Mario Draghi vollzieht radikalen Kurswechsel
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Nach Draghis Kurswechsel haben wir mehr Risiko ins Portfolio genommen und unseren Fokus auf Renditewerte verlagert. Daher sind wir bei Immobilien jetzt übergewichtet. Wir erwarten zudem eine Schwächung des Euro auf 1,28 Anfang 2015.
Die Rede des EZB-Präsidenten in Jackson Hole bewies einmal mehr die Macht der Worte. Wie bereits viele Male zuvor verdrängten mögliche Zentralbankmaßnahmen andere Risikofaktoren aus dem Blickwinkel der Anleger. EMU-Anleihen rentierten noch niedriger, die Aktienmärkte zogen an, der Euro fiel. Nach Draghis Rede ist die Wahrscheinlichkeit, dass die EZB nunmehr Staatsanleihen (quantitative Lockerung, „QE“) aufkaufen wird, deutlich gestiegen. Das ist jetzt unser Basisszenario.
Was macht Draghis Rede so bemerkenswert? Warum sollen Immobilien weiter outperformen? Warum wird der Euro wohl weiter an Boden verlieren? Die voraussichtliche Entwicklung des Euro ist einer der Gründe, warum wir auf deutsche Aktien setzen. Es bleibt daher bei unserer moderaten Untergewichtung europäischer Aktien.
Radikale Abkehr vom Sparkurs
In seiner Rede, die einen radikalen Bruch mit der EZB-Vergangenheit darstellt, betonte Draghi, dass die hohen Arbeitslosenquoten nicht nur strukturelle Reformen auf der Angebotsseite (so die bisherige Haltung der EZB) sondern auch eine zusätzliche Stärkung der Nachfrage erforderlich machen. Draghi räumte sogar ein, dass die konjunkturelle Arbeitslosigkeit strukturell werden könne, und deutete an, hier sei auch die Geldpolitik gefordert, Abhilfe zu schaffen. Diese Denkweise ist bei angelsächsischen Zentralbanken zwar recht verbreitet, doch für die EZB stellt sie eine Zäsur dar.
Schwacher Arbeitsmarkt belastet Inflationsaussichten
Draghi zeigte sich besorgt über die Folgen eines schwachen Arbeitsmarktes auf die Inflationsaussichten. Die sehr niedrige EWU-Inflationsrate von schätzungsweise 0,3 % im August untermauert seine Sorgen. Dabei wies Draghi auch auf den jüngsten Rückgang der Inflationserwartungen des Marktes hin. Dadurch sind die Realzinsen am kurzen Laufzeitende gestiegen.
Basisszenario: EZB wird Staatsanleihen kaufen
Draghi hatte in diesem Jahr bereits darauf hingewiesen, dass man zu QE greifen müsse, falls die Inflationsaussichten sich deutlich verschlechterten. Weil es der Region an Wirtschaftskraft fehlt, um dem Euro echten Auftrieb zu verschaffen, wird die EZB wohl zwangsläufig Staatsanleihen ankaufen müssen. Unser Basisszenario stellt darauf ab, dass binnen sechs Monaten ein QE-Programm aufgelegt wird. Doch besteht ein reales Risiko, dass die EZB ihre Ziele nicht erreichen wird, weil die einzelnen Zentralbanker sich nicht einigen können.
Der globale „Sweet Spot“: Immobilien
Wegen ihrer attraktiven (realen) Renditen sind Immobilien bei Investoren nach wie vor beliebt. Oftmals sind die Immobilienrenditen sogar mit denen von Unternehmensanleihen oder Junk Bonds vergleichbar. Beim Vergleich mit festverzinslichen Werten stehen Risikowerte natürlich besser dar. Die Renditedifferenz zwischen Immobilien und bonitätsstarken Unternehmensanleihen liegt derzeit über dem 10-Jahres-Durchschnitt (1,8 % ggü. 1,2 %). Das vermittelt eine Vorstellung von dem Puffer gegenüber einem graduellen Zinsanstieg. Solange die Fed an ihrem geldpolitischen Kurs festhält und EZB und Bank of Japan weiter die Zinsschraube lockern, besteht kaum die Gefahr von Kursstürzen bei globalen Immobilien.
Insofern befinden sich Immobilien derzeit in einem globalen Sweet Spot, da stabile Anleiherenditen mit besseren Fundamentaldaten einhergehen. Damit ist dies eine attraktive Assetklasse für Anleger, die nach realen Renditen Ausschau halten.
Immobilienaktien bieten attraktive Dividendenrendite
Warum die geänderte Einschätzung des Euro?
Wie erwähnt, zeigte sich Draghi besorgt über die Folgen des schwachen Arbeitsmarktes für die Inflationsentwicklung. Er hob die unlängst gesunkenen Markterwartungen an die Inflationsentwicklung hervor, die – trotz des rapiden Rückgangs der Renditen in der Eurozone – zu einem Anstieg der Realzinsen am kurzen Laufzeitende geführt haben.
Bei den Kurzfristzinsen sind zweijährige Bundesanleihen sowie die zweijährigen Swapsätze bereits im negativen Bereich. Entsprechend haben wir unsere Einschätzung zu EUR/USD insofern angepasst, als der Euro in den nächsten Quartalen wohl nicht mehr um 1,35 notieren, sondern zum Jahreswechsel auf 1,28 fallen wird. Gäbe es nicht das hohe Realzinsgefälle zwischen EWU und US, würden wir einen deutlicheren Rückgang des Wechselkurses erwarten, doch die Zinsen auf zweijährige Papiere in der EWU werden wohl nicht unter den Depotzinssatz von minus 0,1 % sinken und in den USA preist man in diesem Laufzeitsegment bereits eine Zinsanhebung der Fed ein. Auch die Inflation in der EWU dürfte nicht schneller steigen als in den USA.
Schwächerer Euro günstig für deutsche Aktien
Bisher gab es gute Gründe zur Vorsicht ggü. Europa: mangelnde Gewinndynamik, dürftige Makrodaten und Kapitalströme sowie die höhere Exponierung im Hinblick auf die Situation an der russisch-ukrainischen Grenze.
Aus Sicht europäischer Anleger erscheint die Lage insgesamt wohl düsterer als sie ist, denn global bleibt das Umfeld für Aktien günstig. Schließlich macht der europäische Aktienmarkt nur ein Viertel des MSCI AC World Index aus und ist in vielerlei Hinsicht ggü. Weltregionen mit auskömmlichem Wachstum exponiert, wie den USA und den Emerging Markets. Die jüngste Schwächung des Euro ist für Exporteure eindeutig positiv und erklärt unsere teilweise Übergewichtung in deutschen Titeln. Auch die jüngste Underperformance und günstige Bewertungen sprechen für Deutschland.
USA, Japan & Emerging Markets positiver
Draghis Rede ist für Aktien günstig. Die Spannungen in der Ukraine könnten die Zuversicht im Hinblick auf die Entwicklung in Europa weiter erschüttern. Wir bleiben bei europäischen Aktien untergewichtet. Übergewichtet sind wir in Papieren aus den USA, Japan und den Emerging Markets.
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