Kommentar
16:25 Uhr, 13.09.2022

Nach US-Inflationsdaten brechen S&P500, DAX, Euro-Dollar und Gold ein – Wie geht’s weiter?

Der Anstieg bei S&P500 und DAX hatte sich in den vergangenen Tagen beschleunigt, zumal Investoren auf gute US-Inflationsdaten gehofft hatten. Umso geschockter reagieren Anleger auf die Veröffentlichung der Zahlen. Wie geht es bei S&P500, DAX, Euro-Dollar und Gold weiter?

Geradezu geschockt reagieren Investoren auf die Veröffentlichung der US-Inflationsdaten. Nachdem der DAX kurz vor deren Bekanntgabe noch bis auf 13.550 Punkte nach oben geschossen war – das war ein Anstieg um herbe 6,7 Prozent seit der EZB-Sitzung vom vergangenen Donnerstag! -, ist der Index anschließend ebenso wie der S&P500-Future kräftig nach unten gerauscht.

Der Grund: die überraschend hohen US-Inflationsdaten schüren bei Investoren die Sorge, dass die Fed in den nächsten Monaten nicht etwa eine Kehrtwende in Richtung langsameren Zinserhöhungen einleiten könnte, sondern vielmehr mit deutlichen Zinserhöhungen weitermachen könnte. Damit haben die Aktienmärkte diesseits und jenseits des Atlantiks plötzlich kräftigen Gegenwind, zumal die Zinsen für zweijährige US-Anleihen auf 3,74 Prozent nach oben schießen – das ist das höchste Niveau seit Oktober 2007.

Gleichzeitig wetten Investoren plötzlich, dass die Leitzinsen von aktuell 2,25 bis 2,50 Prozent bei der Sitzung im Dezember bis auf 4 Prozent angehoben werden könnten, nach knapp 3,9 Prozent gestern. Dass in einem Umfeld stark steigender US-Zinsen die US-Growth-Aktien, sprich die Technologie-Aktien überdurchschnittlich stark unter die Räder kommen, sollte niemanden überraschen. Der Grund: die erwarteten stark steigenden Gewinne der Techfirmen werden bei kräftig steigenden US-Zinsen umso stärker abdiskontiert.

Schlechte US-Inflationsdaten

Was war denn an den US-Inflationsdaten so schlecht? Die Verbraucherpreise waren im August um 0,1 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen, wohingegen Volkswirte einen Rückgang um 0,1 Prozent vorhergesagt hatten. Im Juli hatten die Preise noch auf dem Niveau des Vormonats stagniert.

Zudem sind die Verbraucherpreise im August um 8,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, und damit gegenüber Juli (8,5 Prozent) etwas zurückgegangen. Allerdings lag der August-Wert über den Schätzungen der Volkswirte von 8,1 Prozent.

Von Juli auf August waren zwar die Spritpreise um 10,6 Prozent gesunken, allerdings waren gebrauchte Fahrzeuge um lediglich 0,1 Prozent günstiger geworden. Hingegen sind die Preise für neue Fahrzeuge sogar um 0,8 Prozent gestiegen, während bei Mieten ein Anstieg um 0,7 Prozent zu Buche stand. Damit lagen die Mieten um herbe 6,7 Prozent über dem Vorjahresniveau und heizen damit die Inflation weiter an.

Gleichzeitig sind die Preise für Essen zuhause um 0,7 Prozent im Monatsvergleich geklettert. Damit ist Essen zuhause um 13,5 Prozent teurer als vor einem Jahr – das ist der stärkste Anstieg seit März 1979 (13,5 Prozent)!

Kernrate steigt auf zweithöchstes Niveau seit August 1982

Die Zahlen zeigen, dass die hohen Energiepreise der vergangenen Monate längst auf viele andere Bereiche der Wirtschaft übergeschwappt sind und dort die Preise in die Höhe treiben. So sind die Verbraucherpreise gemessen an der Kernrate, also bereinigt um Nahrungsmittel und Energie, im August um 0,6 Prozent gestiegen – das ist doppelt so stark, wie Volkswirte vorhergesagt hatten und hat sich damit gegenüber dem Vormonat (0,3 Prozent) deutlich beschleunigt.

Im Jahresvergleich ist die Kernrate auf 6,3 Prozent geklettert, gegenüber 5,9 Prozent für Juli. Das August-Wert lag damit deutlich über den Erwartungen von 6,1 Prozent. Abgesehen vom März 2022 (6,5 Prozent) ist das der höchste Wert seit August 1982 (7,1 Prozent). Das Problem dabei: Die Fed verweist üblicherweise immer auf die Kernrate der Inflation, wobei die Fed selbst vor allem auf die Kernrate des PCE-Preisindex schaut. Sie ist üblicherweise deutlich niedriger als die Kernrate der Inflation.


Wie geht es weiter?

Wie könnte es in dem Umfeld bei S&P500, DAX, Euro-Dollar und Gold weitergehen? Das hängt davon ab, ob die Stimmung der Investoren plötzlich nachhaltig umschlägt, nachdem sie in den vergangenen Tagen noch euphorisch gefeiert hatten. Wenn die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen in den nächsten Tagen bis zur Fed-Sitzung am nächsten Mittwoch, 21. September weiter deutlich steigen sollten, könnte das für zunehmenden Gegenwind bei S&P500 und DAX sorgen.

Gleichzeitig dürften die steigenden US-Zinsen den Dollar mit nach oben ziehen, womit die Erholung der vergangenen Tage beim Euro schnell auslaufen würde. Damit hätte der Goldpreis gleich von zwei Seiten Gegenwind, womit die Talfahrt beim Goldpreis anhalten würde, dabei nähert er sich immer mehr den 29-Monats-Tiefs.

Wie die Entwicklung von Euro-Dollar, DAX, S&P500 und Gold genau zusammenhängen, werde ich wie gesagt in der Sendung heute Abend ausführlich analysieren.

Umso gespannter warten Investoren auf die nächsten Konjunkturdaten, gerade aus den USA.


US-Produzentenpreise im Blick

Am Mittwoch werden um 11 Uhr die Zahlen zur Industrieproduktion der Euro-Zone bekanntgegeben. Sie soll im Juli um 0,8 Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken sein, nach einem Plus von 0,7 Prozent für Juni. Zudem soll die Produktion um 0,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr geklettert sein, nach einem Zuwachs von 2,4 Prozent für Juni.

Um 14.30 Uhr schauen Investoren auf die US-Produzentenpreise, also jene Preise, die die Unternehmen untereinander weitergeben. Sie sollen im August um 0,1 Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken sein, nachdem im Juli ein Rückgang um 0,5 Prozent zu Buche gestanden war. Bereinigt um Nahrungsmittel und Energie sollen die Preise in der Kernrate um 0,3 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sein und um 7,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr (Juli: 7,6 Prozent).


US-Einzelhandelsumsätze und Industrieproduktion im Fokus

Am Donnerstag werden um 14.30 Uhr die US-Einzelhandelsumsätze bekanntgegeben. Sie sollen im August stabil geblieben sein gegenüber Juli.

Zur gleichen Zeit wird der Einkaufsmanagerindex der Notenbank von Philadelphia für die dortige Industrie veröffentlicht. Nachdem sich der Index im August überraschend stark auf 6,2 Punkte erholt hatte, soll er im September auf nur mehr 3,5 Punkte eingebrochen sein.

Ebenfalls um 14.30 Uhr wird der Empire State Index, also der Einkaufsmanagerindex der Notenbank von New York für die dortige Industrie, bekanntgegeben. Er soll im September von minus 31,3 auf minus 14,5 Punkte nach oben geschossen sein, was allerdings immer noch weit im negativen Bereich wäre. Mich würde es nicht überraschen, wenn der Index deutlich schwächer als erwartet ausfallen würde.

Um 15.15 Uhr folgen die Daten zur US-Industrieproduktion. Volkswirte sagen für August einen leichten Anstieg um 0,2 Prozent gegenüber dem Vormonat vorher. Analysten werden zudem vor allem auf die Daten zur „reinen“ Industrieproduktion, also bereinigt um Bergbau und Versorger, schauen.

US-Verbrauchervertrauen zum Wochenabschluss

Um 4 Uhr kommen aus China die Daten zu Einzelhandelsumsätzen, Industrieproduktion und Investitionen. Sie sollten einmal mehr die Konjunkturschwäche bestätigen.

Um 11 Uhr werden die endgültigen Inflationsdaten für die Euro-Zone veröffentlicht. Laut den vorläufigen Zahlen war die Inflation im August auf den Rekord von 9,1 Prozent gestiegen.

Um 16 Uhr veröffentlicht die Universität Michigan die Zahlen zum US-Verbrauchervertrauen. Es soll im September leicht gestiegen sein auf 59,9 Punkte.

In meiner Sendung "Euer Egmond" analysiere ich wöchentlich die Märkte!

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