Lindner fordert "Top-Speed"-Kapitalmarktunion
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Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones) - Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist Forderungen seines französischen Amtskollegen Bruno Le Maire entgegengetreten, eine europäische Kapitalmarktunion mit verschiedenen Geschwindigkeiten einzelner Staaten zu verfolgen. Er plädiere nicht für eine Multi-Speed-Kapitalmarktunion, wie es Le Maire sage, "sondern für eine Top-Speed-Kapitalmarktunion, also mit allen 27 schnell vorangehen", sagte Lindner vor einem informellen EU-Finanzministertreffen in Gent. "Dass dann auch bilateral beispielsweise oder im kleineren Kreis noch Initiativen denkbar sind, das ist da nicht ausgeschlossen, aber das Ziel muss schon sein, dass wir gemeinsam vorangehen."
Die Finanzminister wollten sich in der belgischen Stadt mit der makroökonomischen Situation und den Herausforderungen beschäftigen, vor denen man stehe. "Wir haben einen verschärften internationalen Wettbewerb, auf den wir reagieren müssen. Unser Wettbewerbsnachteil ist nicht der Mangel an öffentlichen Geldern für Subventionen, sondern unser Mangel ist, dass wir keinen so leistungsfähigen Kapitalmarkt haben wie beispielsweise die Vereinigten Staaten von Amerika", sagte Lindner. Deshalb sei es richtig, neue Anstrengungen in Richtung auf eine Kapitalmarktunion zu unternehmen.
Lindner wies auch die Idee zurück, zur Finanzierung von Rüstungsausgaben europäische Verteidigungsbonds aufzulegen. "Ich denke nicht, dass wir die benötigen", sagte er. Was man gemeinschaftlich tun könne, sei, einen Binnenmarkt für Rüstungsgüter zu schaffen. Auch könne man die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie etwa bei ihren Innovations- und Forschungsanstrengungen oder bei der privaten Finanzierung unterstützen. "Aber die Verteidigung selbst vergemeinschaftet zu finanzieren, ich denke, das ist kein ökonomisch guter Rat", warnte der Bundesfinanzminister.
Die Bundesregierung unterstütze aber sehr, dass die Europäische Investitionsbank künftig auch im Bereich der Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie Finanzierungen erleichtere. "Wenn die Europäische Investitionsbank hier mitwirkt, Gelder zu hebeln, dann ist das in unser aller gemeinsamem nicht nur ökonomischen Interesse, sondern auch in unserem sicherheitspolitischen Interesse", sagte er.
Lindner bekräftigte zudem die Forderung nach einem dreijährigen Moratorium für neue Sozialausgaben und Subventionen. Deutschland werde das Ziel von 2 Prozent Verteidigungsausgaben gemessen an der Wirtschaftsleistung erreichen können, ohne die soziale Sicherheit einschränken zu müssen. "Das Einzige, was wir tun müssen, ist, einige wenige Jahre nichts Zusätzliches zu beschließen." Er verwies auf neue Programme für die Wirtschaft und Subventionen, zusätzliche Standards, neue Behörden oder höhere soziale Leistungen in der Vergangenheit. "Mit dem, was wir an Bestand haben, von Bürgergeld bis Rente, damit müssen wir einmal drei Jahre auskommen", verlangte der FDP-Vorsitzende.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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