Lindner wirft Scholz kalkulierten Bruch der Koalition vor
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DOW JONES--FDP-Chef Christian Lindner hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einen "kalkulierten Bruch der Koalition" mit seiner Entlassung als Bundesfinanzminister vorgeworfen. "Sein genau vorbereitetes Statement vom heutigen Abend belegt, dass es Olaf Scholz längst nicht mehr um eine für alle tragfähige Einigung ging, sondern um einen kalkulierten Bruch dieser Koalition", sagte Lindner bei einem Statement vor einer Sondersitzung der FDP-Fraktion im Bundestag.
Scholz hatte zuvor erklärt, er habe Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier um die Entlassung des Bundesfinanzministers gebeten. Nun will Scholz am 15. Januar 2025 im Bundestag die Vertrauensfrage stellen, Neuwahlen könnten dann bis Ende März stattfinden. Scholz hatte heftige Kritik an Lindner geübt und dem FDP-Vorsitzenden unter anderem "kleinkarierte" politische Taktiererei und verantwortungsloses Verhalten vorgeworfen.
Lindner erklärte, die FDP habe Vorschläge für eine Wirtschaftswende vorgelegt, um das Land wieder auf Erfolgskurs zu bringen: weniger Bürokratie, geringere Steuerlast, eine pragmatische Klima- und Energiepolitik, mehr Kontrolle bei der Migration, zugleich Stärkung von Eigenverantwortung, Leistungsbereitschaft und Innovationsfreude. "Diese Vorschläge wurden von SPD und Grünen nicht einmal als Beratungsgrundlage akzeptiert. Wir wissen seit dem genau vorbereiteten Statement des Bundeskanzlers vom heutigen Abend, warum."
Lindner: Scholz hat nicht die Kraft für Aufbruch
Scholz habe "lange die Notwendigkeit verkannt", dass Deutschland einen neuen wirtschaftlichen Aufbruch benötige. "Er hat die wirtschaftlichen Sorgen der Bürgerinnen und Bürger lange verharmlost", sagte der FDP-Chef. "Seine Gegenvorschläge sind matt, unambitioniert und leisten keinen Beitrag, um die grundlegende Wachstumsschwäche unseres Landes zu überwinden, damit wir unseren Wohlstand, unsere soziale Sicherung und unsere ökologische Verantwortung erhalten können. Olaf Scholz hat leider gezeigt, dass er nicht die Kraft hat, unserem Land einen neuen Aufbruch zu ermöglichen", meinte Lindner.
Stattdessen habe der Bundeskanzler seit dem Nachmittag "ultimativ" von ihm verlangt, die Schuldenbremse des Grundgesetzes auszusetzen. "Dem konnte ich nicht zustimmen, weil ich damit mein Amtseid verletzt hätte", sagte Lindner. "Deshalb hat der Bundeskanzler in der Sitzung des Koalitionsausschusses am heutigen Abend die Zusammenarbeit mit mir und der FDP aufgekündigt." Damit führe Scholz Deutschland in eine Phase der Unsicherheit. Lindner betonte, er habe dem Bundeskanzler zuvor einen gemeinsamen Weg zu Neuwahlen vorgeschlagen, "um geordnet und in Würde eine neue Bundesregierung zu ermöglichen" und die Handlungsfähigkeit des Landes zu garantieren. Dieses Angebot habe Scholz "brüsk" zurückgewiesen.
"Jetzt steht unser Land vor einer neuen Richtungsentscheidung", meinte Lindner. "Wir brauchen eine neue Ära von Wachstum, von Wohlstand und Innovation." Die FDP sei unverändert bereit, Verantwortung für das Land zu tragen. "Und wir werden dafür kämpfen, dies in einer anderen Regierung im nächsten Jahr auch zu tun", kündigte der FDP-Vorsitzende an.
Der Konflikt über die Wirtschaftspolitik hatte sich in den vergangenen Wochen immer mehr zugespitzt, die Vertreter der Ampel-Koalition hatten sich gegenseitig mit Veranstaltungen und sich widersprechenden Grundsatzpapieren dazu Konkurrenz gemacht. So hatte Lindners FDP kurz vor einem Industriegipfel von Scholz ein eigenes Treffen mit Wirtschaftsvertretern anberaumt, und vergangenen Freitag war ein Papier Lindners mit der Forderung nach einem grundlegenden Umsteuern in der Wirtschaftspolitik verbreitet worden. Nötig sei "eine Wirtschaftswende mit einer teilweise grundlegenden Revision politischer Leitentscheidungen", heißt es darin.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/kla
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