LVMH - Luxus zum Schnäppchenpreis?
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- LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton SEKursstand: 673,900 € (XETRA) - Zum Zeitpunkt der VeröffentlichungVerkaufenKaufen
Ein Umsatzwachstum von +9 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum liest sich auf den ersten Blick nicht schlecht. Für ein erfolgsverwöhntes Unternehmen wie LVMH ist das jedoch zu wenig. Zum Vergleich: In den Vorquartalen wuchs man mit +17 % auf Gruppenebene fast doppelt so stark. Insbesondere die beiden großen Konzernsegmente “Mode & Lederwaren” (+9 % YoY) und “Wein & Spirituosen” (-14 % YoY) lagen deutlich unter den vorangegangenen Quartalen und enttäuschten.
Auch beim Wachstum in den Regionen zeigt sich ein geteiltes Bild. Zwar wuchs der Umsatz in den USA wieder leicht (+2 % vs. -1 % in Q2 2023), jedoch ging der Umsatz in Asien (exkl. Japan) sehr deutlich zurück (+11 % vs. +34 % in Q2 2023).
Möglicherweise liegt das Problem bei dem Vergleich mit den Vorquartalen nicht ausschließlich in den neuesten Zahlen. In den letzten Quartalen und auch im ersten Halbjahr 2023 hat LVMH das Umsatzwachstum mit einigen gezielten Strategien stark vorangetrieben. Der so eingekaufte Erfolg kann jedoch aus diversen Gründen nicht weiter aufrechterhalten werden. Doch dazu später mehr. Werfen wir einen genaueren Blick auf das große Bild:
Das große Bild
Bis vor wenigen Wochen (und seit 2021) war LVMH das wertvollste Unternehmen außerhalb der USA. Mit dem Unternehmenserfolg wurde Bernard Arnault Ende 2022 als reichster Mensch der Welt geführt. Denn Bernard Arnault ist nicht nur CEO des Konzerns, sondern er bzw. seine Familie sind die Hauptaktionäre der Luxusgütergruppe. Die Mehrheit der Stimmrechte (ca. 64 %) liegt in der Hand der Familie. Die Entwicklung und der Erfolg des Unternehmens sind stark mit seinem Namen verbunden.
Hier steckt wohl die größte Unsicherheit bzw. Gefahr im Unternehmen. Wie stark ist der Erfolg tatsächlich abhängig von der Person Bernard Arnault? Und wie gelingt der Generationswechsel beim Übergang auf die Kinder? Man sagt ihm nach, dass sein Verhältnis bzw. der Umgang mit seinen Kindern nicht immer der beste sein soll. Seine Erwartungen sind hoch und entsprechenden Druck gibt er an seine Kinder weiter.
Er selbst ist von seinem Weg und dem Unternehmen weiterhin mehr als überzeugt. Das zeigen die letzten Insiderkäufe, die er getätigt hatte. Seit Ende Juli hat er das Rücklaufen des Kurses genutzt, um in mehreren Tranchen Aktien im Wert von etwa 250 Millionen EUR zu kaufen.
Das Geschäft
Das Geschäft von LVMH ist aufgeteilt auf sechs verschiedene Segmente, in denen die 75 Häuser und ihre Marken hängen.
- Wein & Spirituosen
- Mode & Lederware
- Perfum & Kosmetik
- Uhren & Schmuck
- Selektiver Einzelhandel
- Andere Aktivitäten
Bei der Wahl der Konzernnamensgebern Louis Vuitton (Mode & Lederware), Moët & Chandon und Hennessy (beides Wein & Spirituosen) sieht man schon, wo der Konzern seinen Schwerpunkt hat. Und mit Givenchy und Christian Dior gibt es insbesondere im umsatzstärksten Segment Mode & Lederware weitere starke Marken.
Geschäftsentwicklung
LVMH hat in den letzten Jahren ein beeindruckendes Wachstum erfahren. Dabei wurden teilweise neue Strategien verfolgt, die sich auf den ersten Blick nicht unbedingt mit dem exklusiven Image einer Luxusmarke vereinbaren lassen. Einige der Marken innerhalb des Konzerns haben sogar einen leichten Imagewandel durchgemacht. Ein Beispiel dafür sind die Kooperationen, die insbesondere die Marke Louis Vuitton eingegangen ist, um ein jüngeres Publikum und verschiedene Modestile anzusprechen. Dies, kombiniert mit den günstigen Finanzierungsmöglichkeiten der letzten Jahre, hat dazu geführt, dass sich die Zielgruppen einiger Marken verändert haben. Mit der steigenden Nachfrage ging natürlich auch der Umsatz nach oben. Allerdings sind Kunden, die möglicherweise weniger finanziell stark aufgestellt sind, stärker von der allgemeinen wirtschaftlichen Lage abhängig. Dies macht das Geschäft zyklischer, als es bei reinen Luxusgütern der Fall wäre. Während LVMH aufgrund der gesteigerten Nachfrage aus der Mittelschicht aus der Krise durch die Corona-Pandemie gestärkt hervorgegangen ist, zeichnet sich im Verlauf des Jahres eine Abflachung dieses Wachstums ab.
Fundamentalanalyse
Werfen wir in unserer tiefergehenden Analyse den Blick auf die Zahlen des ersten Halbjahres 2023. Die im Rahmen des Halbjahresberichts zur Verfügung gestellten Informationen erlauben eine detaillierte Sicht auf die Geschäftsentwicklung um so ein besseres Verständnis gewinnen zu können
Umsatz
Die historischen Umsatzwachstumsraten bestätigen die Strategie des Unternehmens. In den vergangenen fünf Jahren hat sich der Umsatz nahezu verdoppelt. Im Vergleich zum Vorjahr konnte immer noch ein beeindruckendes Wachstum von +15 % verzeichnet werden. Allerdings zeigte sich im ersten Halbjahr 2023 ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Wachstumsraten der vergangenen Jahre außergewöhnlich hoch waren und hauptsächlich auf gesteigertem Volumen basierten, aus den oben beschriebenen Gründen. Die Möglichkeiten zur weiteren Skalierung in diesem Bereich sind jedoch begrenzt. Die starken Marken behalten zwar ihre Preissetzungsmacht, aber es wird wahrscheinlich schwierig sein, das bisherige hohe Wachstumstempo beizubehalten.
Ein beträchtlicher Teil des Gesamtumsatzes wird in China generiert. Die Region Asien ohne Japan trägt mit 34 % zum Umsatz bei, wobei anzunehmen ist, dass ein erheblicher Teil aus China stammt. In China nimmt jedoch die Konsumstimmung zunehmend ab, und es besteht die Möglichkeit, dass ein potenzieller Rückgang des Umsatzes, ähnlich wie bei anderen Unternehmen in China, bereits in den aktuellen Kursen berücksichtigt ist.
Umsatzverteilung nach Segment und Region
Quelle: LVMH, Halbjahresbericht Juni 2023
Gewinn-, Margen- und Renditeentwicklung
Erfreulich ist, dass das Nettoeinkommen im ersten Halbjahr keinerlei Anzeichen von Schwäche zeigt. Im Gegenteil, ein bemerkenswerter Anstieg um +30 % im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 ist beachtlich und übertrifft sogar den Zuwachs beim Umsatz deutlich. Die Profitabilität des Unternehmens bleibt weiterhin auf einem sehr hohen Niveau.
Verschuldung
Die Nettoverschuldung ist in den letzten Jahren weitgehend stabil geblieben. Der leichte Anstieg ist praktisch ausschließlich auf die Aufnahme neuer kurzfristiger Verbindlichkeiten zurückzuführen. Die aktuelle Nettoverschuldung von knapp 28 Milliarden EUR entspricht in etwa dem aktuellen EBITDA, was bedeutet, dass sie keinen Anlass zur ernsthaften Besorgnis gibt.
Auch der Verschuldungsgrad (Current Ratio) liegt mit 1,22 auf einem durchschnittlichen Niveau. Die kurzfristigen Verbindlichkeiten könnten somit vollständig aus den liquiden Mitteln oder eben innerhalb eines Jahres verdient werden.
Dividende
Abgesehen von einer leichten Delle im Jahr 2019, als LVMH die Dividenden leicht gekürzt hat, dürfen Dividenden-Investoren mit Genugtuung auf die Entwicklung schauen. Auch in puncto Nachhaltigkeit scheint das Unternehmen bei einer eher moderaten Ausschüttungsquote auf einem soliden Fundament zu stehen. Allerdings, wenn man allein die Dividendenrendite betrachtet – aktuell bei etwa 1,8 % – könnte aus der Sicht mancher Anleger noch Raum für Verbesserungen bestehen. Angesichts eines durchschnittlichen Dividendenwachstums von etwas über 20 % in den letzten fünf Jahren könnte dieser Wunsch, insbesondere in Bezug auf die persönliche Dividendenrendite, in Erfüllung gehen.
Darüber hinaus unternahm das Unternehmen auch andere Maßnahmen, um Aktionäre zu besänftigen. Im März kündigte LVMH ein Aktienrückkaufprogramm im Wert von 1,5 Milliarden EUR an.
Fazit: Wenn wir die aktuelle Marktsituation und insbesondere die jüngsten Unternehmensnachrichten betrachten, deutet vieles darauf hin, dass die Chancen für eine positive Unternehmensentwicklung die Risiken überwiegen. Trotz einer gewissen Skepsis in Bezug auf die Branche bleiben Analystenhäuser positiv gegenüber dem Unternehmen eingestellt. Insiderkäufe in Höhe von 250 Millionen EUR signalisieren ein starkes Vertrauen in die Zukunft des Unternehmens. Auf der Gegenseite spürt man eine gedämpfte Konsumstimmung in einem der Schlüsselmärkte, China.
Zwar ist auch bei LVMH nicht alles Gold was glänzt, jedoch bleibt die Marktposition des Unternehmens im Luxusgütersegment unangefochten stark. Die breite Palette an erstklassigen Marken bietet Raum für innovative Ansätze und die Erschließung neuer Zielgruppen durch einen Strategiewechsel wird die Exklusivität des Kerngeschäfts m.E. nicht aufs Spiel setzen.
Das derzeitige Kursniveau erscheint daher sowohl für langfristig orientierte Investoren als auch für kurz- bis mittelfristige Trades vielversprechend. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass frühere Kurskorrekturen, wie im Mai/Juni 2022, schnell wieder ausgeglichen wurden, und die Aktie binnen weniger als zwölf Monate ein neues Allzeithoch erreichte. Natürlich lassen sich aus vergangenen Entwicklungen keine sicheren Rückschlüsse auf die Zukunft ziehen, doch sie zeigen, dass solche Rücksetzer oft bedeutende Chancen bargen.
Zusätzlich erwarten Analysten, dass das Unternehmen im Jahr 2025 die Umsatzmarke von 100 Milliarden EUR knacken wird, wobei pro Aktie fast 39 EUR verdient werden sollen. Im Vergleich dazu lagen der Umsatz 2022 bei 79,18 Milliarden EUR und das Ergebnis pro Aktie bei 28,05 EUR. Die Dividende soll in den kommenden Jahren dynamisch ansteigen, von 12 EUR im Jahr 2022 auf 17,14 EUR je Aktie im Jahr 2025.
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