LUMBER LIQUIDATORS: Eine Frage der Ehrlichkeit
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In den USA gibt es gerade ein Unternehmen, welches wegen angeblich mangelhafter Produkte vor großen Problemen steht. Im März wurde in 60 Minutes, einem der bekanntesten TV Nachrichtenmagazine, eine Reportage gezeigt, die den Skandal aufdeckte. Zumindest glauben nun alle, dass es einen Skandal gibt. Es ist noch nicht zweifelsfrei bewiesen, dass die Anschuldigungen in ihrer gemachten Form wirklich korrekt sind.
Die Reportage behauptete, dass Bodenbeläge einen zu hohen Wert an Formaldehyd ausweisen. Ein Skandal – allerdings nur in Kalifornien. Kalifornien ist der einzige Bundesstaat in den USA, dessen Regulation die Produkte des Unternehmens betreffen. Alle anderen US Staaten haben die betreffenden Richtlinien nicht.
Die Aktie des betroffenen Unternehmens hat seit Beginn des Skandals 60% verloren. Bedenkt man, dass der Skandal möglicherweise nicht einmal einer ist, dann klingt das nach Schnäppchen. Anleger meiden die Aktie des Unternehmens (Lumber Liquidators, ISIN US55003T1079) allerdings noch immer wie pures Gift.
Lumber Liquidators ist ein US Unternehmen, welches fast ausschließlich Bodenbeläge verkauft, vornehmlich Parkett und Laminat. Gegründet wurde Lumber Liquidators (LL) als Unternehmen, welches überschüssige Baumaterialien verkaufte. Daher auch der Name Liquidators. Die Grundidee war gut, hatte allerdings nur 2 Jahre Bestand, weil die Nachfrage das Angebot überstieg. LL musste ein eigenes Angebot entwickeln und nicht nur Restposten verkaufen. Das Unternehmen machte es sich zum Ziel zu guten Preisen Produkte mit anständiger Qualität zu verkaufen.
Ein Großteil der Produkte wird in anderen Ländern produziert. Die Bodenbeläge, um die es bei dem Skandal geht, kommen aus China. Es ist sicherlich nicht das erste Mal, dass in China produzierte Güter gewisse Standards nicht erfüllen. Man kann die Schuld allerdings auch nicht allein auf China schieben, da man zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht weiß, ob die Überschreitung von Formaldehyd Grenzwerten System hatte oder nicht. Das wird nun vor Gericht geklärt werden.
Bis zur Ausstrahlung des 60 Minutes Beitrages war LL ein Unternehmen mit Wachstumsstory. Grafik 1 zeigt die Geschäftsentwicklung seit 2004. Der Umsatz hat sich seit 2004 verfünffacht. 2013 erreichte der Gewinn knapp 80 Mio. USD – fast eine Verzehnfachung.
Der Erfolg baut einerseits auf Expansion und andererseits auf einer Marktlücke auf. LL wächst in den USA vor allem, weil jährlich viele neue Geschäfte eröffnet werden. Das ist bisher sehr gut angekommen, weil LL eine Lücke schließt. LL bietet günstige Bodenbeläge mit vergleichsweise guter Qualität für Immobilienbesitzer an, die ihre Wohnung selbst neu gestalten oder renovieren wollen.
Jetzt droht der Erfolgsgeschichte ein Ende. Grundsätzlich ist die Überschreitung des kalifornischen Formaldehydgrenzwertes noch keine Überlebensfrage. Da nun aber die Reportage gleich Millionen Amerikaner erreicht hat ist der Ruf dramatisch geschädigt. Das geschah, obwohl Behörden kein Produktverbot erlassen hatten. Wäre das Produkt nun wirklich schädlich, dann hätten die Behörden schnell reagieren müssen. Das taten sie nicht, zumindest nicht mit einem Produktverbot.
Der Fall wird nun vor Gericht ausgetragen. Eigentlich klingt die ganze Sache so als würde LL sie gut überleben können. Die Konsensprognosen für den Geschäftsverlauf, die in Grafik 1 dargestellt sind, gehen ebenfalls davon aus. Der Imageschaden wird von Analysten aber möglicherweise unterschätzt. Je länger sich das Gerichtsverfahren hinzieht, desto größer wird der Schaden, zumal mit dem Verfahren hohen Entschädigungssummen Tür und Tor geöffnet wurden.
Die hohen Verluste sind durchaus möglich. Man kann nicht erahnen, wie das Gericht entscheiden wird. Möglich sind hohe Entschädigungszahlungen, die die jetzt getätigten Rückstellungen deutlich übersteigen. Dabei ist es nicht relevant, ob LL nun wirklich gefährliche Produkte in den Handel gebracht hat. Ob das so war wird sich erst in den kommenden Monaten zeigen. Als Anleger muss man dennoch sehr vorsichtig sein, denn Lumber Liquidators hat eine lange Historie von Gerichtsverfahren.
Die Klagen, die wirklich wichtig sind, kann das Unternehmen in ihren Auswirkungen nicht beziffern. Sie machen keine Angaben mit dem Hinweis, dass nicht abzusehen ist wie hoch die Kosten sein werden. Letztlich könnten die Verfahren so gut wie gar nichts kosten. Sie könnten aber auch 50 oder 150 Mio. kosten. Dann kommen hohe finanzielle Belastungen auf das Unternehmen zu – von dem bereits entstandenen Imageschaden abgesehen. Dieser allein reicht aus, um den Geschäftsverlauf stark zu beeinträchtigen.
Die Menge an Klagen gegen das Unternehmen ist bemerkenswert. Seit Jahren gibt es diese Klagen. Neue kommen immer wieder hinzu. Der aktuelle Skandal scheint nur die Spitze des Eisberges zu sein. Auch wenn man es noch nicht schwarz auf weiß hat, die Anzahl und der Inhalt der Klagen deuten auf größere Probleme hin. Dazu gehört Produktqualität ebenso wie schlechtes Management. Es ist nicht auszuschließen, dass LL jetzt einfach Sündenbock ist und vollkommen ungerechtfertigt in die Schlagzeilen und vor Gericht geriet. Allein aber die Möglichkeit, dass es an allen Ecken und Enden im Argen liegt, sollte Anleger zurückschrecken lassen. Die Optik ist momentan sehr schief. Bewahrheiten sich nur die Hälfte der Vorwürfe, dann gefährdet das Unternehmen durch Unehrlichkeit seine Existenz. Da muss man sich schon fragen, ob es das wert war.
Bild LL.pngBild LL Alternativ.pngBild Klagen.pngChart
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