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11:41 Uhr, 05.12.2023

Ministeriums-Beirat sieht zwei Wege für Reform der Schuldenbremse

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium hat eine grundlegende Reform der Schuldenbremse vorgeschlagen und dafür eine Ausnahme für öffentliche Nettoinvestitionen und die Einrichtung von Investitionsfördergesellschaften als Maßnahmen ins Spiel gebracht, die alternativ gelten oder miteinander kombiniert werden könnten. Der Beirat sehe eine Schuldenbremse grundsätzlich als sinnvoll und notwendig an, um der Kurzfristorientierung der Politik entgegenzuwirken, insbesondere der Tendenz, die Kosten heutiger Staatsausgaben auf zukünftige Generationen zu verlagern.

"Die gleiche Kurzfristorientierung macht es aber auch attraktiver, staatliche Konsumausgaben zu Lasten staatlicher Investitionen zu tätigen. Darum ist eine Reform der Schuldenbremse sinnvoll", sagte der Vorsitzende des Beratungsgremiums, Eckhard Janeba. Der Beirat mache zwei Reformvorschläge, die sich nicht wechselseitig ausschlössen. Erstens sollte die Schuldenbremse zu einer "Goldenen Regel Plus" weiterentwickelt werden. Danach würden öffentliche Nettoinvestitionen, die schuldenfinanziert sind, nicht auf die maximale Nettokreditaufnahme der Schuldenbremse angerechnet, wenn deren investiver Charakter durch eine unabhängige Institution bestätigt werde.

"Die Beschränkung auf Nettoinvestitionen zwingt den Staat, die Erhaltung des bestehenden Kapitalstocks aus regulären Haushaltsmitteln zu finanzieren. Nur zusätzliche Investitionen sind von der Schuldenbremse ausgenommen", sagte Beiratsmitglied Klaus Schmidt. Da die Nettoinvestitionen in der Vergangenheit sehr gering gewesen seien, werde so ein starker Investitionsanreiz gegeben, der nur zu einer moderaten zusätzlichen Verschuldung führe.

Zweitens schlagen die Berater von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in ihrem neuen Gutachten den Angaben zufolge die Einrichtung von Investitionsfördergesellschaften vor, die bindende vertragliche oder gesetzliche Ansprüche auf gleichbleibende Mittelzuweisungen über einen mehrjährigen Zeitraum hätten, um damit eine Verstetigung der Investitionen in öffentlichen Haushalten zu garantieren. Eine eigene Kreditaufnahmefähigkeit dieser Gesellschaften sehe der Beirat allerdings "kritisch", sagte Janeba.

   Druck auf öffentliche Finanzen nimmt zu 

Deutschland stehe "vor erheblichen finanzpolitischen Herausforderungen, und das nicht erst seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts", konstatierte Schmidt. Der Druck auf die öffentlichen Finanzen werde in den nächsten Jahren und Jahrzehnten dramatisch zunehmen, und zwar durch die demografische Entwicklung sowie die digitale und ökologische Transformation. "Wir müssen unsere Verteidigungs- und Außenpolitik neu ausrichten mit erheblichen fiskalischen Auswirkungen und aufgrund des Zinsanstieges werden auch die Zinsausgaben deutlich zunehmen", sagte er.

"In dieser Situation führt jetzt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts dazu, dass die Haushaltsspielräume in den nächsten Jahren drastisch eingeschränkt werden." Dies sei ein großes Problem, weil es vor allem zulasten der öffentlichen Investitionen gehen werde, die im internationalen Vergleich sehr niedrig seien. Janeba betonte, das Gutachten sei aber vor dem Karlsruher Urteil erstellt worden.

Mit Blick auf die Reform der EU-Fiskalregeln empfahlen die Wissenschaftler der Regierung, darauf zu dringen, dass sich die europäischen und deutschen Haushaltsregeln nicht zu weit auseinanderentwickelten. Auch sollten unabhängige Institutionen verstärkt zur Überwachung eingesetzt werden. Die Wissenschaftler forderten laut Schmidt zudem in Deutschland "eine über die mittelfristige Finanzplanung hinausgehende Finanzplanung".

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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