Nagel: EZB-Zinserhöungszyklus nicht zwangsläufig zu Ende
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones) - Die Europäische Zentralbank (EZB) muss ihre Zinsen nach Aussage von EZB-Ratsmitglied Joachim Nagel nicht nur ausreichend lange auf ihrem aktuellen Niveau halten, um einen "substanziellen Beitrag" zum Rückgang der Inflation auf 2 Prozent zu leisten - sie muss ihre Zinsen im Zweifelsfall sogar weiter erhöhen. Nagel sagte laut veröffentlichtem Redetext in Nikosia, der EZB-Rat sei der Ansicht, dass die Zinsen auf einem Niveau lägen, das wesentlich dazu beitrage, dass die Inflation rechtzeitig zum Ziel zurückkehre, und dieses Niveau müsse über einen ausreichend langen Zeitraum beibehalten werden. "Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass der derzeitige Zinserhöhungszyklus nun zu Ende ist", fügte er hinzu.
Natürlich könnte es sein, dass die EZB die Zinsen wieder anheben müsse, wenn sich die Inflationsaussichten verschlechterten. Der umgekehrte Fall - eine viel schnellere Rückkehr der Inflation auf 2 Prozent - erscheine ihm sehr viel unwahrscheinlicher. "Daher wäre es verfrüht, die Zinssätze bald zu senken oder über solche Schritte zu spekulieren. Schließlich ist nicht nur die Höhe der Zinssätze ausschlaggebend für den Kurs, sondern auch die Erwartungen über die künftige Entwicklung der Zinssätze", sagte Nagel. Der Haupteffekt der Straffung der Politik auf die Inflation müsse sich erst noch entfalten.
Bedenken, dass der derzeitige geldpolitische Kurs zu restriktiv für die Wirtschaft sein könnte, nimmt Nagel nach eigenen Worten "zur Kenntnis". "Einige argumentieren, dass niedrigere Zinssätze es uns ermöglichen würden, das Wirtschaftswachstum zu steigern, ohne die Preisstabilität zu gefährden. Aber diese Argumentation überzeugt mich nicht", sagte er. Er sei zum einen zuversichtlich, dass der Euroraum eine "harte Landung" vermeiden könne.
Zum anderen könnte es der Wirtschaft mehr schaden, wenn die EZB die Geldpolitik zu früh lockere und dann wieder und noch stärker straffen müsse. "Unter dem Gesichtspunkt des Risikomanagements würde ich es vorziehen, vorsichtig zu sein und eine rechtzeitige Rückkehr zur Preisstabilität sicherzustellen", sagte der Bundesbankpräsident.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/apo
Copyright (c) 2023 Dow Jones & Company, Inc.