Kommentar
15:30 Uhr, 05.12.2008

Mit mehr Dynamik zum Erfolg

Rohstoffe wurden in den vergangenen Jahren als Assetklasse wiederentdeckt und erlebten einen beispiellosen Boom. Nicht nur die Preise zahlreicher Rohmaterialien explodierten, auch das Angebot an Investitionsmöglichkeiten hat stark zugenommen. Anleger können inzwischen wie bei anderen Basiswerten auch mit verschiedenen Zertifikaten an der Kursentwicklung zahlreicher Rohstoffe partizipieren. Wer nach den starken Kurseinbrüchen der vergangenen Monate - viele Rohstoffe haben ähnlich wie die Aktienmärkte deutlich an Wert verloren - eine Beruhigung der Märkte erwartet, kann mit Open-end-Zertifikaten auf Rohstoffindizes ein breit gestreutes Rohstoffinvestment tätigen. Einer der bekanntesten Rohstoffindizes ist der S&P GSCI. Er besteht aus 24 Rohstoffen und wird nach bestimmten, festen Regeln zusammengesetzt. Insgesamt entfallen 70% der Indexgewichtung auf Energierohstoffe, wobei Öl mit 47.5% Prozent den größten Anteil stellt.

Rohstoffe funktionieren anders als Aktien

Die Besonderheit bei Rohstoffanlagen liegt darin, dass nicht der Rohstoff selber der Basiswert ist, sondern der entsprechende Rohstoff-Future. Sie haben allerdings nur eine begrenzte Laufzeit, so dass die Futures-Kontrakte in regelmäßigen Abständen durch neue, längerlaufende Kontrakte ersetzt werden. Dieser Vorgang wird als „Rollen“ bezeichnet und je nach Preisstellung der Kontrakte kann der längerlaufende Future teurer (Contango genannt) oder billiger (Backwardation genannt) sein als der aktuelle. Notiert ein Rohstoff-Future in einer Contango-Situation, so erwarten die Marktteilnehmer künftig steigende und in Backwardation fallende Preise im entsprechenden Future. Die Futureskurse, die auch als Forwardkurve bezeichnet werden, bilden somit die Markterwartungen für die künftige Preisentwicklung ab.

Rollvorgang beeinflusst Performance

Aufgrund der unterschiedlichen Futurespreise eines Rohstoffs und damit der Erwartungen können beim Rollvorgang Gewinne aber auch Verluste entstehen. In einer Contango-Situation beispielsweise wird bei einem unbegrenzt laufenden Indexzertifikat der billigere, aktuelle Future verkauft und der teurere, nächstfällige Futures-Kontrakt erworben. Das kann zu einem Verlust führen, sollte beim nächsten Rollvorgang der Kurs des auslaufenden Futures den Preis des nächsten Futures nicht überschreiten. Umgekehrt verhält es sich in Backwardation. Dann erzielt ein Open-end-Indexzertifikat bereits einen Gewinn, wenn zum nächsten Rolltermin der Preis des nächstfälligen billigeren Futures nicht unterschritten wird.

Contango-Beispiel: Notiert der Brent-Future mit Fälligkeit im Dezember bei 70 Dollar und der nächstfällige Januar-Brent-Future bei 71 Dollar, so muss der Future bis zur Januar-Fälligkeit mindestens auf 71 Dollar steigen, damit das Open-end-Zertifikat einen Gewinn erzielt (Gebühren sowie An- und Verkaufsspannen außer Acht gelassen).

Diese Erwartungen können sich aber über die Laufzeit der einzelnen Futures-Kontrakte ändern. Ein Contango kann sich in Backwardation verwandeln und umgekehrt. Je nach Erwartung ändern sich die Preise der Futures zueinander. So notieren Sojabohnen derzeit bis zum August 2009 in Contango und danach bis zum November 2009 in Backwardation. Bis September 2010 steigen die Kurse dann wieder an. Bei den bekannten Rohstoffindizes sind die Rollvorgänge statisch und werden zu bestimmten im voraus definierten Terminen gerollt. Doch nicht immer ist dieser statische Rollvorgang optimal. So kann es sinnvoll sein, Rohstoffe, die sich in Contango befinden, anders zu rollen als solche, die sich in Backwardation befinden.

S&P GSCI Dynamic – der bessere Rollmechanismus

Um den Rollvorgang zu optimieren, hat etwa Goldman Sachs als erster Emittent seit geraumer Zeit eine innovative Rollstrategie für Rohstoffindexinvestments entwickelt. Dafür hat sie einen neuen Index geschaffen, den S&P GSCI Dynamic. Wie beim S&P GSCI besteht er aus 24 Rohmaterialien, doch im Unterschied zum S&P GSCI ist der Roll-Mechanismus dynamisch. Je nach Marktlage kann der Rollvorgang unterschiedlich ausfallen. So kann es beispielsweise sein, dass nicht in den nächstfälligen Future gerollt wird, sondern in andere längerlaufende Futures-Kontrakte. Beim Rollmechanismus im S&P GSCI Dynamic werden vor allem stabile Saisonalitäten bei der Kalkulation des Index berücksichtigt. Saisonalitäten sind regelmäßig wiederkehrende Zeiträume, in denen sich die Angebots- und Nachfragesituation und damit die Preise bestimmter Güter immer wieder ähnlich entwickeln. So zeigt beispielsweise Erdgas jedes Jahr einen erheblichen nachfrageinduzierten Preisanstieg in den Monaten März bis Oktober. Das Wissen um diese Effekte sowie die damit verbundenen Erwartungen am Rohstoffmarkt gehen in den GSCI Dynamic ein. S&P GSCI Dynamic Indizes werden aber nicht aktiv gemanagt, das Konzept beruht vielmehr auf statischen Modellen, die anhand von historischen Backtesting-Verfahren zwischen den Jahren 1991 und 2006 überprüft und festgelegt wurden. Dabei hat sich gezeigt, dass sich der GSCI Dynamic in positiven wie negativen Marktphasen besser entwickelt hat als der S&P GSCI (siehe Chart). Die Risiken beim Rollvorgang können aber durch den Optimierungsprozess des S&P GSCI Dynamic nicht ausgeschlossen werden. Wie beim herkömmlichen S&P GSCI können je nach Futureskonstellation Rollgewinne oder -verluste entstehen.

Allerdings können starke Kursrückgänge der enthaltenen Rohstoffe auch durch einen optimierten Rollvorgang nicht in Indexzuwächse verwandelt werden. Das zeigt auch die jüngere Historie aus diesem Jahr als die beiden GSCI-Indizes kräftig an Wert einbüssten. Dennoch hat seit Februar der S&P GSCI Dynamic Excess Return etwa 2 Prozentpunkte weniger eingebüsst als der vergleichbare S&P GSCI.

Autor: Jochen Fischer, Derivate-Experte bei Goldman Sachs

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