Kommentar
07:18 Uhr, 14.02.2018

Korrektur am Aktienmarkt: War dieser Angst-Chart der Grund?

Analysten und Kommentatoren haben sich schöne Geschichten über die Gründe der Korrektur zurechtgelegt. Allesamt sind sie unsinnig.Warum?

Ein Chart macht angeblich allen Angst (siehe folgende Grafik). Dabei war es doch genau das, was die Notenbanken erreichen wollten, um ihrem eigentlichen Ziel endlich näher zu kommen. Was ist also das Problem? Warum sollte das den Kurssturz verursacht haben?


Dabei geht es um den Anstieg der Löhne. Diese legten im Januar um 2,9 % gegenüber dem Vorjahr zu. So viel war es in diesem Aufschwung noch nie. Die Notenbank wartet schon lange auf diesen Anstieg, da sie hofft, dass höhere Löhne auch höhere Inflation nach sich ziehen.

Wird die Inflation irgendwann zu hoch, muss die Notenbank Fed gegensteuern und die Zinsen stark anheben. Genau davor haben alle angeblich Angst: die Löhne steigen und die Fed hebt die Zinsen rasant an, um die Inflation zu bekämpfen.

Dazu gibt es gleich mehrere Punkte zu sagen. Zunächst einmal steigen die Löhne gar nicht so stark wie die Grafik suggeriert. Betrachtet man nicht die Stundenlöhne, sondern die Wochenlöhne (folgende Grafik 2), so zeigt sich ein ganz anderes Bild. Hier kommt es nicht zu einem Anstieg, sondern zu einem Rückgang des Lohnwachstums.

Der Anstieg der Stundenlöhne ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass einfache Angestellte wegen des Winterwetters weniger arbeiteten. Sie schrieben weniger Stunden auf. Einfache Angestellte verdienen weniger als ihre Vorgesetzten, die für die Zeit trotzdem bezahlt wurden. Der Durchschnitt steigt dadurch.

Sagen wir aber einfach: Im Zweifel für den Angeklagten und tun so, als ob es diesen Lohnanstieg wirklich gegeben hätte. Stellt sich immer noch die Frage, ob das die Inflation anheizt. Grafik 3 gibt darüber Aufschluss. Bis in die 90er Jahre war der Zusammenhang aus Lohnwachstum und Inflation einigermaßen gut korreliert. Seit über 20 Jahren ist das aber immer weniger der Fall.

Selbst wenn die Löhne nun stärker steigen, bedeutet das noch lange nicht, dass die Inflation nun durch die Decke geht. Das scheinen Anleger selbst nicht zu erwarten. Die Wahrscheinlichkeit, dass es in diesem Jahr zu mehr als drei Zinsschritten kommt, ist zuletzt wieder gefallen (Grafik 4). Würden Anleger nun wirklich davon ausgehen, dass Löhne zu Inflation und somit zu höheren Zinsen führen, müsste die Wahrscheinlichkeit für mehr als drei Zinsschritte steigen und nicht fallen.

Und überhaupt: die Notenbank wünscht sich seit 5 Jahren eine höhere Inflationsrate. Da wird sie kaum überreagieren, wenn sie ihr Inflationsziel in diesem Jahr touchiert. Die Notenbank wird sich hüten, eine Zinsanhebungseskapade zu veranstalten. Sie hat ein duales Mandat. Es geht nicht nur um Preisstabilität, sondern auch um Vollbeschäftigung.

Irgendjemand hat sich da eine Erklärung aus den Fingern gesogen und 95 % der Analysten und Kommentatoren haben sie einfach weiterverwertet. Die Story, dass der Lohnanstieg (der keiner war) zu dieser Korrektur geführt haben soll, ist schon etwas an den Haaren herbeigezogen. Zur Wochenmitte kommen US-Inflationsdaten. Dann werden wir sehen, wie der Markt reagiert und ob vielleicht doch etwas an der Story dran ist. Ich glaube es allerdings nicht.

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1 Kommentar

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  • thomas84
    thomas84

    das Short Ding wird noch nicht zu Ende sein..aber eine geduldsprobe ohne Ende.. vielleicht heute wir stehen Mitte der woche..wenn ich auch überall lang lese

    08:19 Uhr, 14.02. 2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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