Krönt Merkel ihre Kanzlerschaft durch den Einstieg in eine „Solidarunion“?
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Deutschland übernimmt am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft in äußerst schwierigen Zeiten voller Ungewissheiten. Die Corona-Pandemie ist alles andere als ausgestanden und das volle Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen noch gar nicht absehbar. Klar ist aber, dass sich alle EU-Länder in der schwersten Rezession ihrer Nachkriegsgeschichte befinden. Dabei sind die Mitgliedsstaaten ganz unterschiedlich stark getroffen, was die Notwendigkeit für zwischenstaatliche Transfers erhöht. Hinzu kommen die finalen Verhandlungen zwischen der EU und dem inzwischen ausgetretenen Vereinigten Königreich und das Erstarken populistischer Regierungen in und außerhalb Europas, die ein Scheitern der Europäischen Union in dieser Situation sicherlich begrüßen würden.
Europa steht – mal wieder – vor einer Bewährungsprobe und damit dürfte sich die „Krisenkanzlerin“ in ihrem Element befinden. Sicherlich war ein Grund für ihr Durchhalten (und das der Großen Koalition), der Wunsch, die Ratspräsidentschaft noch zu übernehmen und damit vielleicht sogar ein wenig ihre Kanzlerschaft zu krönen. Wie dem auch sei: Ihre Fähigkeit, unaufgeregt die Kohlen aus dem Feuer zu holen, dürfte sich in dieser Situation als überaus nützlich erweisen.
Der Macron/Merkel-Vorstoß für einen europäischen Wiederaufbau-Fonds, der inzwischen von der EU-Kommission aufgegriffen und etwas erweitert wurde und nun unter dem Namen Next Generation EU weiter vorangetrieben wird, dürfte das Herzstück der deutschen Ratspräsidentschaft darstellen. Im Grunde wäre es der Einstieg in eine für viele Probleme der EU vorstellbare solidarische Lösung: Ein Fonds, in dem jedes Land nach Leistungsfähigkeit einzahlt und nach (Corona-bedingtem) Bedarf entnimmt bzw. erhält. Allein die angedachten Laufzeiten des Recovery Funds machen klar, dass es sich um einen Einstieg in eine dauerhafte Lösung handeln wird. Das macht auch den Widerstand der Länder, die den Fonds kritisch sehen, umso verständlicher. Auf dem EU-Sondergipfel am 17. und 18. Juli wird sich zeigen, ob Merkel alle EU-Länder hinter dem Plan zu versammeln vermag.
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