Kursrallye an den Rentenmärkten unterbrochen
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An den internationalen Rentenmärkten wurde die seit mehreren Wochen anhaltende Kursrallye erst einmal unterbrochen. Im Vorfeld der G7- und IWF-Tagungen hat der Euro überraschend gegenüber dem US-Dollar an Boden eingebüßt. Am Rohölmarkt setzte sich der Preisrückgang fort.
USA: Beunruhigender Lohnstückkostenanstieg
Die in der letzten Woche veröffentlichten US-Konjunkturdaten waren auf den ersten Blick nicht gerade rentenmarktfreundlich. Vor allem die überraschend kräftige Aufwärtsrevision der Lohnstückkosten für das erste Halbjahr 2006 führte den Rentenmarktteilnehmern nochmals vor Augen, dass das Thema Inflation weiter auf der Tagesordnung bleibt, wenngleich es sich bei den Lohnstückkosten nur um einen Einflussfaktor unter mehreren handelt. Entgegen den Erwartungen verbesserte sich im Juli der ISM-Einkaufsmanagerindex für den Dienst-leistungssektor. Mit 57 Punkten liegt er deutlich über der 50-Punkte-Marke, welche die Trennlinie zwischen wachsender und schrumpfender Wirtschaft darstellt. Ein Blick auf verschiedene Unterkomponenten wie Aufträge, Order-bestände oder Beschäftigte bestätigte allerdings die Tendenz zu einer nachlassenden konjunkturellen Dynamik in den Vereinigten Staaten. In dieses Bild passt auch der eher verhaltene Konjunkturausblick aus den Fed-Bezirken, das so genannte Beige Book.
Am Bondmarkt wurde in der letzten Woche der Trend zu sinkenden Renditen unterbrochen. Die Rendite zehnjähriger US-Treasuries zog leicht an und liegt gegenwärtig bei knapp 4,8 Prozent und damit immer noch deutlich niedriger als die Zinsen am kurzen Ende. In der Vergangenheit war eine solche inverse Zinskurve stets ein Indiz für eine bevorstehende Zinswende. So überrascht es auch nicht, dass am Rentenmarkt zurzeit Zinssenkungen von 50 Basispunkten bis Ende 2007 eingepreist sind. Kurzfristig rechnen wir indes noch nicht mit einer Lockerung der Zinszügel durch die Federal Reserve Bank. Frühestens im ersten Halbjahr 2007 ist mit einer ersten Zinssenkung zu rechnen. Am langen Ende sehen wir die Renditen vor diesem Hintergrund unter eher geringen Schwankungen seitwärts tendieren. Ein nachhaltiges Überschreiten der Fünf-Prozent-Marke im Zehnjahresbereich ist nicht mehr zu erwarten.
Euroraum: Rentenmarktrallye gestoppt
Nach den kräftigen Kurssteigerungen der letzten Wochen hat sich die Lage an den europäischen Rentenmärkten bei einer Zehnjahresrendite von 3,8 Prozent erst einmal stabilisiert. Anfang Juli lag dieser Wert noch bei über 4,1 Prozent. Am Bondmarkt scheint damit bereits das Szenario einer leichten Konjunkturabschwächung gespielt zu werden. Demnach hat die Konjunktur im Euroraum zur Mitte des Jahres 2006 ihren Höhepunkt erreicht und dürfte sich im weiteren Jahresverlauf etwas abschwächen. Darauf deuten jedenfalls alle wichtigen Frühindikatoren hin, zuletzt die Einkaufsmanagerindizes für die Industrie und den Dienstleistungssektor. Während die Frühindikatoren leicht nach unten zeigen, präsentieren sich die mitlaufenden Konjunkturindikatoren jedoch nach wie vor in robuster Verfassung. So legten die Einzelhandelsumsätze in der Eurozone im Juli überraschend um 0,6 Prozent gegenüber dem Vormonat zu, was im Jahresvergleich einen Zuwachs von 2,5 Prozent darstellt. In Deutschland erhöhte sich zudem die Industrieproduktion um 1,2 Prozent gegenüber Juni. Im Jahresvergleich ist dies ein Anstieg um fast fünf Prozent.
Weitere Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank gelten vor diesem Hintergrund als sicher. Zum Jahresende erwarten wir im Einklang mit dem Markt einen Hauptrefinanzierungssatz von 3,5 Prozent, was noch zwei Zinsanhebungen um jeweils 25 Basispunkte entspricht. Damit tragen die Währungshüter der Tatsache Rechnung, dass die Teuerungsrate auch im kommenden Jahr über dem EZB-Zielwert von knapp unter zwei Prozent liegen dürfte.
Ölpreise geben weiter nach
Die Lage am Rohölmarkt hat sich beruhigt. Mussten im August noch bis zu 77 US-Dollar je Barrel bezahlt werden, sank der Preis in der Vorwoche auf 65 US-Dollar. Eine Reihe von Gründen hat hierzu beigetragen. Mit dem Waffenstillstand im Libanon wurde die Gefahr eines militärischen Flächenbrands im Nahen Osten gebannt, was die im Ölpreis enthaltene Risikoprämie deutlich verringerte. Außerdem hat sich die Sorge vor starken Hurrikans im Golf von Mexiko bislang als unbegründet erwiesen. Für eine Entwarnung bei der Ölpreisentwicklung ist es allerdings noch viel zu früh. Sollte sich der Konflikt des Westens mit dem Iran weiter verschärfen, wäre eine starke Gegenbewegung zu erwarten.
Ausblick
In dieser Woche tagen die Finanzminister der G7-Staaten und der Internationale Währungsfonds. Bei beiden Konferenzen dürfte die Währungspolitik eine wichtige Rolle spielen. Insbesondere die USA werden weiterhin darauf drängen, dass China seinen Renminbi gegenüber dem US-Dollar stärker als bisher aufwerten lässt, umso die künstlichen Wettbewerbsvorteile der chinesischen Unternehmen auf den Weltmärkten zu verringern. Im Vorfeld der Kongresswahlen nimmt jedenfalls der Druck auf die US-Regierung zu, gegenüber China eine härtere Gangart in der Wechselkurspolitik einzuschlagen. Rückwirkungen auf den Euro-Dollar- und Yen-Dollar-Wechselkurs sind zu erwarten.
Quelle: Union Investment
Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 140,2 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende November 2005. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.
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