalten nach dem jüngsten Zinsanstieg allmählich wieder ein attraktives Profil.“
Nr. 4: Nachranganleihen
Neben hochverzinslichen Wertpapieren setzen Bunel und ihr Team auch auf das Segment der nachrangigen Finanztitel (AT1, Tier 2), bleiben dabei aber vorsichtig. Diese von europäischen Banken begebenen Wertpapiere bieten aus Sicht der Expertin eine attraktive Rendite, die bei 8-9 Prozent p.a. liegen kann (Stand: 28. Juni). „Europäische Banken haben ein sehr geringes Ausfallrisiko, da sie gut kapitalisiert sind“, sagt Bunel. „Allerdings reagieren diese Wertpapiere empfindlich auf die Ausweitung von Risikoprämien, was bedeutet, dass sie in einem diversifizierten Anleihenportfolio angemessen gewichtet werden sollten.“
Nr. 5: Flexibilität bei der Vermögensallokation
Letztlich erfordert die rasche Veränderung der Wirtschaftslage aus Sicht der Anlageexpertin vor allem die Fähigkeit, flexibel zu sein. „Die Zinssensitivität eines Portfolios zu steuern, bedeutet, seine Duration je nach Veränderung der wirtschaftlichen Erwartungen rasch erhöhen oder verringern zu können“, betont Bunel. Die Asset Allokation im Portfolio müsse ebenfalls sehr flexibel bleiben, um das Gewicht der volatilsten Titel in Stressphasen zu begrenzen und es in Zeiten des Marktvertrauens zu erhöhen. Diese Beweglichkeit könne auch durch ein Über- oder Untergewicht gegenüber bestimmten Währungen ausgeübt werden.
„Diese verschiedenen Strategien ergänzen sich und ermöglichen den Aufbau eines diversifizierten Portfolios mit dem Ziel, von den besten Marktchancen zu profitieren“, so Bunel.
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