Kommentar
07:47 Uhr, 16.06.2022

Nach Fed-Sitzung schießen S&P500, DAX und Gold aus dem falschen Grund nach oben – Wie geht’s weiter?

Die Fed hat bei der Sitzung die größte Zinserhöhung seit 1994 angekündigt. Umso stärker haben Investoren auf die Signale des Anleihenmarktes auf die Pressekonferenz mit Fed-Chef Jay Powell reagiert.

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Partystimmung nach der gestrigen Fed-Sitzung: Zu den Gründen komme ich gleich. Zuerst will ich die Prognosen der Fed kurz analysieren.

So hat die Fed die Prognose für das Wirtschaftswachstum für das vierte Quartal 2022 auf 1,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingedampft, nachdem die Notenbank noch im März ein Plus von 2,8 Prozent vorhergesagt hatte. Dann ist allerdings einmal mehr die Realität dazwischengekommen.

Gleichzeitig hat die Fed die Prognose für die Kernrate des PCE-Preisindex, des bevorzugten Inflationsindikators der Fed, für das vierte Quartal nur leicht angehoben auf 4,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr, nach 4,1 Prozent in der März-Schätzung.

Zudem hat die Fed – wie erwartet - die Leitzinsen um 75 Basispunkte (0,75 Prozentpunkte) auf 1,50 bis 1,75 Prozent angehoben – das ist die stärkste Anhebung seit 1994. Für die nächste Sitzung am 27. Juli hat Fed-Chef Jay Powell auf der Pressekonferenz allerdings eine Erhöhung entweder um 50 Basispunkte oder um 75 Punkte signalisiert. „Ich erwarte nicht, dass Anhebungen dieser Größenordnung (75 Basispunkte) die Norm werden, sagte Powell.

Gleichzeitig hat die Fed die Prognose für die Leitzinsen zum Jahresende auf 3,4 Prozent angehoben. Gegenüber dem aktuellen Niveau müsste die Fed die Zinsen also um knapp 175 Basispunkte nach oben schrauben. Ein derart hohes Niveau kann die hoch verschuldete US-Wirtschaft meiner Meinung nach in keinster Weise verkraften.

US-Wirtschaft ist am Rande einer Rezession

Auf der Pressekonferenz hat sich Powell dennoch einmal mehr als großer Bekämpfer der Inflation gegeben. „Die Fed fühlt sich stark verpflichtet, die Inflation auf ihr Zwei-Prozent-Ziel zurückzubringen“, schrieb die Fed in ihrer Pressemeldung. Dabei ist Investoren nach den anhaltend schwachen Konjunkturdaten klar, dass, je schneller und stärker die Fed die Zinsen anhebt, die US-Wirtschaft umso schneller in eine Rezession abschmiert, woraufhin die Fed mit umso stärkeren Zinssenkungen und einer Neuauflage des QE-Gelddruckens reagieren müsste.

Zur Erinnerung: Laut den heute vorgelegten Daten waren die US-Einzelhandelsumsätze im Mai überraschend um 0,3 Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken, während die allzeit optimistischen Volkswirte einen Anstieg um 0,1 Prozent vorhergesagt hatten. Gleichzeitig ist das Plus für April von 0,9 Prozent auf 0,7 Prozent nach unten korrigiert worden. Die US-Verbraucher sind dann wohl doch nicht in so „ sehr guter Verfassung“, wie Powell auf der Pressekonferenz behauptet hatte.

Nach der Vorlage der US-Einzelhandelsumsätze hatte die Fed von Atlanta die Prognose für das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal von annualisiert 0,9 Prozent auf null Prozent eingedampft. Sie lesen richtig: 0 Prozent! Damit ist die Wirtschaft am Rande einer Rezession, nachdem die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal um annualisiert 1,5 Prozent geschrumpft war. Der annualisierte Wert wird errechnet, indem man die Veränderung gegenüber dem Vorquartal mit vier multipliziert.

Genau diese Rezessionssorgen der Investoren – und damit die Erwartung auf eine baldige Neuauflage von QE - hat der Anleihenmarkt während der Pressekonferenz und danach klar widergespiegelt. So sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen trotz Powells Aussagen nicht etwa nach oben geschossen, sondern vielmehr eingebrochen, von 3,44 Prozent um 20.15 Uhr bis auf 3,30 Prozent um 22 Uhr zum Börsenschluss in den USA. Damit wird die Wirtschaft nicht mehr ganz so stark gebremst wie bisher.

Einbruch der US-Zinsen treibt Aktien nach oben

Und was tun Investoren bei sinkenden US-Zinsen? Sie greifen wieder bei Aktien zu, gerade den hochbewerteten Growth-Aktien, woraufhin die Tech-Aktien, wie Apple, Amazon, Microsoft, Alphabet , Meta Platforms und Netflix allesamt deutliche Gewinne verbucht haben. Die Investoren haben damit aus dem völlig falschen Grund die Aktienmärkte nach oben getrieben, das dürfte allerdings vielen Investoren und Privatanlegern vollkommen egal sein.

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Größter Gewinner im S&P 500 war der Sektor S&P500 Consumer Discretionary (zyklischer Konsum), mit den Schwergewichten Amazon, Tesla , The Home Depot, McDonald's Corp, NIKE, mit einem Plus für den Sektor von 3,0 Prozent. Die Party beim S&P500 hat auch den DAX nachbörslich deutlich mit nach oben gezogen.

Hingegen hat der Einbruch der US-Zinsen den Dollar mit nach unten gezogen, beispielsweise gegenüber Euro und Yen, woraufhin der Goldpreis von zwei Seiten Rückenwind hatte und ebenfalls deutlich zugelegt hat.

Wie könnte es an den Aktienmärkten diesseits und jenseits des Atlantiks kurzfristig weitergehen? Kurzfristig könnten sich S&P500 und DAX, sowie Gold weiter erholen, zumal der Verfallstag am Freitag mit großen Schritten näher rückt, vorausgesetzt die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen bleiben zumindest erst einmal auf dem Niveau, oder sinken sogar noch etwas weiter. Glücklicherweise ist auch noch heute am Donnerstag „Blackout Period“ bei der Fed, demnach sich Fed-Mitglieder nicht zur Geldpolitik äußern dürfen. Sollten die Zinsen allerdings – aus welchen Gründen auch immer – schnell wieder nach oben drehen, dürfte die Erholung bei S&P500 und DAX schneller auslaufen, als viele Anleger hoffen.

Diese und ähnliche Themen analysiere ich jeden Dienstagabend um 18 Uhr in der Sendung „Euer Egmond“ von BNP Paribas Zertifikate ebenso wie US-Konjunkturdaten, und wie es in dem Umfeld bei S&P500 und DAX, einigen Einzelwerten aus den Indizes, EUR/USD und Gold weitergehen könnte. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich die Sendung anschauen würden.

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