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17:25 Uhr, 28.06.2012

Medien: Slowenien wird zum nächsten Sorgenkind der EU

Ljubljana (BoerseGo.de) – Das kleine Balkanland Slowenien wird zum neuen Sorgenkind der EU. Die größte Bank des Landes ruft laut „Handelsblatt" nach staatlicher Hilfe. Wegen der rasant gestiegenen Verschuldung kann Slowenien den Banken aber kaum noch helfen.

Im Vorjahr 2011 wies Slowenien ein Haushaltsdefizit von 6,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf. Die Regierung will das Haushaltsdefizit auf 3,5 bis 4 Prozent des BIPs senken. Dabei wird mit Spannung auf die Abstimmung über ein Gesetz zur Begrenzung der öffentlichen Ausgaben im Juli gewartet.

„Der Juli wird der Moment der Wahrheit sein, da das Parlament über die goldene Haushaltsregel und über Änderungen bei der Umsetzung von Referenden abstimmen wird“, so der slowenische Ministerpräsident Janez Jansa im Gespräch mit dem slowenischen Radiosender Ognjisce.„Wenn wir immer weiter noch mehr Schulden machen, werden wir hier ein griechisches Szenario sehen und diese Generation wird teuer für die Dummheit von denen, die Entscheidungen verzögert haben, zahlen müssen“, ergänzte der Ministerpräsident.

Besondere Sorgen bereitet der Bankensektor des Landes. Die slowenischen Banken hatten im Vorjahr 2011 insgesamt Verluste von 356 Millionen Euro hinnehmen müssen. Auch für das laufende Jahr 2012 wird mit weiteren Verlusten im slowenischen Bankensektor gerechnet. Es wäre dann das dritte Verlustjahr in Folge. Die Banken sitzen auf einem Haufen „fauler Kredite“ im Volumen von rund 6 Milliarden Euro.

Die größte Sorge bereitet die Nova Ljubljanska Banka (NLB). Sie hat einen Marktanteil von rund 30 Prozent und ist damit eine systemrelevante Bank für Slowenien. Der Staat ist mit 55,6 Prozent an dem Institut beteiligt. Die NLB hatte 2011 einen Nettoverlust von 239 Millionen Euro eingefahren. Im Jahr 2010 wurde nur ein Nettoverlust von 202 Millionen Euro in die Bücher geschrieben.

Wegen ihrer niedrigen Eigenkapitalquote fiel die NLB beim jüngsten Bankenstresstest der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) durch. Laut EBA braucht die NLB mindestens 320 Millionen Euro frisches Kapital um die Anforderungen zu erfüllen. Daher will der Staat bedingte Pflichtwandelanleihen, sogenannte Contingent Convertible Bonds (CoCo-Bonds), im Volumen von 320 Millionen Euro von der Bank kaufen um dem Institut zu helfen die Eigenkapitalquote von derzeit 6 Prozent auf die von der EBA geforderten 9 Prozent anzuheben. Der Staatskredit für die NLB ist aber zeitlich begrenzt und wird im Juni 2013 auslaufen. Die NLB-Aktionäre hatten am Vortag einer Kapitalerhöhung im Volumen von insgesamt 381 Millionen Euro durch CoCo- und anderer Bonds bereits zugestimmt.

Am heutigen Donnerstag hat auch die belgische Banken- und Versicherungsgruppe KBC eingewilligt ihren Anteil an der NLB für 61 Millionen Euro von 25 auf 33,9 Prozent zu erhöhen, wie der slowenische Finanzminister Janez Sustersic mitteilte. Damit kann die NLB ihr Eigenkapital um insgesamt 381 Millionen Euro erhöhen.

Jedoch brauchen die zweit- und drittgrößte Bank des Landes, NKBM und Abanka, ebenfalls Kapital um die EBA-Anforderungen zu erfüllen. Die neuen EBA-Eigenkapitalrichtlinien gelten für alle europäischen Banken zum Stichtag 30. Juni.

Einen "Bailout" will Slowenien aber vermeiden. "Wir erwägen derzeit keinen Bailout“, teilte der Finanzminister mit. „Wir haben noch nicht über die Höhe von Hilfsgeldern nachgedacht, weil wir Hilfen derzeit nicht in Betracht ziehen“, sagte er gegenüber Journalisten. „Solche Hilfen können eine Maßnahme sein um faule Kredite von Banken teilweise abzudecken, aber zuerst müssen wir sehen wie hoch das Volumen solcher faulen Kredite ist“.

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Über den Experten

Christian Zoller
Christian Zoller

Christian Zoller studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Regensburg sowie an der WU Wien, mit den Schwerpunkten Investmentbanking und Corporate Finance. Seit 1995 ist er in den Bereichen Fundamentalanalyse und Technische Analyse tätig. Seine berufliche Laufbahn führte Zoller unter anderem zur Austria Presse Agentur (APA-Finance), zu BörseDaily und stock3. Zudem verfasste er Fachartikel für den Newsletter „Trendwatch“ des Heikin-Ashi-Experten Dan Valcu und ist Autor des Fachbuchs „Behavioral Finance bei Technischer Analyse“. Für die Finanzmarktanalyse verwendet Zoller unter anderem gerne Saisonalitäten, die Sentimentanalyse, Fundamentaldaten und die Charttechnik.

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