Kommentar
14:07 Uhr, 28.04.2004

Kursplus trotz Zinssorgen

USA: Trotz Zinssorgen legten die Aktienmärkte im Wochenverlauf zu, angespornt von einer Flut positiver Ertragsmeldungen von Unternehmen.

Notenbankchef Alan Greenspan erklärte das Thema Deflation für passé und bekundete die Einschätzung, die Unternehmen seien inzwischen besser in der Lage, höhere Preise durchzusetzen. In einer Rede vor dem Bankenausschuss des US-Senats äußerte er weiter, die Lohnkosten, deren Anteil an den Endpreisen von Gütern zwei Drittel betragen kann, seien rückläufig - im Gegensatz zu den Rohstoffpreisen.

Die Rendite zweijähriger US-Staatsanleihen kletterte auf den höchsten Stand seit Oktober 2002. Der Markt reagierte damit auf die Äußerungen Greenspans, der höhere Zinsen in Aussicht gestellt hatte.

Laut einem Bericht des Arbeitsministeriums sank die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung in der vergangenen Woche um 9.000 auf 353.000. Dadurch wuchs die Hoffnung auf eine weitere Stärkung der Konjunkturdynamik durch die Entstehung neuer Arbeitsplätze.

Die verbesserte konjunkturelle Lage fand Bestätigung in Gestalt erfreulicher Ertragsmeldungen von US-Unternehmen. Der zweitgrößte Handyhersteller der Welt, Motorola, konnte seinen Gewinn im ersten Quartal nach eigenen Angaben mehr als verdreifachen. Hintergrund war ein starker Anstieg der Handy-Nachfrage.

Die Autobauer Ford und General Motors (GM) meldeten beide für das erste Quartal Gewinnsteigerungen. GM profitierte von steigenden Verkaufszahlen im Ausland und höheren Erträgen seiner Autofinanzierungs- und -versicherungssparte.

Großbritannien: Der britische Aktienmarkt beendete die Woche mit einem Plus, und der Index erreichte den höchsten Stand seit 21 Monaten. Der Markt folgte den Vorgaben von der Wall Street, wo erfreuliche Ertragszahlen von US-Unternehmen den Kursen Auftrieb gaben.

Der FT Government All Stocks Index, der die Entwicklung britischer Staatsanleihen misst, verzeichnete im Wochenergebnis so gut wie keine Veränderung. Das für das laufende Fiskaljahr erwartete Gilt-Emissionsvolumen wurde um 900 Mio. £ reduziert.

Das britische Pfund schwächte sich im Wochenverlauf gegenüber dem Euro ab - am Freitag notierte die Gemeinschaftswährung wieder über 0,67 £. Auch gegenüber dem Dollar setzte das Pfund seinen Abwärtstrend fort und beendete die Woche bei etwa 1,78 $.

Die Inflationsrate sank im März. Mit 1,1 Prozent lag sie deutlich unter der Analystenprognose von 1,3 Prozent. Die Bank of England erwartet allerdings einen Anstieg auf 1,7 Prozent bis zum Jahresende.

Abbey National meldete für das erste Quartal eine Rückkehr in die Gewinnzone. Trotzdem fiel die Aktie des zweitgrößten britischen Immobilienfinanzierers, nachdem bekannt wurde, dass ein schwaches Geschäft im wichtigen Retail-Banking das Jahresergebnis des Finanzdienstleisters belasten könnte.

Die Beteiligungsgesellschaft Permira will dem Einzelhandels- und Verlagskonzern WH Smith eine Übernahmeofferte unterbreiten. WH Smith hatte einen scharfen Rückgang des Vorsteuergewinns sowie eine Dividendenkürzung bekannt gegeben.

Kontinentaleuropa Die europäischen Aktienmärkte stiegen wie die anderen internationalen Börsen und näherten sich 21-Monatshochs. Die Anleger orientierten sich an positiven Unternehmensmeldungen statt an enttäuschenden Konjunkturdaten aus Ländern der Eurozone.

Die europäischen Anleihemärkte beendeten die Woche fast genau auf dem Stand vom Wochenanfang. Beherrschendes Thema an den Märkten waren immer noch die Äußerungen von Federal-Reserve-Chairman Alan Greenspan über inflationäre Tendenzen in den USA.

Der Euro sank im Wochenverlauf auf ein 5-Monatstief gegenüber dem Dollar. Am Freitag notierte er bei 1,19 $, nachdem er kurzzeitig die Marke von 1,18 $ unterschritten hatte.

In Deutschland sanken die ZEW-Konjunkturerwartungen im vierten Monat in Folge - von Analysten war eine leichte Verbesserung vorhergesagt worden. Nach Angaben der Bundesbank dürfte das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal 0,25 Prozent betragen haben; es wäre damit gegenüber den vorangegangenen drei Monaten unverändert geblieben. Die Schwäche, die beide Kennzahlen signalisieren, schürte Sorgen hinsichtlich der Stärke der wirtschaftlichen Erholung.

Der Schweizer Pharmakonzern Novartis kündigte Gespräche mit dem deutsch-französischen Konkurrenten Aventis über eine einvernehmliche Übernahme an. Ein erfolgreiches Ergebnis würde den Versuch des französischen Rivalen Sanofi-Synthelabo vereiteln, Aventis durch eine feindliche Übernahme unter seine Kontrolle zu bringen.

Die Aktie von DaimlerChrysler stieg nach der Verkündung von Plänen für einen Ausstieg aus Mitsubishi. DaimlerChrysler hält eine Beteiligung von 37 Prozent an dem angeschlagenen japanischen Autobauer.

Japan: Der japanische Aktienmarkt beendete die Woche in positivem Terrain, und der Nikkei kletterte am Freitag wieder über die psychologisch wichtige Marke von 12.000 Punkten.

Ein vorwiegend nach oben gerichteter Trend der Anleiherenditen in Japan veranlasste die Regierung, ihre aktuelle 20-jährige Anleihe mit einem Kupon von 2,2 Prozent auszustatten - dem höchsten Satz seit über zwei Jahren. Die Emission war 2,66-fach überzeichnet.

Saisonbereinigte Außenhandelsdaten für März ergaben einen Anstieg der Importe um 6,5 Prozent gegenüber dem Vormonat, während die Exporte um 1,3 Prozent wuchsen und den zweithöchsten je gemessenen Wert erreichten. Dadurch verringerte sich zwar der Außenhandelsüberschuss, aber Ökonomen beeilten sich mit dem Hinweis, es lasse sich daran auch ablesen, dass steigende Verbraucherausgaben und Auslandsbestellungen den Konjunkturaufschwung in Gang halten könnten.

Yahoo Japan, der größte japanische Veranstalter von Online-Auktionen, konnte seinen Reingewinn im vierten Quartal des Geschäftsjahres verdoppeln. Eine verstärkte Auktionstätigkeit auf seinen Internetseiten bescherte dem Unternehmen höhere Gebühreneinnahmen.

Hoya, der weltgrößte Hersteller von Glasplatten für die Chipfertigung, meldete für das vierte Geschäftsjahresquartal einen Gewinnsprung von 40 Prozent. Der Grund lag in einer erhöhten Nachfrage nach Ausrüstungen für die Halbleiter- und LCDHerstellung. Südostasien

Die Aktienmärkte im asiatisch-pazifischen Raum lieferten sehr unterschiedliche Ergebnisse. Korea beendete die Woche auf dem höchsten Stand seit zwei Jahren, wobei vor allem Technologiewerte kräftig zulegten. Umgekehrt waren Hongkong und China besonders schwache Performer angesichts von Meldungen, dass höhere Zinsen erforderlich sein könnten, um das übermäßige Wirtschaftswachstum in der Volksrepublik zu dämpfen.

Singapurs größter Chiphersteller Chartered Semiconductor meldete zum ersten Mal seit Platzen der Spekulationsblase in den "TMT"-Bereichen (Technologie, Medien und Telekommunikation) im Jahr 2000 einen Gewinn. Die vom Gros der Analysten nicht erwartete Rückkehr in die Gewinnzone während des ersten Quartals verdankt das Unternehmen einer Umsatzverdoppelung gegenüber dem Vorjahr. Die Aktie des weltgrößten Mobilfunkanbieters der Welt, China Mobile, reagierte mit Einbußen auf die Nachricht, der monatliche Umsatz pro Kunde sei im ersten Quartal um 7,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken.

Der indonesische Finanzminister kündigte ein Wirtschaftswachstum von 5 Prozent in diesem Jahr an (2003: 4,1 Prozent). Für 2005 erwartet der Minister ein Wachstum von 5,5 Prozent.

Lateinamerika: Das brasilianische Unternehmen CVRD, der weltgrößte Produzent von Eisenerz, erhöhte die Förderung im ersten Quartal um 7,3 Prozent, um der wachsenden Nachfrage auf dem Weltmarkt gerecht zu werden. Brasiliens Notenbank hob ihre Prognose für die Inflationsrate am Jahresende an.

In Mexiko verharrte die Arbeitslosenquote im März knapp unter dem höchsten Stand seit über sechs Jahren - die Arbeitgeber in der Industrie zögerten mit Neueinstellungen. Die Quote lag bei 3,86 Prozent (Februar: 3,92 Prozent).

Die brasilianische Börse war am Mittwoch wegen eines staatlichen Feiertags ("Tiradentes") geschlossen.

AUSBLICK:

Die Zahlen der Unternehmen sind überwiegend positiv und einige Aktienmärkte nähern sich ihren jüngsten Höchstständen; die Konjunkturdaten sind aber weniger ermutigend

Quelle: Fidelity

Die US-Investmentgesellschaft Fidelity wurde 1946 gegründet und ist mit einem verwalteten Vermögen von rund 1.000 Mrd. US-Dollar das größte unabhängige Fondsmanagement-Unternehmen der Welt. Es beschäftigt insgesamt 31.595 Mitarbeiter und stellt privaten und institutionellen Anlegern Investmentprodukte und -dienstleistungen zur Verfügung.

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