Werbung
Video
13:43 Uhr, 29.10.2025

Marktstimmung: "Bullen unter Zug-Zwang"

Im allgemeinen Kursanstieg, dem sich der DAX allerdings entzieht, wechseln viele hiesige Investorinnen und Investoren auf die Long-Seite. Für Joachim Goldberg aus Gründen kein gutes Zeichen.

Zusammenfassung

Kaum Kursbewegung im Verlauf und kein Plus oder Minus seit vergangenem Mittwoch – dennoch viel Bewegung bei den hiesigen Anlegern. 13 Prozent der Profis haben Aktien gekauft, davon kam die Mehrheit von der Short-Seite. Der Sentiment-Index schnellt auf +24 Punkte. Auch von den Privaten sind 9 Prozent long gegangen, diese kamen jedoch von der Seitenlinie. 3 Prozent haben sich zu den Bären gesellt. Der Sentiment-Index dieser Gruppe steigt auf +27 Punkte.

Joachim Goldberg sieht hinter den Positionierungen vor allem FOMO, die Angst, etwas zu verpassen. Den Optimismus wertet er noch nicht extrem. Aber die Tatsache, dass mit dem Stimmungswechsel kein Kursanstieg einher gegangen ist, gibt dem Verhaltensökonom zu denken. Er vermisst die Preisdynamik und rechnet deswegen ab 24.850 und 24.900 Punkten mit Aktienverkäufen. Das setze den DAX im Vergleich zu den Vorwochen unter Druck.

29. Oktober 2025. FRANKFURT (Goldberg & Goldberg). Nun hat sich seit unserer vergangenen Sentiment-Erhebung in der Außenpolitik des US-Präsidenten wieder einmal einiges geändert. Donald Trump wird nun am morgigen Donnerstag in Südkorea auf den chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping treffen. Und es machte sich bereits zum Wochenende Hoffnung breit, dass es womöglich zu einem baldigen Ende des Handelskonflikts zwischen beiden Staaten kommen würde. Während die US-Aktienmärkte, gemessen an den wichtigen Indizes S&P 500 und Nasdaq, fast schon euphorisch auf die neuerliche Volte Trumps reagierten und mit drei neuen Allzeithochs aufwarteten, blieb es hierzulande erstaunlich ruhig. Das Börsenbarometer produzierte nämlich mit knapp 1,3 Prozent die engste Handelsbandbreite einer Sentiment-Woche in diesem Jahr. Kein Wunder, dass die Kursveränderung gegenüber vergangenem Mittwoch gleich null war.

So gesehen stellt das Ergebnis der heutigen Sentiment-Erhebung unter institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont eine kleine Überraschung dar. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist bei eben sehr ruhigem Geschäft um 22 Punkte auf einen neuen Stand von +24 gestiegen. Auch ist bemerkenswert, dass der Anstieg im Bullenlager von 13 Prozentpunkten insbesondere durch vormals bearish eingestellte Investoren zustande gekommen ist. Tatsächlich haben rund 70 Prozent ehemaliger Pessimisten ihre Position um 180 Grad von bearish auf bullish gedreht, obwohl seit dem vergangenen Mittwoch lediglich ein Rücksetzer von 0,8 Prozent zustande kam. Am Zuwachs bei den Bullen sind auch noch 30 Prozent ehemals neutral gestimmter Akteure beteiligt gewesen.

Viel Zeit zum Einsteigen

Eine ähnliche Entwicklung gab es bei den Privatanlegern. In diesem Panel notieren wir aber nur einen Zuwachs beim Börse Frankfurt Sentiment-Index von 6 Punkten auf einen neuen Stand von +27. Auch setzt sich die Wanderung zwischen den einzelnen Gruppierungen ganz anders zusammen als bei den institutionellen Pendants. Zum einen verringerte sich die Gruppe der neutral gestimmten Anleger deutlich um 12 Prozentpunkte. Allerdings ist die Verteilung dieser Wechselwilligen auf die Bullen und Bären recht asymmetrisch. Denn nicht nur die Optimistengruppe nahm um 9 Prozentpunkte zu, es gab auch Zuwächse bei den Pessimisten und zwar in einer Größenordnung von 3 Prozentpunkten.

Diese Asymmetrie verschiebt sich jedoch zugunsten der Bären, wenn man die Privatanleger, die wir über Social Media befragt haben, gesondert betrachtet. Die übrigen Privatanleger verhielten sich stattdessen ganz ähnlich wie ihre institutionellen Pendants, allerdings längst nicht in dieser Größenordnung. Per Saldo stellen wir zum ersten Mal in diesem Jahr praktisch keine Stimmungsdifferenz zwischen diesen beiden Untergruppen fest. Beide sind nun unter dem Strich gleich bullish.

FOMO (die Angst, etwas zu verpassen)

Auch gibt es nur eine ganz geringe Stimmungsdivergenz zwischen Privatanlegern und institutionellen Investoren. Über die Motivation, warum es vor allen Dingen bei den Profis so viele Bären auf die Bullenseite (ohne Rücksicht auf mangelnde Gewinne) verschlagen hat, kann man natürlich spekulieren. Vielleicht verspricht man sich tatsächlich vom Treffen zwischen Trump und Xi Jinping viel Positives, sprich: Günstiges für die Aktienmärkte. Vielleicht spielte auch die heute Abend endende Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank (FOMC) bei diesen Entscheidungen eine gewisse Rolle. Indes: Eine Zinssenkung von 25 Basispunkten scheint eine ausgemachte Sache zu sein – Überraschungseffekt vermutlich gering. Vielleicht war das Motiv auch nur „FOMO“, die Angst, etwas zu verpassen.

Was uns allerdings Sorge bereitet, ist nicht der absolute Stand der Sentiment-Indizes, deren Optimismus noch nicht extrem scheint. Vielmehr ist es die Tatsache, dass der deutliche Stimmungsumschwung nicht schon längst zu einem deutlicheren DAX-Anstieg geführt hat. Als ob die Bullen einen Zug bestiegen hätten, der immer noch nicht losgefahren ist. Auf jeden Fall dürften die jungen Optimisten von heute diesen Zug zum Teil vermutlich bereits zwischen 24.850 und 24.900 DAX-Zählern wieder verlassen und so für Aktienangebot in diesem Bereich sorgen. Im Vergleich zur Vorwoche bedeutet dies eine Belastung für den DAX, genauso wie wenn besagte Engagements im Falle von Enttäuschungen unter Druck geraten sollten.

von Joachim Goldberg

29. Oktober 2025, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

Videokommentar

Sentiment-Analyse jetzt auch als Podcast

Sie können sich die Sentiment-Analyse direkt über diese Seite anhören oder herunterladen. Es gibt sie natürlich auch auf den üblichen Podcast-Plattformen Spotify, iTunes, Podcaster, Amazon, Google, auf denen Sie ihn abonnieren können.

Sentiment-Index institutioneller Anleger*innen

Bullish Bearish Neutral
Total 52% 28% 20%
ggü. letzter Erhebung +13% -9% -4%

DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 24.250 (+/- 0 Punkte zur letzten Erhebung)
Börse Frankfurt Sentiment-Index institutionell Anlegende: 24 Punkte (+22 Punkte zur letzten Erhebung)

Sentiment-Index privater Anleger*innen

Bullish Bearish Neutral
Total 55% 28% 17%
ggü. letzter Erhebung +9% +3% -12%

DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 24.250 Punkte (unv. Punkte zur letzten Erhebung)
Börse Frankfurt Sentiment-Index privat Anlegende: 27 Punkte (+6 Punkte zur letzten Erhebung)

Über den Börse Frankfurt Sentiment-Index

Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.