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16:19 Uhr, 19.02.2024

Kreditwirtschaft fordert "klaren Mehrwert" durch digitalen Euro

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Die Kreditwirtschaft hat bei einer Bundestagsanhörung zum digitalen Euro auf einen deutlichen Mehrwert durch dessen Einführung gedrungen. Grundsätzlich sei der Aufbau einer digitalen Zentralbankwährung für Europa wichtig, sie müsse jedoch "klare Mehrwerte für die Menschen bieten", betonte der Dachverband Deutsche Kreditwirtschaft. Dies sei aktuell nicht der Fall, so der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Ulrich Reuter.

Reuter unterstrich laut dem Verband die anerkannten Potenziale des digitalen Euro als fortschrittliches, souveränes Geld- und Zahlungsmittel. Er betonte jedoch gleichzeitig die bestehenden Bedenken der Kreditwirtschaft: Ein digitaler Euro könne nur dann effektiv sein, wenn er das Vertrauen der Bevölkerung bekomme. "Der digitale Euro muss sich in die Zahlungsverkehrslandschaft einordnen, die es schon gibt", forderte der DSGV-Präsident.

Nicht zuletzt gefährde ein Abfluss von Giralgeld in Zentralbankgeld die Finanzmarktstabilität in Europa. "Diese Risiken müssen vorher diskutiert werden", forderte Reuter. Bei wenigen 100 Euro Haltegrenze wäre die Gefahr für die Finanzmarktstabilität beherrschbar. "So viel haben die meisten auch jetzt bar im Portemonnaie." In ihrer Stellungnahme für die Anhörung im Finanzausschuss nannte die DK das derzeitige Design eines digitalen Euro in Form eines vollumfänglichen Zahlsystems sowie den legislativen Rahmen "nicht zielführend". Ein digitaler Euro biete "nur als digitales Pendant zum Bargeld", also in Form eines Zahlungsmittels und nicht eines umfassenden Zahlungssystems, echten Mehrwert.

Bundesbank-Vorstandsmitglied Burkhard Balz verwies in der Anhörung auf repräsentative Umfragen des Eurosystems, nach denen es der Bevölkerung wichtig sei, "dass wir auch von staatlicher Seite hier ein Angebot machen". Zudem wäre es mit einem digitalen Euro "deutlich einfacher", Staatshilfen wie die Energiesubventionen in der Krise oder auch die Auszahlung von Kindergeld "an die Menschen zu bekommen".

   Bundesbank steht zum Bargeld 

Zugleich verwies Balz darauf, dass es keine Bestrebungen gebe, das Bargeld zu schwächen. Derzeit werde im Gegenteil die dritte Generation der Euro-Noten vorbereitet: "Das sind sehr umfangreiche und aufwendige Verfahren. So etwas würde man nicht machen, wenn man nicht das Vertrauen in das Bargeld hätte." Die Bundesbank werde in den nächsten Monaten eine neue Bargeld-Strategie für Deutschland beschließen. "Das zeigt, wie sehr wir zum Bargeld stehen", sagte Balz laut Bundestags-Pressedienst.

Der Ökonom Volker Wieland erklärte, es gebe letztlich bereits einen digitalen Euro, also "eine staatlich bereitgestellte Währung". Dieses digitale Zentralbankgeld stehe allerdings nur den Banken zur Verfügung, die ein entsprechendes Konto bei der Notenbank besäßen. "Der Bevölkerung der Währungsunion steht staatlicherseits nur Bargeld zur Verfügung", so der frühere Wirtschaftsweise. Sie habe jedoch Zugang zu privatem Digitalgeld wie etwa Giroeinlagen bei den Banken.

Der Digitalverband Bitkom betonte, die Einführung eines digitalen Euro biete eine Gelegenheit, "Europas Finanzsystem in das digitale Zeitalter zu führen". Dies erfordere jedoch eine gründliche Vorbereitung, Abstimmung und Einbindung, um sicherzustellen, dass der digitale Euro die Bedürfnisse und Erwartungen der europäischen Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und des Finanzsektors erfülle.

"Der digitale Euro kann eine Chance für die Eurozone sein, die Institution des frei nutzbaren öffentlichen Geldes im digitalen Zeitalter zu erhalten", hob auch der Innsbrucker Informatikprofessor Rainer Böhme hervor. Ob dies gelinge, hänge maßgeblich von der ökonomischen, rechtlichen und insbesondere technischen Ausgestaltung ab. Jedoch seien über die technische Ausgestaltung bislang sehr wenige verbindliche Informationen verfügbar. Eine Beurteilung der Chancen und Risiken sei aber erst dann seriös möglich, wenn das technische Konzept des Gesamtsystems vorliege.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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