Kommentar
11:08 Uhr, 16.06.2017

Metallpreise: Augen auf beim Eisenerzkauf

  • Seit Anfang 2016 haben sich die Metallpreise erholt – im Gegensatz zum Rohstoff-Superzyklus in den 2000er Jahren, ist der Anstieg aber weniger gleichförmig, spezifische Risiken spielen eine größere Rolle
  • Eisenerz unterliegt in der zweiten Jahreshälfte 2017 den größten Abwärtsrisiken aufgrund von Umstellungen in der chinesischen Stahlproduktion
  • Die positiven Trends bei Kupfer und Aluminium dürften hingegen anhalten
  • Wir haben Eisenerzproduzenten in unseren Schwellenländeranleihefonds entsprechend untergewichtet

Die Kupferpreise erhielten durch ein reduziertes Angebot Unterstützung, unter anderem da Grasberg, die drittgrößte Kupfermine der Welt, streikte. Gleichzeitig stieg die Nachfrage nach Kupfer, nicht zuletzt aufgrund Chinas Politik, den Verkauf von Elektrofahrzeugen anzukurbeln (jedes Elektroauto benötigt mehr als 90 Kilogramm Kupfer). Die Aluminiumpreise blieben ebenfalls fest, nachdem Chinas Umweltschutzbehörde eine Richtlinie für Produzenten in 28 Städten erließ, die Produktion im Winter zu kürzen. Eisenerz schoss 2016 um 80 Prozent in die Höhe, als Reaktion auf die Entscheidung der chinesischen Regierung, die Kohleproduktion zu drosseln. Beide Rohstoffe werden bei der Stahlerzeugung benötigt.

Diese spezifischen Faktoren werden die Metallpreise weiterhin stark beeinflussen. Bei meiner jüngsten Analystenreise nach China besuchte ich Bergbau- und Bauunternehmen in Peking und Jinan. Ich habe den Eindruck, dass Eisenerz in der zweiten Jahreshälfte 2017 den größten Abwärtsrisiken unterliegen wird. Der Grund liegt in der Stahlerzeugung. Es gibt im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, Stahl herzustellen: Eine Möglichkeit ist die Nutzung eines Hochofens, der Eisenerz und Kohle benötigt. Die zweite Methode ist, Stahlschrott in einem Induktionsofen zu schmelzen. Anfang des Jahres hat Chinas Regierung beschlossen, dass Induktionsöfen, die Stahlschrott zu Stahl recyceln, bis Juni 2017 abgeschafft werden sollen. Das bedeutet, dass Stahlschrott als Rohstoff für Induktionsöfen keine Verwendung mehr findet. Meine Gespräche mit chinesischen Stahlproduzenten deuteten darauf hin, dass sie darauf vorbereitet sind, den Stahlschrott (schätzungsweise 60 Mio. Tonnen) nun in Hochöfen zu verwenden, da dort dem Eisenerz bis zu 20 Prozent Stahlschrott zugefügt werden können, ohne dass die Stahlqualität darunter leidet. Das reduziert die Nachfrage nach Eisenerz.

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Quelle: Bloomberg, 31. Mai 2017 

Obwohl die Eisenerzpreise nach ihrem Höhenflug 2016 seit Jahresbeginn 2017 bereits um 27 Prozent nachgegeben haben, müssen die Märkte dieses zusätzliche Risiko meines Erachtens noch einpreisen. Die Kannibalisierung der Nachfrage durch Stahlschrott, gekoppelt mit einem bereits signifikanten Eisenerzangebot für 2017, sollte die Eisenerzpreise dieses Jahr nach oben begrenzen. Die gute Nachricht ist, dass Stahlschrott bis Ende 2017 vollständig absorbiert sein sollte. Abgesehen von Verzögerungen bei der Schließung der Induktionsöfen, sollte das zu einer Erholung der Eisenerzpreise 2018 beitragen.

Im Gegensatz dazu erwarte ich, dass die positiven Trends sowohl für Kupfer als auch für Aluminium anhalten werden. Beide Metalle unterliegen in absehbarer Zukunft weniger Angebotsrisiken, was die Preise nach unten absichern sollte. Wir haben unsere Schwellenländer-Unternehmensanleihefonds dementsprechend positioniert, indem wir Eisenerzminen untergewichten. Nichtsdestotrotz haben wir ein Auge auf politische Richtungswechsel in China, die uns zur Änderung unserer Anlagethese veranlassen würden.

Autor: Wee-Lee Cheng, Senior Credit Analyst bei NN Investment Partners

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