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14:06 Uhr, 03.12.2025

Marktstimmung: "Den Schaum weggepustet"

Trotz des anhaltenden Optimismus könnten den Bullen der Atem ausgehen. Wie viel Nachfragepotenzial verblieben ist, weiß Joachim Goldberg.

Zusammenfassung

Angesichts eines geringen Kursplus seit vergangener Woche und eines Rekordoptimismus gab es kaum Gewinnmitnahmen: 12 Prozent der Profis haben Aktien verkauft und nur 2 Prozent der Privaten. Die Mehrheit der Wechsler hat sich an die Seitenlinie zurückgezogen. Die beiden Sentiment-Indizes stehen mit +42 und +31 immer noch ziemlich hoch.

Joachim Goldberg glaubt nicht, dass die Erwartung einer Jahresendrally hinter dem Optimismus steckt, und geht davon aus, dass die meisten Long-Positionen noch im Minus sind. Zwischen 24.000 und 24.100 DAX-Punkten würde der Verhaltensökonom mit weiteren Gewinnmitnahmen rechnen. Es könnte aber auch sein, dass viele angesichts der wenigen verbliebenen Tage ihre Engagements einfach durchhalten. An der Unterseite sieht Goldberg erst ab 23.150/200 Punkten etwas stützende Kaufbereitschaft.

3. Dezember 2025. FRANKFURT (Goldberg & Goldberg). Selten in diesem Jahr dürfte die Hoffnung auf steigende DAX-Kurse so groß gewesen sein wie in den letzten Tagen. Denn der Optimismus der Investment-Profis befand sich am vergangenen Mittwoch auf dem höchsten Niveau seit dem Jahr 2002, und entsprechend hoch sollten die Erwartungen gewesen sein.

Diese dürften sich allerdings nur für einen Teil der Optimisten erfüllt haben, denn der DAX stieg zwar im Wochenvergleich um 1,3 Prozent und lag zeitweise seit unserer vergangenen Erhebung auch noch etwas höher, aber den ganz großen Kurszuwachs hat es bislang nicht gegeben. Bei allem Glauben an eine Jahresendrallye, eine fast vollständig eingepreiste Leitzinssenkung von 25 Basispunkten in den USA in der kommenden Woche blieben die möglichen Kurstreiber ansonsten überschaubar. Und wer sich hinsichtlich der Risikofreude gar – wie es neuerdings Mode ist – an der Bitcoin-Entwicklung orientieren wollte, dürfte sich nicht allzu sehr darüber gewundert haben, dass es zwischendurch auch noch einen Rücksetzer für den DAX gab. Aber auch dieser blieb, ausgehend vom Kurshoch der Sentiment-Woche, mit einem Minus von zeitweise 1,9 Prozent ebenfalls gering und wurde mittlerweile fast vollständig aufgeholt.

Überschaubare Gewinnmitnahmen

Was nun die institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont angeht, hat sich deren Optimismus im Zuge der DAX-Erholung erwartungsgemäß reduziert, so dass unser Deutsche Börse Sentiment-Index um 15 Punkte auf einen neuen Stand von +42 zurückgefallen ist. Dabei ist das Bullenlager um 12 Prozentpunkte geschrunpft, wobei rund drei Viertel der ehemaligen Optimisten zu den neutral gestimmten Investoren wanderten und es per Saldo bei Gewinnmitnahmen gegenüber der Vorwoche beließen. Das verbleibende Viertel drehte seine Position direkt um 180 Grad in Richtung Bärenlager. Bildlich gesprochen wurde vom extremen Optimismus der Schaum weggepustet.

Bei den Privatanlegern gab es zumindest unter dem Strich kaum Verschiebungen. Der Deutsche Börse Sentiment-Index geht um einen Punkt zurück auf einen neuen Stand von +31. Dabei hat sich die Polarisierung zwischen Bullen und Bären asymmetrisch leicht reduziert. Bei näherem Hinsehen stellt sich allerdings heraus, dass es im Gegensatz zur Vorwoche nun wieder eine deutliche Stimmungs-Spreizung zwischen denjenigen, die wir über Social Media befragen, und den übrigen Privatanlegern gibt. Und weil sich Erstere im Gegensatz zur Vorwoche deutlich bullisher zeigen, wird die leicht eingetrübte Stimmung der übrigen Privatanleger dadurch übertüncht. Dort gab es nämlich ähnlich wie bei den institutionellen Investoren eine Verringerung des Bullenlagers, allerdings nur um 5 Prozentpunkte. Auch wagte sich nur ein Fünftel der ehemaligen Optimisten direkt auf die Bärenseite.

Viele Bullen immer noch in Schieflage

Mit der heutigen Befragung hat sich die Stimmungskluft zwischen institutionellen Investoren und Privatanlegern wieder verringert. Allerdings ist der Deutsche Börse Sentiment-Index bei Ersteren mit einem Stand von +42 immer noch sehr hoch. Man muss nämlich schon über vier Jahre zurückgehen, um einen höheren Optimismus zu finden. Während mancherorts über die Motive der (verbleibenden) Bullen sinniert und bezweifelt werden dürfte, dass die Hoffnung auf eine Jahresendrallye als alleiniger Grund für einen derart hohen Bullenstand als Erklärung ausreicht, darf nicht vergessen werden, dass sich viele dieser Engagements immer noch unter Wasser befinden.

Der (wahrgenommene) durchschnittliche Einstandspreis dieser Positionen liegt schätzungsweise zwischen 24.000 und 24.100 DAX-Zählern, weswegen wir normalerweise an dieser Stelle weiteres Angebot erwarten würden. Allerdings ist es zumindest bei den institutionellen Investoren angesichts des nahenden Weihnachtsfestes und hinsichtlich des Jahresultimos gut möglich, dass viele dieser Engagements durchgehalten und nicht ausgekehrt werden. An der Unterseite hat sich die schlechte Nachfragesituation minimal entschärft, so dass auf dem Niveau von 23.150/200 DAX Zählern bei einem möglichen, aber nicht zwingenden Schwächeanfall des DAX zumindest etwas Kaufbereitschaft bestünde.

von Joachim Goldberg

3. Dezember 2025, © Goldberg & Goldberg für Deutsche Börse

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Sentiment-Index institutioneller Anleger*innen

Bullish Bearish Neutral
Total 59% 17% 24%
ggü. letzter Erhebung -12% +3% +9%

DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 23.800 Punkte (+300 Punkte zur letzten Erhebung)
Deutsche Börse Sentiment-Index institutionell Anlegende: 42 Punkte (-15 Punkte zur letzten Erhebung)

Sentiment-Index privater Anleger*innen

Bullish Bearish Neutral
Total 55% 24% 21%
ggü. letzter Erhebung -2% -1% +3

DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 23.800 Punkte (+300 Punkte zur letzten Erhebung)
Deutsche Börse Sentiment-Index privat Anlegende: 31 Punkte (-1 Punkt zur letzten Erhebung)

Über den Deutsche Börse Sentiment-Index

Der Deutsche Börse Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.